Bei Radwegen hat sich schon einiges getan - aber es gibt noch viele Mängel, auch in München
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Bei Radwegen hat sich schon einiges getan - aber es gibt noch viele Mängel, auch in München

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Mobilitätswende: Bayern braucht mehr Radwege

Vom Auto aufs Rad: Immer mehr Menschen steigen um. So ist in München der Radverkehr um 30 Prozent gestiegen. Der Autoverkehr hat leicht abgenommen. Bayernweit sollen 1.500 Kilometer neue Radwege bis 2030 entstehen. Viel zu wenig, kritisiert der ADFC.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Sie werden immer mehr: Radfahrerinnen und Radfahrer in Bayern. Ob zur Arbeit, Uni, Schule oder zum Sport – oft ist man mit dem Rad schneller und unabhängiger. Staus, Parkplatzsuche, überfüllte Busse und Bahnen lassen die Menschen umdenken.

Die letzte repräsentative Umfrage "Fahrrad-Monitor" im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zeigte bereits: Radeln in Bayern boomt. In Zukunft will die Hälfte der Menschen im Freistaat im Alter zwischen 14 und 69 Jahren das Fahrrad häufiger nutzen. Damit liegt Bayern über dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Danach folgt die Fortbewegung zu Fuß und mit dem Auto. Die Auswertung der Befragung für den Fahrrad-Monitor 2023 läuft derzeit noch.

BR24-Umfrage: Münchens Radwege sind gut, könnten aber besser sein

"Ich fahre schon jetzt weniger mit dem Auto, weil die Parkplatzsituation einfach immer schlechter wird", berichtet ein junger Familienvater BR24. Münchens Radwege würden demgegenüber immer besser, findet er. Die bayerische Landeshauptstadt hat nach eigenen Angaben deutschlandweit die meisten Fahrradstraßen. Dazu kommen 1.200 Kilometer Radwege. Allerdings gibt es insgesamt nicht genug Radwege, meint ein anderer Radler: "Der Isar-Highway ist schon ziemlich gut befahren und da ist teilweise zu viel los."

Das größte Problem: Die vorhandenen Radwege in München sind oft zu schmal und nicht ausreichend vor den Autos geschützt. "Es wäre sehr schön, wenn die Radwege ein bisschen breiter und deutlicher von den Straßen abgetrennt werden", sagt ein weiterer Radfahrer. Oft fahre die Angst mit, dass sich plötzlich eine Autotür öffnet.

Radfahrerin Susanne Platzer pendelt fast 20 Kilometer mit dem Rad und hat ihr Auto inzwischen abgeschafft. Sie ärgert sich über Münchens Radwege: "Die meisten enden irgendwo im Nirwana. Rechts, links abbiegen, ganz schwierig. Irgendwie werde ich dafür bestraft, dass ich mit dem Rad fahre anstatt mit dem Auto."

Habenschaden: "In München jahrelang nur an Autofahrer gedacht"

Münchens Radwege müssen also besser werden. Das weiß auch die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden. Jahrelang sei nur an die Autofahrer gedacht worden, sagt die Grünen-Politikerin. Jetzt sei die Zeit reif für die Verkehrswende: "Die vergangenen Jahrzehnte waren wirklich unter dem Fokus in der Verkehrsplanung der autogerechten Stadt. Das hat sich nun aber überholt."

München plane und baue gerade kräftig aus. "Es muss sich ein Radwegenetz über die ganze Stadt legen. Das ist eine riesengroße Herausforderung, weil wir immer in den bestehenden Verkehrsraum eingreifen müssen", so Habenschaden. Das Ziel der Stadt: Die Radwege sollen breiter, sicherer, komfortabler werden.

In München ist der Radverkehr um ein Drittel gestiegen

Denn immer mehr Münchnerinnen und Münchner steigen aufs Rad – das ganze Jahr und auch bei schlechtem Wetter. Das zeigen Verkehrsdaten des Mobilitätsreferats der Stadt. Danach ist der Radverkehr um ein Drittel gestiegen. Verglichen wurde das erste Halbjahr 2019 mit dem ersten Halbjahr 2023. Im gleichen Zeitraum ist der Autoverkehr um fünf Prozent gesunken. München hat nach dem Radentscheid einen klaren Auftrag erhalten, so die Zweite Bürgermeisterin.

"Die Leute wollen mehr radeln", stellt Katrin Habenschaden fest. Sie möchte die Radfahrer aber nicht gegen die Autofahrer ausspielen – oder umgekehrt. Denn die meisten sind alles: mal Fußgänger, mal Radfahrer und dann wieder Autofahrer oder U-Bahn-Fahrer. "Das ist auch die Zukunft der Mobilität. Wir werden uns immer über die Verkehrsmittel aufteilen."

Mehr Radwege für ganz Bayern

Auch in anderen Regionen Bayerns sind Radwege im Bau oder frisch fertig. Zum Beispiel zwischen Aiterhofen und Straubing in Niederbayern, Geslau und Colmberg in Mittelfranken, von Lenggries nach Bad Tölz in Oberbayern sowie der Pendlerradweg Isar-Vils-Donau.

Bis 2030 sollen 1.500 Kilometer neue Radwege entstehen. Das sieht das neue bayerische Radgesetz der bayerischen Staatsregierung vor. Bestehende Förderprogramme für Kommunen hat das Verkehrsministerium aufgestockt. Das Ziel: ein landesweit durchgängiges Radverbindungsnetz, um auch auf dem Land einige Lücken zur nächsten Haltestelle des ÖPNV zu schließen.

"Radfahren ist hip": Elf Prozent Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr

Denn: Mehr als 80 Prozent der Menschen in Bayern besitzen ein Fahrrad. "Radfahren ist hip zurzeit", sagt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Da sei es die vergangenen Jahre deutlich vorangegangen – auch dank E-Bike-Boom. Wenn es nach den Plänen des Verkehrsministeriums geht, soll in zwei Jahren jeder fünfte Weg in Bayern mit dem Rad zurückgelegt werden: "Die Leute sind bereit, da entsprechend umzusteigen. Und von daher wollen wir deutlich vorankommen." Die Staatsregierung wolle die vernetzte Mobilität.

Kritik vom ADFC: Bayern zu langsam beim Ausbau der Radwege

"Mehr Radwege – und das schnell", fordert der ADFC Bayern, Initiator des Radentscheids Bayern, schon seit Langem. Der Fahrrad-Club kritisiert das neue Radgesetz der bayerischen Staatsregierung vom Juli 2023 als unzureichend. Das einzig konkrete Ziel für die Radinfrastrukur im Gesetzestext sind 1.500 Kilometer neue Radwege bis 2030, so der ADFC Bayern. "Umgerechnet müssten so aber in jeder bayerischen Gemeinde 91 Meter Radweg gebaut werden – pro Jahr! Bayern hinkt da deutlich hinterher", sagt Bernadette Felsch, Vorsitzende des ADFC Bayern.

Dagegen argumentiert das bayerische Verkehrsministerium: Der Freistaat sei schließlich nur zuständig für den Ausbau der Radwege an Bundes- und Staatsstraßen. Außerdem sei Bauen teuer geworden. So kostet laut Verkehrsminister Bernreiter ein Kilometer Radweg mindestens 600.000 Euro.

Radwege für Touristen und Pendler

Zumindest die Touristen in Bayern sind von den Radwegen begeistert. Laut der ADFC-Radreiseanalyse ist Bayern in diesem Jahr erneut zum beliebtesten Radland gewählt worden.

Dagegen sind die einheimischen Fahrradpendler unzufrieden. Das zeigt der ADFC-Fahrrad-Klima-Test aus dem vergangenen Jahr. Der Freistaat sei fahrradunfreundlich. Alltagsradfahrer haben Bayern die Note 4 gegeben. Danach sind die Hauptprobleme: mangelndes Sicherheitsgefühl und zu schmale Radwege in Bayern.

💡 Folgende Lücken wurden bei den Radwegen bisher geschlossen:

Fertig gestellt:

1. St 2054, Radweg Moorenweis – FFB6, Grafrath (Oberbayern)

Länge 5,5 km; Radwegverbindung von Moorenweis nach Grafrath; unter Verkehr seit Mai 2022

2. Radweg Aiterhofen – Straubing (Niederbayern)

Länge 2 km; entscheidender Lückenschluss einer Radwegverbindung von Straßkirchen bis Straubing; unter Verkehr seit Mai 2023

3. Li 15, Geh- und Radweg (GRW) nördlich Hergatz (Schwaben)

Länge 1 km; landkreisübergreifender Lückenschluss der Radwegverbindung zwischen Niederwangen (Baden-Württemberg) und dem Bahnhof Hergatz; unter Verkehr seit Mai 2023

4. B 26, Aschaffenburg Ausbau Darmstädter Straße – Hafenzufahrt (Unterfranken)

Länge 0,9 km, Ersatzneubau eines gemeinsamen Geh- und Radweges entlang der B 26 zwischen den Knotenpunkten "Hafen West" und "Hafen Mitte" als Teil des Alltagsradwegenetzes; Fertigstellung Radweg Ende 2022

5. B 13, Radweg AS Gollhofen - Autohof Gollhofen (Mittelfranken)

Länge 0,4 km; mit der Baumaßnahme wurde die letzte Lücke im Radwegenetz zwischen Oberickelsheim und Gollhofen geschlossen; Verkehrsfreigabe November 2021

6. St 2250, Radweg Geslau-Colmberg (Mittelfranken)

Länge 4,5 km. Das Radwegenetz entlang der bedeutendsten Verbindungsstraße zwischen Rothenburg und Ansbach soll verbessert werden. Zielsetzung ist, für Berufspendler bzw. den Alltagsradverkehr eine attraktive, direkt geführte Radwegeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. In diesem Zuge wird der fehlende Radweg entlang der Staatsstraße 2250 zwischen Wachsenberg / Steinach und Geslau vervollständigt. Der Lückenschluss erfolgt in zwei Bauabschnitten: BA1 RW Steinach-Geslau (1,5 km) fertiggestellt Mai 2023, BA2 RW Geslau-Colmberg geplant in 2025

In Bau:

1. B 13, Bad Tölz – Lenggries (Oberbayern)

Länge 6,8 km; Radwegverbindung von Lenggries nach Bad Tölz; Fertigstellung im November 2023 vorgesehen

2. Radweg Straubing-Hafen (Niederbayern)

verbindet die Arbeitsplätze im Hafengebiet mit dem neuen Bahnhalt Straubing-Hafen

3. B 12, Geh- und Radweg westlich Wildberg (Schwaben)

Baulänge 0,7 km; Lückenschluss im Radwegenetz zwischen dem Ortsteil Wildberg und der Einmündung der B 12 in die Staatsstraße 320; Fertigstellung im Oktober 2023 vorgesehen

4. St 2237, Fahrbahnerneuerung mit Kurvenabflachung Allersberg - Reckenstetten

Bauabschnitt 1 (Mittelfranken), Länge 2,8 km; Radweglückenschluss in 2 Bauabschnitten; Anbindung Regionalbahnhof Allersberg für Pendler, in Bau seit Sommer 2023 mit Fertigstellungsziel 2024 (Bauabschnitt 1), Bauabschnitt 2: Ortsdurchfahrt mit Radwegebrücke in Reckenstetten 2025

(Quelle: Bayerisches Verkehrsministerium)

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