Gedenksäule für die Opfer des Oktoberfest-Attentats am Eingang zur Theresienwiese in München, aufgenommen am 26.09.18.
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Gedenksäule für die Opfer des Oktoberfest-Attentats am Eingang zur Theresienwiese in München, aufgenommen am 26.09.18.

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Oktoberfest-Attentat: "Mit aller Massivität bekämpfen"

Zwölf tote Besucher, über 200 Verletzte: Das rechtsextremistisch motivierte Oktoberfest-Attentat vor vierzig Jahren hat bis heute Auswirkungen. Bayerns Innenminister Herrmann will die richtigen Lehren ziehen - und kritisiert auch CSU-Ikone Strauß.

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War Gundolf Köhler, der als Einzeltäter für das Oktoberfest-Attentat 1980 verantwortlich sein soll, wirklich alleine oder doch Teil einer rechtsextremen Tätergruppe? Über diese Frage wird seit Jahren heftig gestritten. Nachdem die Ermittlungen zwischenzeitlich wieder aufgenommen waren, stellte sie der Generalbundesanwalt vor rund drei Monaten ein. Fazit: Der Attentäter handelte aus einer rechtsextremistischen Motivation heraus, wollte die damalige Bundestagswahl beeinflussen und strebte einen "Führerstaat" an. Hinweise auf mögliche Hintermänner oder Komplizen wurden aber nicht gefunden.

Auch für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) konnten die jahrelangen Ermittlungen die genauen Hintergründe nicht abschließend klären. Das berichtete er heute im Rechtsausschuss des Landtags. Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für weitere Täter, zitierte Herrmann dabei den Generalbundesanwalt. Aus seiner Sicht sei aber auch nicht bewiesen, dass Köhler ein Einzeltäter war. Und der Innenminister betonte: Dass die Tat vom Generalbundesanwalt nach vielen Jahrzehnten ohne genaue Einordnung als rechtsextrem motiviert eingestuft wurde, sei ein "wichtiges Signal an die Opfer und Hinterbliebenen".

Herrmann: Strauß' Einschätzung "ganz eindeutig falsch"

In seinem Bericht sparte Herrmann auch nicht mit Kritik an einstigen Parteikollegen. Das Verbot der rechtsextremen "Wehrsportgruppe Hoffmann" - zu der Köhler Verbindungen hatte - durch den damaligen Innenminister Gerhart Baum (FDP) im Januar 1980, war laut Herrmann "absolut richtig". Dagegen sei die politische Einschätzung des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU) "ganz eindeutig falsch" gewesen. Strauß habe "die Gefährlichkeit dieser Gruppe völlig unterschätzt", betonte Herrmann.

Der CSU-Politiker zieht aus dem Oktoberfest-Attentat und den damaligen Fehlern auch Lehren für heute. "Deshalb müssen wir uns mit den Gefahren des Rechtsextremismus heftiger denn je auseinandersetzen, wir müssen das mit aller Massivität bekämpfen", sagte Herrmann. Dazu gehöre die politische Auseinandersetzung, aber auch die "konsequente Arbeit unserer Sicherheitsbehörden". Zudem zeige etwa der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke: "Das sind eben nicht einzelne Spinner."

Lob und Kritik für geplanten Hilfsfonds

Auch die Vertreter von CSU, Freien Wählern, SPD und Grünen warnten in der Ausschuss-Sitzung vor der Gefahr durch Rechtsextremisten. Alexander Hold von den Freien Wählern betonte, der Staat müsse wehrhaft sein, indem er solche Strukturen frühzeitiger erkenne und zerschlage. Laut Gülseren Demirel von den Grünen beharren bei entsprechenden Taten häufig Außenstehende darauf, dass es sich um rechtsextreme Hintergründe handele - und nicht die Ermittlungsbehörden. Als Beispiel nannte sie das Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum 2016.

Grüne und SPD begrüßten auch, dass sich der Freistaat am geplanten Hilfsfonds für die Opfer und Hinterbliebenen beteiligt. Allerdings sei eine halbe Million Euro dabei zu wenig. Insgesamt umfasst der Hilfsfonds bisher rund 1,2 Millionen Euro. Der Freistaat hatte sich jahrelang geweigert, einen solchen Opferfonds zu unterstützen - die ersten Reaktionen auf die nun doch noch erfolgte Einigung waren verhalten.

"Größter rechtsextremistischer Anschlag"

Beim Attentat auf das Münchner Oktoberfest am 26. September 1980 wurden zwölf Besucherinnen und Besucher getötet, darunter auch Kinder. Insgesamt 221 Menschen wurden teils schwer verletzt, viele leiden bis heute unter den Folgen. Auch der mutmaßliche Attentäter Köhler starb, als die Bombe detonierte. Herrmann nannte die Tat heute einen "abscheulichen Angriff". Laut ihm war es "der größte rechtsextremistische Anschlag, den es bis dato und wohl auch bis heute in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat".

In den 1980er-Jahren wurden die Ermittlungen vergleichsweise rasch eingestellt - 2014 nahm sie der Generalbundesanwalt dann wieder auf. Diese Wiederaufnahme sei besonders dem BR-Journalisten Ulrich Chaussy und dem Rechtswanwalt Werner Dietrich zu verdanken, betonte Herrmann.

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Bergung der Opfer auf dem Oktoberfest am 26.09.1980

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