Baumkontrolle in Schweinfurt
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Nach tödlichem Unfall in Würzburg: So arbeiten Baumkontrolleure

Nachdem im Würzburger Ringpark ein Baum umgestürzt ist und eine Frau erschlagen hat, gibt es vor allem noch eine Frage: Wie konnte das trotz regelmäßiger Kontrollen passieren? Ein Baumkontrolleur aus Schweinfurt gewährt Einblicke in seine Arbeit.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Stephan Schipper steht vor einer hochgewachsenen Kiefer in den Schweinfurter Wehranlagen. Der Nadelbaum ist etwa 120 Jahre alt, er ist schief über einen Spazierweg des Parks gewachsen. Der gelernte Gärtner begutachtet den Baum ganz genau. Stephan Schipper ist Baumkontrolleur in Schweinfurt und muss zusammen mit einem Kollegen rund 26.000 Bäume im Blick haben.

In vielen Kommunen in Bayern führen Baumkontrolleure regelmäßige Kontrollen durch. Auch die Stadt Würzburg beschäftigt solche Fachleute. Trotz der Kontrollen ist es im Würzburger Ringpark allerdings kürzlich zu einem tödlichen Unfall gekommen. Eine 20 Meter hohe Buche stürzte bei Windstille um und erschlug eine 59-jährige Fahrradfahrerin.

Tödlicher Unfall beschäftigt Baumkontrolleure

Unklar ist seitdem: Wer trägt die Schuld? Hätte die Stadt Würzburg wissen müssen, dass der Baum demnächst umfällt? Diese Fragen beschäftigen nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch viele Kommunen und Baumkontrolleure wie Stephan Schipper. Um die Arbeit eines Baumkontrolleurs besser zu verstehen, hat BR24 Stephan Schipper begleitet.

Nicht alle der 26.000 Bäume müssen einmal im Jahr kontrolliert werden. Bei manchen gelten Zwei- oder Dreijahresüberprüfungen. Bei gefährdeten Bäumen sind die Check-Intervalle kürzer.

Im Zweifel kommt ein zweiter Baumgutachter

Bei jedem Baum sieht sich Stephan Schipper zunächst die Krone an. Dann überprüft er die sogenannte Belaubung und ob möglicherweise durch Trockenheit Äste dürr geworden sind. Besteht die Gefahr, dass sie zu Boden fallen, werden Kollegen beauftragt, das "Totholz" abzusägen. Das passiert vor allem in Parkanlagen und dort, wo Spaziergänger unter den Bäumen unterwegs sind.

Mit Hammerschlägen auf die Rinde versucht Stephan Schipper auch herauszuhören, ob es Hohlstellen im Baumstamm gibt. Dann schaut er sich den Wurzelbereich an, gräbt Erde und Laub beiseite, um zu prüfen, ob es hier möglicherweise einen Pilzbefall gibt. Nachdem Schipper seine Checkliste durchgegangen ist, weiß er, ob ein Baum umzustürzen droht - und damit Menschen gefährden würde. Dann wird der Baum gefällt. Ist die Situation nicht eindeutig, wird im Zweifel ein externer Baumgutachter hinzugezogen.

Nach Unglück: Freispruch für Baumkontrolleur in Augsburg

In Augsburg wurde Ende September ein Baumkontrolleur vor Gericht freigesprochen. Ihm war unter anderem fahrlässige Tötung vorgeworfen worden, weil im Juli 2021 ein 23 Meter hoher Ahorn an einem Spielplatz umstürzte und dabei ein knapp zweijähriges Kind auf einer Wippe so schwer verletzte, dass es wenig später in einer Klinik starb. Mit auf der Wippe saß die Mutter des Kleinkindes. Die Frau wurde schwer verletzt.

Kommune haftet nicht automatisch nach Baumsturz

Das eine ist die Schuldfrage - die wie im Augsburger Fall auch die Baumkontrolleure betreffen kann - und auf der anderen Seite die Frage nach dem Schadensersatz. Hierfür haften Eigentümer der Bäume, also nicht die Kontrolleure, sondern in diesen Fällen die Kommunen. Laut dem Gesetz ist die Frage nach Schadensersatz daran gekoppelt, ob der sogenannte Eigentümer einer Sache "vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt". Treten diese Tatbestände ein, dann ist der Eigentümer laut Gesetz zu Schadensersatz verpflichtet.

Das gilt grundsätzlich auch für eine Kommune, auf deren Grund Bäume stehen. Zum Beispiel in einem Park oder in einem Wald. Entscheidend ist bei einem Unfall, ob eine Kommune vorsätzlich oder fahrlässig die Bäume nicht überprüft hat - und damit zusätzlich auch gegen ihre Pflicht verstoßen hat, für sichere Wege zu sorgen.

"Hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben"

Mathias Graupner ist der Leiter des Servicebetriebs "Stadtgrün" bei der Stadt Schweinfurt. Er will seinen Kollegen die Angst nehmen, einen tödlichen Fehler begehen zu können. "Wir sind im Gespräch mit den Kollegen, die die Baumkontrollen durchführen, um ihnen die Angst zu nehmen, dass sie bei ihrer Arbeit grundsätzlich erstmal nichts Falsches machen können, wenn sie den Baum nach den Regeln der Technik begutachten", sagt er im Gespräch mit BR24.

Graupner sagt allerdings auch: "Die hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben." Die Eigenverantwortung eines jeden bleibe immer bestehen. "Wenn ich mich in einem Park oder Wald aufhalte, muss ich mit üblichen Gefahren rechnen und wir sind dabei, die darüberhinausgehenden Gefahren, die man eben nicht abschätzen kann, so gut es geht zu verhindern."

Im Audio: Baumkontrolleur Stephan Schipper bei seiner Arbeit

Baumkontrolleur Stephan Schipper bei seiner Arbeit in Schweinfurt
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Baumkontrolleur Stephan Schipper bei seiner Arbeit in Schweinfurt

Dieser Artikel ist erstmals am 04. Oktober auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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