07.05.2021, Bamberg - In der Innenstadt von Bamberg nimmt der Einwegmüll seit dem "Außer-Haus-Geschäft" in der Corona-Krise immer mehr zu. Einige Gastronomen wollen jetzt auf "Mehrweg" umstellen.
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Einwegmüll in Bamberg

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Neue Abgabe für Einwegplastik gegen Müllberge

Egal, ob in Parks oder an Badeseen: Vor allem im Sommer sind die Mülleimer voll und Verpackungsmüll landet in der Natur. Die Kosten für die Entsorgung bezahlen Städte und Gemeinden selbst. Sie sollen durch ein neues Gesetz entlastet werden.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Wer am Main-Donau-Kanal in Bamberg oder Nürnberg ein Picknick machen will, findet auf den Wiesen immer wieder Zigarettenkippen oder Lebensmittelverpackungen. Vor allem im Sommer sind die Mülleimer in Parks rund um Spiel- oder Badeplätze übervoll, und der Einwegplastikmüll landet oft nicht nur dort, sondern auch in der Natur. Die Mehrkosten für die Entsorgung des Mülls bezahlen die Kommunen, und am Ende werden sie auf die Steuerzahler übertragen.

Kosten für die Abfallentsorgung

In Zukunft sollen Kommunen entlastet werden, und zwar durch das sogenannte Einwegkunststofffondsgesetz. Der Bundestag hat das Gesetz für eine Sonderabgabe für Produkte aus Einwegplastik bereits im März verabschiedet. Das Einwegkunststofffondsgesetz geht auf eine EU-Richtlinie zurück und tritt ab Januar 2024 in Kraft. Dafür erhebt das Umweltbundesamt ab 2025 von bestimmten Einwegplastikherstellern eine Sonderabgabe für 2024 erstmals in Verkehr gebrachte Einweg-Kunststoff-Produkte.

Dadurch sollen die Kosten für achtlos weggeworfenen Müll, wie Zigarettenkippen oder Verpackungen von Lebensmitteln und Getränken, nicht länger auf die Allgemeinheit der Steuerzahler abgewälzt werden. Die Hersteller sollen sich in Deutschland an den Abfallentsorgungskosten beteiligen. Laut Umweltbundesamt sollen durch die Sonderabgabe rund 450 Millionen Euro pro Jahr eingenommen werden.

Einwegplastik im öffentlichen Raum wird nicht recycelt

Ein weiteres Problem: Die weggeworfenen Essensverpackungen oder Getränkebecher, die in Städten und Gemeinden in den öffentlichen Mülleimern landen, werden nicht recycelt. Sie würden durch die Straßenreinigung entfernt und im Restmüll entsorgt, schildert Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg), der zweite Bürgermeister der Stadt.

Allein in der Stadt Bamberg würden jedes Jahr rund 12.500 Tonnen Restmüll entsorgt, darunter auch Einwegplastik aus dem öffentlichen Raum. Die Kosten für die Entsorgung des Restmülls betragen in Bamberg bei einer 120 Liter Tonne 244 Euro pro Jahr. In Erlangen sind es sogar rund 350 Euro pro Jahr. Deshalb begrüßt es Glüsenkamp, dass bald auch diejenigen anteilig zahlen, die den Einwegplastikmüll produzieren.

Einwegkunststofffondsgesetz regelt Abgabe für Hersteller

Mit dem Einwegkunststofffondsgesetz fällt eine Abgabe auf bestimmte kunststoffhaltige Einwegprodukte an. "Das Gesetz verpflichtet zur Zahlung der Sonderabgabe sowohl Hersteller mit Niederlassung in Deutschland, die bestimmte Einwegkunststoffprodukte als Produzent, Befüller, Verkäufer oder Importeur gewerbsmäßig in Deutschland auf dem Markt bereitstellen, als auch Hersteller ohne Niederlassung in Deutschland, die gewerbsmäßig bestimmte Einwegkunststoffprodukte per Fernkommunikationsmitteln unmittelbar an private Haushalte und andere Nutzer verkaufen", heißt es vom Umweltbundesamt.

Die Hersteller zahlen in den sogenannten Einwegkunststofffonds zum Beispiel für Lebensmittel- und Getränkeverpackungen oder Plastiktüten ein. Ab 2024 sollen sie sich dann in einem beim Umweltbundesamt eingerichteten Register eintragen und die Art und Menge der produzierten Einwegkunststoffprodukte melden. Ab 2025 bestimmt das Umweltbundesamt, wie viel Geld aus dem Fonds an Städte und Gemeinden geht. Auf Antrag bekommen sie einen Ausgleich für die angefallenen Kosten für Reinigung und Entsorgung von Einwegplastikmüll im öffentlichen Raum.

Gesetz soll Umweltverschmutzung entgegenwirken

Zu den betroffenen Produkten zählen laut Umweltbundesamt beispielsweise To-Go-Lebensmittelbehälter, Tüten- und Folienverpackungen für Lebensmittel, Getränkebehälter und Tabakprodukte mit Filtern. Ab 2026 sollen auch noch Feuerwerkskörper dazu kommen. Hersteller von Kunststoffspielzeug seien von dem Gesetz nicht betroffen. Es gehe vor allem um Plastikverpackungen von Lebensmitteln und Getränken. "Das neue Gesetz soll der Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung entgegenwirken, indem diese einen Preis bekommen", teilt das Bundesumweltministerium mit.

Wirtschaft fürchtet unnötige Kosten

Der Wirtschaftsverband der deutschen Kunststoffverpackungsindustrie fürchtet, dass durch das neue Gesetz Kosten entstehen. "Um bei der Umsetzung der EU-Vorgaben unnötige Bürokratiekosten für Unternehmen zu vermeiden, hatten sieben Wirtschaftsverbände bereits im März 2021 einen detaillierten Vorschlag für eine privatwirtschaftliche Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung vorgelegt", sagt Mara Hancker von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen.

Der fränkischer Verpackungshersteller Verpa stellt seit Jahren recycelbare Folien her. Geschäftsführer André Baumann beschäftigt an zwei Standorten in Gunzenhausen und Weidhausen bei Coburg rund 600 Mitarbeiter. Baumann gehört der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen an und sieht das neue Einwegkunststofffondsgesetz kritisch.

Durch das Gesetz entstehe für Unternehmer ein bürokratischer Aufwand, und am Ende werde der Endverbraucher mit den Mehrkosten belastet, sagt Baumann. Kunststoffverpackungen bei allen Lebensmitteln komplett zu vermeiden sei ohnehin schwierig, weil sie zu ihrer Haltbarkeit beitrügen. Er wünscht sich, dass alle Konsumenten umsichtiger mit Verpackungsmüll umgehen und besser recyceln. Baumann ist davon überzeugt, dass man dies bereits in Schulen lehren muss. "Damit wir im nächsten Schritt wieder den Müll dem Recyclingprozess zuführen und ihn wiederverwerten können", so Baumann.

Mülleimer quillt über.
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Egal, ob in Parks oder an Badeseen: Vor allem im Sommer sind die Mülleimer voll und Verpackungsmüll landet in der Natur.

Verpackungssteuer für Einwegverpackungen

Mehrere Tonnen an Lebensmittelverpackungen aus Einwegkunststoff landen in Bayern in öffentlichen Mülleimern und werden erst gar nicht recycelt, sondern im Restmüll verbrannt. Deshalb denken einige bayerische Städte darüber nach, zusätzlich eine Verpackungssteuer für Einwegverpackungen zu erheben. Diese gibt es in Tübingen bereits seit Januar 2022. Mit der Steuer wird für Einweggeschirr und Einwegverpackungen in Restaurants eine Gebühr fällig. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Steuer im Mai für rechtmäßig erklärt. Das sei ein großer Erfolg, weil es eine Lenkungssteuer sei, die den Städten die Chance gebe, den Müll zu reduzieren, erklärt Bambergs Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp.

Von heute auf morgen könne die Steuer jedoch nicht umgesetzt werden. "Die Kommunen werten dieses Urteil momentan aus." Bamberg habe das Ziel, den Stadtrat in diesem Jahr mit den Ergebnissen zu konfrontieren. Dann könne gegen Ende des Jahres Klarheit herrschen, wie so eine Steuer in Bamberg umgesetzt werden könne, so Glüsenkamp.

In München gibt es zum Thema Verpackungssteuer zwei Anträge aus dem Stadtrat der Landeshauptstadt, die aktuell in der Verwaltung geprüft werden, teilt das Referat für Klima- und Umweltschutz gegenüber BR24 mit.

Auch Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) kündigte an, über eine Verpackungssteuer nachzudenken. "Wir werden das prüfen, um den Verpackungsmüll auch in Nürnberg zu reduzieren."

  • Zum Artikel: Nachhaltige Verpackungen: Ist Metall das bessere Plastik?

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