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Münchner Musterklage: BGH entscheidet über Mieterhöhungen

Der Bundesgerichtshof entscheidet über die erste Musterfeststellungsklage im deutschen Mietrecht: Wegen drastischer Mieterhöhungen hat der Münchner Mieterverein den Eigentürmer des "Hohenzollernkarrees" verklagt. Fast 150 Mieter schlossen sich an.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

In München-Schwabing blicken sehr viele besorgte Menschen nach Karlsruhe: Der Bundesgerichtshof beschäftigt sich mit der ersten Musterfeststellungsklage im deutschen Mietrecht. Geklagt hat im Namen von rund 150 Anwohnern des sogenannten "Hohenzollernkarree" der Münchner Mieterverein. Er will die angekündigten, deutlichen Mieterhöhungen nicht akzeptieren.

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Erhöhung um bis zu 12 Euro pro Quadratmeter

Für die Mieter geht es teilweise um Existenzen. Für den Vermieter um möglichst viel Gewinn. Hintergrund ist folgender: Seit 1.1.2019 gilt ein mietfreundlicheres Recht, bei dem der Vermieter, wenn er modernisiert, nur noch maximal 3 Euro mehr Miete pro Quadratmeter umlegen darf. Vier Tage vor Inkrafttreten, nämlich am 27.12.2018, kündigte der Eigentümer des Hohenzollernkarree an, zu sanieren.

Die entsprechenden Arbeiten sollten aber frühestens eineinhalb Jahre später beginnen. Trotzdem wollte die Max-Emanuel-GmbH als Eigentümerin die Miete pro Quadratmeter um bis zu 12 Euro erhöhen. "Es war sozusagen der Stempel schon aufgedrückt: Wir machen das, um noch das alte Recht zu wahren", sagte der Geschäftsführer des Münchner Mietervereins, Volker Rastätter dem BR.

In erster Instanz haben die Mieter gewonnen

Im Oktober 2019 entschied das Oberlandesgericht München, dass die Max-Emanuel-GmbH nicht das alte, sondern das neue Recht anwenden müsse. Gegen diese Entscheidung legte der Eigentümer, die Max-Emanuel-GmbH, aber Revision ein.

Zwei-Zimmer-Wohnung: Verdopplung der Miete

Thomas Kubisch wohnt seit über 20 Jahren im Hohenzollernkarree. Er lebt in zwei Zimmern mit Wohnküche. Insgesamt 58 Quadratmeter misst sein Zuhause. Seine Monatsmiete würde sich, wenn die Max-Emanuel-GmbH gewinnt, mindestens verdoppeln: von 700 Euro Kaltmiete auf 1.400 Euro.

"Vielleicht würde sich die Miete sogar verzweieinhalbfachen, je nachdem welche Maßnahmen dann letztlich umgesetzt werden", sagte Kubisch dem BR. Ob er sich eine entsprechende Mietsteigerung leisten könnte, wisse er jetzt noch nicht: "Das werde ich ehrlich gesagt dann prüfen müssen, wenn es soweit ist."

  • Zum Artikel "Steigende Mieten und Corona-Krise: Die große Wohnungsnot"
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Thomas Kubisch in seinem Wohnzimmer. Er ist einer von rund 150 Anwohnern, die sich an der Musterfeststellungsklage beteiligen.

Eigentümer bot hohe Abfindungen

Weil er unter allen Umständen in der Wohnung bleiben möchte, habe er auch das Abfindungsangebot der Max-Emanuel-GmbH ausgeschlagen. Obwohl es "wirklich sehr viel Geld" gewesen sei, so Thomas Kubisch. Der Münchner Mieterbund spricht von einer fünfstelligen Summe, gegenüber dem BR erwähnte ein Mieter des Karrees sogar eine sechsstellige Summe, die Mietern geboten worden sei, wenn sie ausziehen.

Dazu heißt es vom Münchner Mieterbund: "Wie lukrativ es ist, Mieter dazu zu bewegen, auszuziehen, damit Wohnungen anschließend viel teurer vermietet oder langfristig in Eigentumswohnungen umgewandelt werden können, wird am Beispiel Hohenzollernkarree deutlich."

Für die Wohnung sogar geheiratet

Auch Otto H. hat eine Abfindung abgelehnt. Otto H. ist 85 Jahre alt und wohnt seit über 60 Jahren im Hohenzollernkarree. Um hier eine Wohnung zu bekommen, habe er damals sogar noch schnell geheiratet. Dies sei Voraussetzung gewesen, um den Zuschlag zu erhalten.

Ihm und seiner Frau bedeute die Wohnung alles: "Wir sind jetzt beide sehr, sehr mitgenommen", so H. gegenüber dem BR. Umzuziehen sei keine Option, "weil der ganze Umkreis ist für uns bekannt. Meine Frau hat eine leichte Gedächtnisschwäche. Ich weiß gar nicht, ob die wieder heim finden würde, wenn wir in eine neue Wohnung gehen würden."

Zwischen Hoffen und Bangen

Mit den Nachbarn spreche er oft über das bevorstehende Karlsruher Urteil. "Das sind Gespräche, die an die Substanz gehen", so der 85-Jährige. "Jetzt hoffen wir halt, dass es positiv endet für uns."

Das Urteil des Bundesgerichtshof wird für Donnerstag Nachmittag erwartet.

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