Gerhard Schröder, aufgenommen am 09.12.21.
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Neue SPD-Kritik an Schröder - weniger Geld für Altkanzler?

"Mache jetzt nicht einen auf Mea culpa": Gerhard Schröders jüngste Äußerungen über Russland und den Ukraine-Krieg sorgen weiter für viel Unmut. SPD-Außenpolitiker Roth bringt EU-Sanktionen ins Spiel. Auch Schröders Altkanzler-Etat steht zur Debatte.

Nach den jüngsten Äußerungen des russischen Energie-Lobbyisten und früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) zu Russland und dem Ukraine-Krieg diskutieren führende Sozialdemokraten weiter über die Konsequenzen. Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth, jahrelang Staatssekretär im Außenministerium, schließt inzwischen auch EU-Sanktionen gegen Schröder nicht aus. Darüber müsse man ernsthaft diskutieren, sagte Roth der Deutschen Presse-Agentur.

"Die Europäische Union ist gehalten, immer wieder zu prüfen, wer mitverantwortlich ist für diesen Krieg, wer ihn rechtfertigt und verteidigt oder verharmlost", sagte Roth. "Darüber muss am Ende die EU befinden."

Schröder: "Das ist nicht mein Ding"

Schröder steht seit vielen Wochen massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen gut dotierten Posten bei russischen Energieunternehmen trennt. In seinem ersten Interview seit Kriegsbeginn, das am Wochenende in der "New York Times" veröffentlicht wurde, bezeichnete er den Krieg zwar als einen Fehler, distanzierte sich aber nicht von seinem Freund, dem russischem Präsidenten Wladimir Putin. Von einem Schuldbewusstsein wegen seiner engen Bindungen zu Russland will Schröder nichts wissen: "Ich mache jetzt nicht einen auf 'Mea culpa'. Das ist nicht mein Ding."

SPD-Parteichefin Saskia Esken forderte Schröder nach dem Interview auf, nach fast 60 Jahren Mitgliedschaft aus der Partei auszutreten. Ähnlich äußerte sich jetzt SPD-Außenpolitiker Roth: "Allerspätestens nach diesem unterirdischen Interview in der 'New York Times' ist das Kapitel SPD und Gerhard Schröder ein für alle Mal beendet", sagte Roth. "Mich schmerzt das und mich beschämt das als jemand, der selber Gerhard Schröder zwei Mal zum Bundeskanzler gewählt hat."

Roth: Schröder "nicht mehr erwünscht in unserer Partei"

Roth sieht die Partei vor schwierigen Monaten, falls Schröder nicht von selbst austritt. Den Schaden habe aber nicht nur die SPD zu tragen, sondern ganz Deutschland. "Und deswegen geht auch von mir der Appell aus, dieser Partei ein monatelanges Parteiordnungsverfahren zu ersparen und selber die Konsequenz zu ziehen, weil er doch spüren müsste, dass er nicht mehr erwünscht ist in unserer Partei."

Etwas vorsichtiger äußerte sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Er könne nicht einschätzen, ob das laufende Parteiordnungsverfahren zu Schröders Ausschluss aus der SPD führen werde, sagte Kühnert im Sender n-tv. Allerdings zeigte er sich offen dafür, Schröder die steuerfinanzierten Privilegien als Altkanzler zu entziehen. "Irgendwelche Unterstützung für Gerhard Schröder ist nichts, was mir gerade Freude bereitet, aus dem Steuersäckel der Deutschen heraus."

  • Zum Artikel "Entrüstung über Gerhard Schröder - SPD will Altkanzler loswerden"

Was wird aus Schröders Büros und Mitarbeitern?

Tatsächlich soll der Haushaltsausschuss des Bundestags bald darüber beraten, ob der Haushaltsposten für Schröders Büro gekürzt wird. Konkret geht es laut einem "Bild"-Bericht um die Beratungen über den Bundesetat für das kommende Jahr. Die Zeitung zitierte einen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion wie folgt: "Die geltenden Regelungen für die Ausstattung ehemaliger Bundeskanzler beziehungsweise Bundeskanzlerinnen überprüfen und überarbeiten wir derzeit."

Bisher stehen Schröder als Altkanzler dem Bericht zufolge sieben Mitarbeiter zu. Dazu kommen sechs Büroräume. Die Aufwendungen lagen demnach zuletzt bei 400.000 Euro jährlich. Anfang März war allerdings bekannt geworden, dass alle Mitarbeiter von Schröders Bundestagsbüro darum gebeten haben, in anderen Funktionen zu arbeiten. Formal sind sie im Bundeskanzleramt angestellt. Auch SPD-Generalsekretär Kühnert wies am Vormittag darauf hin, dass Schröder von seinen Privilegien derzeit nichts habe - weil ihm Fahrer, Sekretärin und Büroleiter bereits abhandengekommen seien.

Inwiefern die SPD über das bereits laufende Parteiordnungsverfahren hinaus in Sachen Schröder tätig wird, ist derzeit unklar. Laut Parteistatut wäre ein härteres Vorgehen möglich: "In Fällen, in denen eine schwere Schädigung der Partei eingetreten oder mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und das Parteiinteresse ein schnelles Eingreifen erfordert, können sowohl der zuständige Bezirksvorstand als auch der Parteivorstand das Ruhen aller oder einzelner Rechte aus der Mitgliedschaft für längstens drei Monate anordnen."

Dobrindt: Schröder ein "russischer Söldner"

Auch von Politikern anderer Parteien kam zuletzt scharfe Kritik an Schröder. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, Schröder sei inzwischen ein "russischer Söldner" und kein Interessenvertreter Deutschlands mehr. "Schröders Versuche einer perversen Geschichtsfälschung sind unerträglich geworden."

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bezeichnete Schröders jüngste Aussagen als "ziemlich verstörend". Die SPD sei jetzt aufgerufen, ihren Worten Taten folgen zu lassen und Schröder auszuschließen.

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