Früh aufstehen - nicht nur die Retterinnen und Retter, auch für das Kitz ist die Ruhe in aller Herrgottsfrühe vorbei.
Bildrechte: BR / Eva Heime

Auf dem Weg in die Sicherheit - in einem mit Gras gepolsterten Karton wird das Kitz aus der Gefahrenzone gebracht.

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Mit Drohne und Kamera: Rehkitze vor der Mähmaschine retten

Damit Rehkitze beim Mähen von Wiesen nicht zu Schaden kommen, hilft in Schwaben fast ein ganzer Ort zusammen: Schon in aller Frühe gehen die Ehrenamtlichen auf die Suche - dabei helfen Drohnen, Funkgeräte und Wärmebildkamera.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Es ist fünf Uhr am Morgen, ganz langsam geht die Sonne auf. Die Drohne von Matthias Weidinger saust über das erste Feld in der Nähe von Türkheim. Sehr wahrscheinlich verstecken sich hier frisch gesetzte Rehkitze. Die sollen raus aus der Gefahrenzone – denn die Wiese wird heute gemäht. Eine Wärmebildkamera hilft bei der Suche. Zunächst sieht es aber so aus, als sei hier nichts zu entdecken, sagt Weidinger: "Man sieht auch schon, die Wiese ist komplett kalt. Und wenn jetzt etwas Warmes auftauchen würde, dann wäre es ein roter Punkt, eigentlich."

Wärmebildkamera zeigt: "Da liegt das Kitz"

Doch schließlich werden Matthias Weidinger und sein elfjähriger Neffe Mattis fündig. Mattis hat einen kleinen roten Punkt auf dem Display der Drohne entdeckt - das bedeutet: "Da liegt das Kitz". Jetzt können Suche und Rettung beginnen. Dafür braucht es aber ehrenamtliche Helferinnen und Helfer.

Und die sind zur Zeit fast jeden Tag frühmorgens auf den Beinen. Insgesamt sind um die 40 Türkheimer in der Rehkitzsuche-Gruppe organisiert. Sie koordinieren sich über WhatsApp. Auch Bürgermeister Christian Kähler ist mit dabei: "Das ist ein tolles Gefühl, und ich bin stolz, dass wir eine Gemeinschaft haben, wo wir was Gutes tun. Ich denke, wir werden immer mehr werden, wenn sich das herumspricht."

Aufstehen ohne Murren

Auch Anne Ziegra ist mit ihrer neunjährigen Tochter Luana ganz früh aufgestanden - und zwar freiwillig, sagt die Mutter: "Das geht schneller als sonst. So schnell kann man gar nicht gucken. Die weckt man auf und ohne Murren und Knurren zieht sie sich dann in Sekunden um, die hat so viel Freude dabei."

Tochter Luana legt ihre Garten-Handschuhe an, schnappt sich einen Karton und füllt ihn mit Gras. Darin kommt dann das Kitz unter - zumindest zeitweise. Luana ist inzwischen eine richtige Expertin in Sachen Kitz-Rettung. Man darf nicht zu laut sein, sagt sie, und auch nicht zu schnell: "Sonst erschrecken die und rennen weg. Am besten auch nicht kuscheln, weil sonst findet die die Mama nicht wieder."

Anspruchsvolle Arbeit und Verpflegung

Jeder packt hier mit an. Zur Stärkung gibt's Kaffee und selbst gemachtes Brot. Die Gruppe scherzt, dass die gute Verpflegung der eigentliche Grund sei, wieso sie sich jeden Morgen auf den Weg mache. Die Arbeit ist durchaus anspruchsvoll, die Wiese riesig und das Gras steht bereits kniehoch. Ohne die Drohne von Matthias Weidinger, ohne Funkgeräte und ohne Teamwork wäre es wohl unmöglich, die Kitze zu finden.

Die Jungtiere werden schließlich an den Waldrand in den Schatten getragen. Und erst dann wieder freigelassen, wenn der Bauer mit dem Mähen fertig ist. Durch die Rufe findet die Rehmutter ihr Junges aber auch wieder sehr schnell, erklärt Mitorganisatorin Katharina Hailer von der Jagdgenossenschaft: "Die hatten wir vorher gesehen, weit weg ist die Mutter normalerweise nie. Keine Mama lässt ihr Baby irgendwo allein".

Zehn gerettete Kitze: "So kann ein Tag starten"

An diesem Morgen haben die Freiwilligen ein ordentliches Pensum erledigt. Drei Stunden später steht die Sonne weit oben am Himmel, acht Wiesen haben sie abgesucht, zehn Kitze in Sicherheit gebracht. Für die Ehrenamtlichen klingelt am nächsten Tag wieder der Wecker. Aber, so Helferin Anna Josten: "Wir haben ja auch was davon. Eine wunderschöne Stimmung am Morgen, tolle Bilder, nette Landschaft, nette Leute, gute Verpflegung. Ja, so kann jeder Tag starten."

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