Zwei Becher
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Die Kunden haben die Wahl: Einwegbecher (links) oder Mehrwegbecher (rechts)

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Weniger Müll "to go" durch Mehrwegpflicht: Klappt das?

Kaffee wie Sushi: Bei Einweg-Verpackungen kommt eine Menge Müll zusammen. Seit Jahresbeginn müssen Restaurants oder Bistros ihr Essen "to go" bundesweit auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Jetzt liegt es an den Kunden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Seit 1. Januar sind viele Restaurants, Imbisse und Cafés verpflichtet, Mehrwegverpackungen anzubieten. Aber werden diese auch von den Kundinnen und Kunden angenommen? Noch scheint das System nicht überall zu funktionieren.

Geringe Nachfrage nach Mehrweg-Bechern

Kaffee "to go" in einer Deggendorfer Bäckerei: Für einen Euro Pfand schenkt ihn Annette Pechloff in den Mehrwegbecher ein. Aber: "Nachgefragt wird bis jetzt nicht stark nach Mehrweg", sagt sie.

Trotz Plakaten und Werbung dauert es wohl noch, bis Mehrweg bei den Kunden ankommt. Ein junges Paar meint: "Haben wir noch nicht gesehen, haben wir uns auch noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht." Ein älterer Herr sagt, es sei ihm egal. Ein junges Mädchen ist der Meinung: "Ich finde das gut, dass man achtgibt auf die Umwelt."

Bund Naturschutz findet Verbot von Einwegverpackungen sinnvoller

Die Meinungen gehen auseinander. Mit der Mehrwegpflicht wird das Angebot an Mehrweg zwar gesteigert, aber es gibt keine Pflicht zur Nutzung. Das kritisiert Waltraud Galaske, Sprecherin des Arbeitskreises Abfall und Kreislaufwirtschaft beim Bund Naturschutz: "Besser wäre nur ein Verbot von Einwegverpackungen. Denn der beste Müll ist der, der gar nicht entsteht. Solange noch Einwegverpackungen zugelassen sind, werden diese auch genutzt und landen dann doch wieder in den öffentlichen Mülleimern und in der Landschaft."

Und dort muss Daniel Hamburg vom Deggendorfer Bauhof den Müll aufräumen – sein Eimer quillt über mit Pappbechern und Plastikverpackungen, die in Parks oder an Straßenrändern landen. "Das ist eine Schweinerei. In erster Linie müssten sich die Menschen ändern, es gibt überall Saubären."

Kritik: Kleinere Betriebe ohne Mehrwegpflicht

Einweg oder Mehrweg – die Kunden haben jetzt die Wahl. Wenn Gastronomiebetriebe, zu denen auch Fast-Food-Ketten zählen, die Alternativen nicht anbieten, drohen Strafen bis zu 10.000 Euro, wie es vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) heißt. Kontrollieren müssen die Mehrwegpflicht im "to go"-Bereich die Landratsämter. In Deggendorf müsse "der Kontrollumfang und die Kontrolldichte erst festgelegt werden, sofern uns hier keine Handlungsempfehlungen oder Verwaltungsvorschriften an die Hand gelegt werden."

Frank-Ulrich John vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband steht im Austausch mit dem Münchner Landratsamt, das auf Informieren statt Kontrollieren setzen will. Die meisten größeren Gastronomiebetriebe hätten aber ohnehin schon vor der Pflicht Mehrweg angeboten, so John. Ausgenommen von der Mehrwegpflicht sind kleinere Geschäfte wie Imbisse oder Kioske – das sieht John kritisch: "Das sind eigentlich die Geschäfte, die vorwiegend 'to go' anbieten. Da hätte man ansetzen müssen."

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Auch Mahlzeiten sollen in Mehrwegverpackungen transportiert werden können.

Restaurant-Betreiber: "Wir wollen zwar, aber das ist teuer"

Bari Sameer betreibt ein indisches Restaurant in Deggendorf. Es wird viel geliefert, in Alu-Behältnissen. Die sind zugelassen und für Sameers indische Soßen und Currys optimal zum Ausliefern. Aber Sameer weiß, dass die Alu-Schalen bei den Kunden meist im Müll landen und nicht wiederverwendet werden.

"Etwas anderes habe ich nicht zum Einpacken. Wir wollen zwar, aber das ist teuer. Ich will zwar noch mehr anbieten, aber ich will auch was verdienen – und momentan mit den gestiegenen Strom- und Gaspreisen zahle ich ohnehin schon das Doppelte." Deswegen bittet er viele seiner Kunden beim Abholen, ihre eigenen Tupperdosen mitzubringen – denn auch das ist: Mehrweg.

Viel Verpackungsmüll bei Lieferangeboten

Auf Einwegmüll verzichten will auch der Deggendorfer Gastronom Florian Heidel. Seit Corona hat er komplett umgestellt. Denn als während des Lockdowns nur noch der Lieferdienst möglich war, "hatten wir Verpackungsmaterial, damit hätten wir das ganze Lokal vollmachen können."

Damit ist er nicht alleine: Im Corona-Jahr 2021 gab es in Deutschland erstmals 40 Millionen Tonnen Haushaltsabfälle – so viel Müll wie noch nie seit Beginn der Erhebung des Statistischen Bundesamts im Jahr 2004.

Ein Euro mehr für Einwegverpackung

Bei Florian Heidel in Deggendorf kosten deswegen beispielsweise Salate "to go" in der Einwegverpackung einen Euro mehr. Als Alternative bietet er aber die sogenannte Box von Morgen an, kurz BoMo: stabile Plastikboxen, für die einmalig zehn Euro fällig sind.

Diese Boxen können jederzeit in mitmachenden Lokalen in mittlerweile 16 Landkreisen in ganz Bayern getauscht werden. "Das ist für uns auch eine günstigere Kostensache – einmal so eine Box und nicht ständig Einwegverpackungen nachkaufen müssen", so Heidel. 75 Prozent seiner Kunden nehmen die Mehrweg-Box bereits an, wie er sagt.

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Eine BoMo-"Box von Morgen"

Forderung: Rückgabe von Mehrwegboxen vereinfachen

Sinnvoll findet das auch der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband. Frank-Ulrich John hätte dabei aber eine Forderung an die Politik: die Rückgabesysteme vereinfachen und Infrastrukturen nutzen. Sodass eine Mehrwegbox im Restaurant mitgenommen wird und beispielsweise in einem Supermarkt wieder zurückgegeben werden kann. Das würde die Akzeptanz von Mehrweg bei den Kunden auch erhöhen, so John.

  • Zum Artikel: Mehrweg-Pflicht - Dieser Landkreis zeigt, wie's klappen kann

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