16.09.2023, Berlin: Teilnehmer an der Demonstration "Marsch für das Leben" stehen am Brandenburger Tor.
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16.09.2023, Berlin: Teilnehmer an der Demonstration "Marsch für das Leben" stehen am Brandenburger Tor.

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Nach Foto auf Abtreibungsdemo: Kritik an Kirchenoberen

Nach der Aufregung um ein Foto vom "Marsch für das Leben" geht die Debatte um das Thema Lebensschutz weiter. Die Bistümer äußern sich zurückhaltend – doch nicht wenige wünschen sich von ihnen, klar auf Distanz zu den Abtreibungsgegnern zu gehen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

2.000 Teilnehmer zählte die Polizei am vergangenen Wochenende in Berlin beim "Marsch für das Leben". Breitere Resonanz erfuhr dabei ein Bild: Es zeigt den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer neben einem Demonstranten, der den rassistischen Gruß der White-Power-Bewegung zeigt.

"Bischof Dr. Voderholzer würde niemals an der Seite von Rechtsradikalen laufen" – so distanzierte sich das Bistum schnell, betonte aber auch gleichzeitig, es wolle juristisch gegen die Aufnahme vorgehen.

White-Power-Gruß auf dem Vormarsch

Dass der Bischof vor Gericht Recht bekommen könnte, hält die Juristin und Publizistin Liane Bednarz für unrealistisch. Wer als öffentliche Person an einer öffentlichen Demonstration teilnehme, müsse damit rechnen, dass Fotos gemacht würden. Und trotzdem sieht Bednarz hier eine neue Stufe erreicht.

Zwar sei seit Jahren bekannt, dass sich dem "Marsch für das Leben" auch rechtspopulistische Gruppierungen anschlössen. AfD-Politiker wie Beatrix von Storch etwa würden für die Demonstration gegen Schwangerschaftsabbrüche werben. Aber dass auf einer Demonstration, die sich dem Lebensschutz verschrieben hat, der White-Power-Gruß gezeigt wurde, der zunehmend von der extremen Rechten im Sinne von weißer Vorherrschaft verwendet wird, gehe über das bisherige Maß hinaus. Dieser Gruß sei eindeutig rechtsextremistisch. "Das hat man so bisher auf dem Marsch nicht gesehen."

Bednarz: "Man muss wissen, in welchem Umfeld man sich bewegt"

Natürlich könne Bischof Voderholzer nicht jeden kennen, der bei einer Demo mitlaufe, so die Publizistin. "Aber, dass er sich jetzt in eine Art Opferrolle hineinbegibt, obwohl ihm klar sein müsste, dass der Marsch an sich wegen Rechten, die da mitlaufen, in der Kritik steht, das hätte er wissen müssen."

Anfang der Woche war im Bistum Regensburg von einer "Diskreditierung des Bischofs mit unlauteren Mitteln" die Rede. Das grenze schon an Rufschädigung, hieß es. Liane Bednarz hält dagegen: "Man muss schon wissen, in was für ein Umfeld man sich hineinbegibt."

Bischof Voderholzer sei völlig unverdächtig, rechtsextremistisches Gedankengut zu teilen. Dass ein Bistumssprecher aber insinuiert habe, der Demonstrationsteilnehmer habe sich an den Bischof "herangeschlichen", hält sie für "Opferlegenden". "Es ist wie so oft, es ist der Umgang mit einer Sache, der einem schadet und weniger die Sache selbst."

Bednarz empfiehlt, auf anderen Wegen für Lebensschutz zu werben

Publizistin Liane Bednarz empfiehlt katholischen Bischöfen deshalb, sich andere Wege zu suchen, für das christliche Anliegen des Lebensschutzes zu werben. Gerade in der katholischen Kirche gebe es sehr gute Organisationen, die versuchen würden, Frauen in einer Notlage zu helfen – indem sie finanzielle oder soziale Perspektiven aufzeigen würden, um das Kind doch zu bekommen.

Konkret nennt Bednarz die Bischöfliche Stiftung für Mutter und Kind im Bistum Speyer. Bischöfe könnten auch ihre eigenen PR-Kanäle nutzen, um für das Thema zu werben. "Die Möglichkeiten sind so vielfältig, da muss man nicht einmal im Jahr sich auf diesen fragwürdigen Marsch begeben."

Bischöfe halten sich zurück mit der empfohlenen Zurückhaltung

Die Kirchenoberen indes reagieren zurückhaltend auf die Empfehlung. So schickt die Deutsche Bischofskonferenz seit Jahren Grußworte an die Veranstalter. Auch einzelne Bischöfe, wie in diesem Jahr der Eichstätter Bischof Gregor Hanke, senden Grüße. Ob man nach der Aufregung um das Foto die eigene Haltung zum "Marsch für das Leben" überdenken wolle, dazu gibt es weder aus Regensburg oder Eichstätt noch von der Bischofskonferenz eine Stellungnahme.

So lässt das Bistum Regensburg offen, ob Diözesanbischof Rudolf Voderholzer auch in Zukunft am Berliner "Marsch für das Leben" von Abtreibungsgegnern teilnehmen wird. Auf eine entsprechende BR24-Anfrage antwortete ein Sprecher der Diözese: "Das Bistum Regensburg wird sich weiter für den Schutz des ungeborenen Lebens einsetzen."

Voderholzer geht seit Jahren beim "Marsch für das Leben" mit. Die Veranstaltung von Abtreibungsgegnern gilt als umstritten, weil dort regelmäßig auch Rechtsextremisten mitmarschieren. In der Vergangenheit nahm auch der Passauer Bischof Stefan Oster teil.

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