Angeklagter Arzt im Gerichtssaal
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Münchner Cannabis-Arzt gesteht Gesetzesverstöße

Ein Münchner Arzt soll beim Verschreiben von medizinischem Cannabis im großen Stil gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben. Beim Prozessauftakt legte er ein Geständnis ab. Als Arzt wird er womöglich nie mehr arbeiten können.

Seit fünf Jahren dürfen Ärzte ihren Patienten ganz legal Rezepte für medizinisches Cannabis geben, die dann in Apotheken eingereicht werden können. Einer der Vorreiter auf diesem Gebiet muss sich nun aber am Landgericht München verantworten. Er soll beim Ausstellen von mehr als 500 Rezepten für Cannabis und andere Medikamente die Regeln nicht eingehalten haben. Der 68-jährige Angeklagte hat ein Geständnis abgelegt.

Keine Untersuchungen und Kontrollen

Der Privatarzt hat zugegeben, dass "die Anklage richtig" ist. Demnach hat er die Patienten nicht vorschriftsgemäß untersucht. Auch habe er in den meisten Fällen keine früheren Befunde angefordert, nur teilweise habe er seine Patienten eine Selbstauskunft ausfüllen lassen. Es habe keine Verlaufskontrollen gegeben. Bei einem Teil der Rezepte habe er auch die zulässige monatliche Höchstmenge von medizinischem Cannabis überschritten.

Rezepte gegen Cash

Für die erste Verschreibung habe er bis zu 150 Euro und für ein Folgerezept 60 Euro verlangt, so der Mediziner. In der Summe seien es mehr als 50.000 Euro gewesen. Der Arzt wehrte sich aber dennoch gegen den Eindruck, er habe "nur Dollarzeichen" gesehen. Er habe bedürftigen Patienten schon auch mal umsonst Rezepte gegeben. Andererseits soll er auch Rezepte zerrissen habe, wenn jemand nicht zahlen konnte, hielt der Vorsitzende Richter dagegen.

23 Kilogramm Marihuana verschrieben

Die Rezepte soll der Arzt nicht nur in seiner Praxis, sondern etwa auch in Münchner Lokalen ausgestellt haben, in denen er Patienten laut Anklage nacheinander an den Tisch kommen ließ. In der Summe habe er mindestens 23 Kilogramm Marihuana verschrieben, so der Vorwurf. In dem Verfahren geht es aber auch um andere Medikamente, mit denen zum Beispiel ADHS behandelt wird und die ebenfalls unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.

Geringere Haftstrafe für Geständnis denkbar

Dem Geständnis des 68-Jährigen war ein sogenanntes Verständigungsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung vorausgegangen. Dem angeklagten Arzt, der mittlerweile keine eigene Praxis mehr hat, wurde dafür eine reduzierte Gefängnisstrafe in Aussicht gestellt. Sollte er auch noch freiwillig seine Approbation zurückgeben, wäre eine Haftstrafe von höchstens vier Jahren vorstellbar, so der Vorsitzende Richter. Ohne das Geständnis hätten es auch bis zu sechs Jahre werden können.

Verteidigung für Bewährungsstrafe

Der Verteidiger hatte sich in den Gesprächen für eine Bewährungsstrafe eingesetzt. Er hatte darauf verwiesen, dass der Arzt nicht vorbestraft und in fortgeschrittenem Alter sei, und dass es sich bei Cannabis um eine "weiche Droge" handle. Auch sollte man die "veränderte gesellschaftliche und politische Akzeptanz von Cannabis" berücksichtigen, so der Anwalt. Der Prozess wird fortgesetzt.

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