Archivbild: Klimaaktivisten blockieren eine Straße
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Nach UN-Rüge: Herrmann verteidigt Vorgehen gegen Klimaaktivisten

Ein Bericht im Auftrag der Vereinten Nationen rügt den Umgang bayerischer Sicherheitsbehörden mit Klimaaktivisten: Bayern behindere mit der Präventivhaft die Ausübung des Demonstrationsrechts. Innenminister Herrmann hält die Vorwürfe für "abwegig".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann weist die Kritik des UN-Sonderberichterstatters Michel Forst am Umgang des Freistaats mit Umweltaktivisten als "abwegig" zurück. In Bayern werde die Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit geschützt, sagte der CSU-Politiker dem BR.

Jeder dürfe seine Meinung sagen, dies gelte auch für Klimaschutzaktivisten. Wenn es sich aber um einen Straftatbestand wie Nötigung handle oder so etwas angekündigt werde, "dann muss die Polizei auch einschreiten".

UN-Bericht rügt Präventivgewahrsam gegen "friedliche Klimaaktivisten"

Ein Papier des UN-Sonderberichterstatters für Umweltschützer, Michel Forst, nennt den Freistaat als Negativbeispiel neben vielen weiteren Fällen aus ganz Europa, in denen Staaten das Demonstrationsrecht eingeschränkt hätten. Seine Kritik an Bayern: Präventivgewahrsam sei bei vielen "friedlichen Klimaaktivisten" angewandt worden. In dem 20-seitigen Bericht wird Bayern an zwei Stellen erwähnt. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet (externer Link - möglicherweise Bezahlinhalt).

Grundlage für den Sonderbericht an die Vereinten Nationen ist die sogenannte Aarhus-Konvention. Sie regelt für 47 Staaten Grundsätze der Öffentlichkeitbeteiligung in Umweltfragen. Der Franzose Michel Forst arbeitet seit vielen Jahren in Menschenrechtsfragen für die Vereinten Nationen. In den 1990er-Jahren war er Direktor der französischen Sektion von Amnesty International.

Bis zu zwei Monate Präventivgewahrsam möglich

In den vergangenen beiden Jahren hatten Aktivisten der "Letzten Generation" auch in Bayern regelmäßig Straßen blockiert. In zahlreichen Fällen landeten Protestteilnehmer auch in Präventivgewahrsam, um weitere Straftaten zu verhindern.

Laut bayerischem Polizeiaufgabengesetz kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn es "unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern" oder um "eine Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut" abzuwehren. Anschließend ist "unverzüglich" eine richterliche Entscheidung nötig. Der Freiheitsentzug kann dann bis zu einem Monat betragen und anschließend um einen weiteren verlängert werden.

Herrmann: Merkwürdiges Verständnis von Friedlichkeit

Innenminister Herrmann verteidigt die Anwendung des Präventivgewahrsams im Fall von Aktivisten der "Letzten Generation". Wenn jemand Straftaten begangen habe und weitere ankündige, dann könne die Polizei nicht tatenlos zuschauen.

Dem UN-Sonderberichterstatter wirft der CSU-Politiker ein merkwürdiges Verständnis von Friedlichkeit vor. "Wenn ich meine Meinung auf der Straße verkünde und laut rufe, dann ist das friedlich. Wenn ich aber Straßen blockiere, dann ist das eben nicht mehr friedlich."

Auch sei es keine friedliche Demo, wenn diese nicht angekündigt sei. Schon das Fehlen einer Ankündigung sei ein Verstoß gegen geltendes Recht. Wenn ein Aktivist dann noch andere am Fortkommen hindere, könne dies den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Um all dies müsse sich die Polizei kümmern - egal ob es sich um Bauern oder Klimaaktivisten handle, betonte Herrmann.

"Letzte Generation" warnt vor Kriminalisierung

Simon Lachner, einer der Sprecher der "Letzten Generation" in Deutschland, hält es für absurd, dass ein Klimaschützer in Deutschland "in Zellen eingesperrt" werde. Lachner selbst war im vergangenen Jahr von der Regensburger Polizei vorsorglich in Gewahrsam genommen worden, nachdem er einen weiteren Protest angekündigt hatte.

Schon im August 2022 hatte er sich mit anderen Aktivisten der "Letzten Generation" in der Alten Pinakothek in München an einem Rubens-Gemälde festgeklebt. Bei der Aktion entstand ein Schaden von mehr als 11.000 Euro. Daraufhin wurde Lachner zu einem Bußgeld verurteilt.

Die bayerischen Polizisten nimmt Lachner heute in Schutz: Sie seien nicht die Bösen, betont der Regensburger Aktivist. Vielmehr sei es das "System", das nicht zuhören wolle, wenn es um die Vernichtung der Lebensgrundlage gehe.

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