Auf dem "Lenznhof" im idyllischen Weiler Schäferei wachsen seit 30 Jahren Kartoffeln. Jetzt baut die Familie auf 0,2 Hektar Fläche auch Zwiebeln, Radieschen, Salat, Gelbe Rüben, Rote Beete und Brokkoli an - im vergangenen Jahr noch etwas weniger Gemüsesorten, heuer schon mehr. "Für uns ist das alles Neuland. Es ist interessant, wenn man so was ausprobiert und es funktioniert. Das spornt uns an", sagt Landwirt Raphael Albrecht.
Landwirte verzichten auf Pestizide und Pflanzenschutzmittel
Das Unkraut wird mit einer Hacke von Hand gejätet oder mit einem kleinen Hackgerät am Traktor. Auf Pflanzenschutzmittel verzichtet die Familie. Beete mit Kohlarten werden lieber mit einem Vlies abgedeckt, um sie so zum Beispiel vor der Rettichfliege zu schützen. Wenn doch mal ein Schädling eingefallen ist, ackert man das beschädigte Gemüse lieber ein, als Pestizide zu spritzen.
Telefonischen Rat darf sich Familie Albrecht, wie alle sieben Landwirte, die bisher im Landkreis Cham bei dem Projekt mitmachen, kostenlos bei einem erfahrenen Bio-Gemüsebauern im Landkreis holen. Die Jungpflanzen zieht eine Biogärtnerei im Landkreis vor und für die direkte Aussaat hat der Maschinenring eine Gemüse-Sämaschine angeschafft, die man sich ausleihen kann.
Projekt "Digitaler Landgenuss" im Landkreis Cham
Damit hatte sich der Landkreis Cham erfolgreich beim Förderprogramm "Heimat 2.0" des Bundesinnenministeriums beworben. Kooperationspartner ist der schon länger bestehende Verein "LandGenuss Bayerwald". Ziel der Initiative ist es, mehr regionale Lebensmittel zu erzeugen, Transportwege zu verkürzen und die Vermarktung in der Region zu fördern. Neben den Betrieben, die hier schon länger Gemüse anbauen, machen bisher sieben neue Landwirte mit, die sich das vorher nicht zugetraut haben.
Nicht nur Kartoffeln wachsen in der Oberpfalz gut
Und es sollen noch mehr werden. Denn die Oberpfalz ist besser geeignet als man denkt, sagt Landwirt Albrecht: "Kartoffeln wachsen bei uns sowieso gut. Beim Gemüse, zum Beispiel bei Gelben Rüben, hatten wir Bedenken, dass die wegen des steinigen Bodens nicht gerade, sondern krumm wachsen. Aber die Leute kaufen sie trotzdem, weil sie gut schmecken."
Seine Frau Julia pflichtet ihm bei: "Wir haben vielleicht nicht die fruchtbaren Böden wie im fränkischen Knoblauchsland, und auch nicht die Wärme. Aber die klassischen Gemüsesorten wachsen auch bei uns gut. Man kann vielleicht nur keine tropischen Sorten anbauen." Das Gemüse reife zum Teil später als in wärmeren Gegenden und brauche manchmal etwas länger zum wachsen. Aber dann warten die Kunden eben, heißt es im "Lenznhof".
Gute Nachfrage bei Kunden und Gastronomen
Momentan gibt es rund 30 Abnehmer für das regionale Gemüse aus der Gastronomie, dem Lebensmittelhandel und der Direktvermarktung. Außerdem kaufen viele Kunden direkt bei den Landwirten oder am Wochenmarktstand ein. Die Landwirtsfamilie Albrecht bietet ihr Gemüse zum Beispiel immer Dienstags auf dem Markt in Waldmünchen an.
"Man kann zuschauen, wo das Lebensmittel wächst"
Der Preis ist rund 20 Prozent höher als bei Supermarktware, schätzt Raphael Albrecht. Aber die Kunden greifen wegen des guten Geschmacks zu. "Es schmeckt intensiver und so, wie man sich’s vorstellt. Ich finde Gemüse aus dem Supermarkt oft fader. Ich kaufe es außerdem, weil es aus der Region kommt. Wenn man mit dem Radl rumfährt, kann man zuschauen, wo das Lebensmittel wächst. Da zahlt man dann gern etwas mehr dafür", sagt Kundin Ramona Bierl-Rossmann.
"Landgenuss" steht auf der Speisekarte
Einige Restaurants und Wirtshäuser im Landkreis , die das regionale Gemüse ebenfalls kaufen, haben das auch auf der Speisekarte vermerkt. Speziell gekennzeichnetes "Landgenuss-Essen" muss zu zwei Dritteln aus Produkten von Direktvermarktern stammen, die es im Landkreis auch beim Fleisch und anderen Lebensmitteln gibt.
Im Gasthof "Zum Deutschen Eck" in Steinlohe zum Beispiel stellt man fest, dass immer mehr Kunden Wert auf Produkte legen, die von "vor der Haustür" stammen. Der Gasthof serviert zum regionalen Gemüse das Fleisch der eigenen Rinder, die gleich auf der Wiese gegenüber ein glückliches Leben führen, bevor sie geschlachtet werden. Außerdem verwertet man das Tier ganz. Deshalb gibt es hier nicht nur Steaks, sondern zum Beispiel auch Rinderleber, gekochte Rinderzunge, Ochsenschwanzsuppe.
💡 Wo kann ich regionale Produkte aus Cham kaufen? Eine gute Übersicht, wo man im Landkreis Cham, regional erzeugte Lebensmittel kaufen kann, bietet die Homepage des Vereins "Landgenuss Bayerwald e.V.". Nicht nur Landwirte, die regionales Gemüse erzeugen, findet man hier, sondern auch Teichwirte, die Forellen anbieten, Wildbret aus eigener Jagd, Obstbrennereien, Seifenhersteller oder regionale Kaffeeröstereien. Außerdem steht hier, welche Restaurants aus regionalen Zutaten kochen. Regionales Gemüse wird im Landkreis Cham sogar in einigen Supermärkten oder Dorfläden verkauft.
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