Ein Hof am Obersalzberg in Berchtesgaden im Jahr 1944 - hier wurde das Löschfahrzeug "Kraftdrehleiter KL 26m" bis 1945 eingesetzt.
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Ein Hof am Obersalzberg in Berchtesgaden im Jahr 1944 - hier wurde das Löschfahrzeug "Kraftdrehleiter KL 26m" bis 1945 eingesetzt.

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Mühldorfer Verein zeigt Hakenkreuz auf Fahrzeug von 1940

Bei einem Fest der "Freunde der alten Feuerwehr Mühldorf" wurde ein restauriertes Löschfahrzeug präsentiert. Der Verein hatte die Mechanik repariert und auch das Hakenkreuz wieder auf die Tür gemalt. Ein Fehler, der später korrigiert wurde.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Ein historisches Löschfahrzeug aus der Zeit des Nationalsozialismus hat am vergangenen Samstag in Mühldorf für Aufregung gesorgt. Grund dafür war ein offen zur Schau gestelltes Hakenkreuz. Das NS-Symbol prangte auf der Fahrertür des 1940 gebauten Fahrzeugs.

Zu sehen war das nicht nur beim "Tag der offenen Tür" des Vereins "Freunde der alten Feuerwehr Mühldorf" am Wochenende. Auch in einem Video, das eine lokale Produktionsfirma im Auftrag des Vereins gedreht hat, waren Nahaufnahmen des Wappens zu sehen. Jetzt haben Stadt und Verein Konsequenzen gezogen. Die Sequenz mit der Nahaufnahme wurde aus dem Video entfernt und das Hakenkreuz auf dem Löschfahrzeug übermalt.

Hakenkreuz auf historischem Löschfahrzeug bleibt unkommentiert

Am Dienstag hat sich der Vereinsvorsitzende Rudolf Noppenberger im "Mühldorfer Anzeiger" zu der Präsentation des Fahrzeugs geäußert. "Das ist nicht optimal gelaufen", teilte Noppenberger dort mit. Denn eigentlich werde das NS-Symbol auf dem Fahrzeug mit einem Magneten abgedeckt. Der sei allerdings dann am Samstag geklaut worden. Eine "Verherrlichung" der NS-Zeit liege dem Verein fern, sagte Noppenberger dem Mühldorfer Anzeiger, wobei er im Anschluss betont: "Das ist eben Geschichte."

Für das Foto zu dem Zeitungsartikel, der am Dienstag erschien, posierte Noppenberger neben dem Wappen vor dem Fahrzeug. Das Hakenkreuz wurde auch hier nicht abgedeckt. Das Fahrzeug mit der Bezeichnung "Kraftdrehleiter KL 26m" ist eines von zwei Fahrzeugen aus der NS-Zeit, das im Besitz des Vereins ist.

Löschfahrzeug wurde 1940 gebaut

Laut Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl (UM), der an der Feier teilnahm, habe sich der Vereinsvorsitzende in einer Rede am Samstag abseits der Filmaufnahmen zur NS-Geschichte des Löschfahrzeugs geäußert. Die Kraftdrehleiter 26 wurde 1940 gebaut und wurde bis 1945 am Obersalzberg eingesetzt. "Nach Kriegsende benutzten die auf dem Obersalzberg stationierten Soldaten das Fahrzeug zur Flucht, blieben aber zwischen Berchtesgaden und Bad Reichenhall im Straßengraben liegen", berichtet Noppenberger im Nachhinein in der Lokalzeitung "Mühldorfer Anzeiger".

Mühldorfs Bürgermeister ist Einordnung wichtig

Bürgermeister Hetzl war bei dem Fest zu Gast und kommt in dem Video zu Wort. Er sei beeindruckt davon, "was man damals alles mit Mechanik hat machen können“. Über die Feuerwehr könne die Geschichte den Menschen nähergebracht werden, sagt der Bürgermeister in dem Beitrag. Hetzl sagte dem BR, dass bei der Veranstaltung am Samstag abseits der Aufnahmen über die NS-Geschichte des Löschfahrzeugs gesprochen wurde. Er selbst habe den Verein darauf hingewiesen, dass man das Hakenkreuz abdecken sollte.

In der Kreisstadt Mühldorf am Inn sei man sich der Verantwortung bewusst und wolle sich aktiv für Erinnerungskultur einsetzen, sagte der Bürgermeister dem BR. Es werde unter anderem versucht, die KZ-Gedenkstätte "Mühldorfer Hart" weiterhin besuchbar zu machen. "Ich selbst war bereits Schirmherr einer Veranstaltung für Erinnerungskultur, weil es mir persönlich sehr wichtig ist, das Gedenken an die dunkelsten Stunden und an die Opfer aufrechtzuerhalten", sagt Hetzl.

Landeszentrale für politische Bildung sieht Darstellung kritisch

Die Präsentation des historischen Löschfahrzeugs wäre eine Gelegenheit gewesen, über NS-Symbole aufzuklären, meint Rupert Grübl, Leiter der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Auch er hat die erste Version des Videos über das Vereinsfest gesehen. "Man sieht das Hakenkreuz auf der Tür ganz unvermittelt, ganz groß im Bild. Und es wird in keiner Weise darauf aufmerksam gemacht", beschreibt Grübl die Aufnahmen.

Es sei sehr naiv, zu glauben, so Grübl, dass niemand aus einer solchen Darstellung eine gewisse Glorifizierung des Nationalsozialismus ableiten könne. "In solchen Zeiten muss man alles tun, gegen solche Bestrebungen, die Demokratie in unserem Staat abzuschaffen, vorzugehen. Und man darf auf gar keinen Fall naiv mit irgendwelchen Symbolen umgehen", betont der Leiter der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.

Zurschaustellen von NS-Symbolen strafbar

BR-Rechtsextremismusexperte Jonas Miller betont, dass das Zeigen eines Hakenkreuzes in der Öffentlichkeit, wie etwa bei einem Vereinsfest, strafbar ist. Es gibt jedoch eine Sozialadäquanzklausel im Paragraf 86a, Absatz 3 des Strafgesetzbuches. Demnach ist das offene Zurschaustellen von verbotenen Symbolen nicht justiziabel, wenn es der "staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient". "Meiner Einschätzung nach trifft keine dieser Ausnahmen auf die Präsentation eines NS-Symbols bei einem Feuerwehrfest ohne historischen Kontext zu", sagt Miller.

Auch der emeritierte LMU-Professor für Strafrecht, Klaus Volk, sieht die unkommentierte Darstellung eines Hakenkreuzes kritisch. "Man muss da schon den historischen Bezug herstellen, sonst kann man solche NS-Symbole nicht zeigen", sagt Professor Volk.

Landeszentrale für politische Bildungsarbeit bietet Hilfe an

Tausende Arbeitsstunden hat der Verein "Freunde der alten Feuerwehr Mühldorf" über sechs Jahre hinweg in die Restaurierung des Löschfahrzeugs gesteckt. Diese Leistung honoriert auch Rupert Grübl von der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Jedoch hätte man ein Detail bei der Wiederherstellung beachten müssen. "Warum hat man das Fahrzeug nicht wieder in einen Originalzustand herstellen können, vielleicht auch mit der originalen Lackierung – aber ohne dieses Symbol?", sagt Grübl. Die Aufklärung über den Nationalsozialismus und seine Symbole sei daher wichtiger denn je, betont er.

In diesem Sinne bot Rupert Grübl dem Verein in einem Gespräch mit dem BR die Hilfe der Landeszentrale bei der Aufarbeitung der Geschichte des Fahrzeugs an. In einer Pressemitteilung teilte die Stadt Mühldorf nach den Recherchen des Bayerischen Rundfunks am Mittwoch mit: "Der Verein hat das Symbol inzwischen vom Fahrzeug entfernt, um künftig Missverständnisse zu vermeiden, man wolle die NS-Zeit nicht verherrlichen oder verharmlosen. Das Risiko, dass nochmals eine Abdeckung entfernt werden könnte, will man nicht mehr eingehen."

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