Mehrere junge Laubbäume ohne Laub stehen hintereinander in einer auf einer Wiese. Daneben eingeschlagene Pfähle und Strohballen
Bildrechte: Bernhard Bacherle

Frisch gepflanzter Saum in Niederraunau bei Krumbach

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Welt verbessern: Wie mach' ich Säume in der Landschaft?

Säume, also die Streifen zwischen Wald und Acker, Bach und Wiese sind besonders wertvoll für die Artenvielfalt. Und viel zu selten. Dabei kann fast jeder in seinem Umfeld Säume machen – auch ohne eigenes Land. Man muss nur wissen, wie es geht.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Ein Saum ist der Übergang zum Beispiel zwischen Wald und Feld, Feld und Feld oder Feld und Bach. Säume waren früher viel häufiger. Egal, ob sie nur aus hohen Stauden wie Brennnessel und Kronwicke bestehen oder aus Sträuchern wie Schlehe und Bäumen wie der Linde: Sie bieten unzähligen Spinnen, Insekten und Säugetieren Nahrung, Unterschlupf und Kinderstube. Sie verkleinern die Abstände zwischen Biotopen. Feldhase und Rebhuhn könnten ohne Säume nicht überleben. Ein alter Saum ist zwar ökologisch noch wertvoller als ein frisch angelegter. Doch bevor ein Saum alt werden kann, muss er ja erst einmal da sein. Und einen Saum auf den Weg bringen - das kann eigentlich jede und jeder.

Wo ist Platz für einen Saum?

Umweltplaner Bernhard Bacherle wohnt gerade mal fünf Jahre in Niederraunau, einem Stadtteil von Krumbach im Landkreis Günzburg, und hat in seiner Freizeit bereits fünf Säume rund ums Dorf auf den Weg gebracht oder vervollständigt. Dabei hat er gar keine eigenen Flächen. Sein Tipp: Im Bayernatlas im Internet gibt’s eine Flurstückskarte. Da könne man in seiner Gemeinde schauen, so Bacherle: Wo sind Restflächen, wo ist vielleicht neben einer Straße gar nicht der Straßenrand die Grenze, sondern es sind noch zwei bis drei Meter dran. Oder vielleicht sogar fünf Meter. Das gibts überall in der Landschaft“. Der Bayernatlas ist das bayerische Geodaten-Online-Informationssystem.

Flächen für Profi-Saummacher …

In fast jeder Flur findet sich ein einige Meter breiter Streifen rechts und links entlang eines Feldwegs, der der Kommune oder dem Landkreis gehört und der sich auf der Karte sofort für einen Saum anbieten würde. Doch zu früh gefreut. In der Realität ist dieser Streifen nämlich oft gar kein Streifen. Die Flächen werden in den meisten Fällen einfach von den Landwirten mitbewirtschaftet, denen die angrenzenden Äcker gehören. Bernhard Bacherle nennt es "stille Landnahme" und regt an, diese Flächen für mehr Artenvielfalt in Säume umzuwandeln und zum Beispiel Hecken zu pflanzen. Doch diese Flächen sind dann vielleicht doch eher was für sturmerprobte Saumaktivisten.

…und für Einsteiger

Zum Anfangen wäre eine Fläche mit weniger Konfliktpotenzial einfacher. Die finden sich zum Beispiel an Gewässern. Solche Streifen entlang des Baches sieht man auch im Bayernatlas. Das Wasserwirtschaftsamt muss auf Nachfrage Auskunft geben, ob ihm die Fläche gehört. Wenn nicht, kommen als nächstes die Gemeinde oder der Landkreis in Frage. "Und da gibt es auch Flächen, wo mit den Ämter-Reformen mit den Einsparungen gar kein Personal da ist, wo auch der Fokus nicht drauf war", so Saum-Aktivist Bernhard Bacherle. Gerade an Gewässern gebe es viele Flächen in öffentlicher Hand, wo man sehr viel bewirken könnte. "Und da müssen die Leute selber aktiv werden, hilft nix."

Schützenhilfe vom Amt

Hat man eine Fläche für einen Saum entdeckt, gilt es herauszufinden, wem sie gehört. Der Kommune oder dem Landkreis? Und ob man darauf einen Saum pflanzen könnte. Man sollte sich vorher überlegen, was man gern pflanzen möchte und was passt: Hecke, Bäume mit Sträuchern oder eine Allee zum Beispiel. Als nächstes braucht man einen Pflanzplan und ein Förderprogramm, das die Pflanzen bezahlt oder die Kosten zumindest zu einem großen Teil übernimmt. Dazu wendet man sich an die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt oder an die Ansprechperson für das Programm "FlurNatur" beim Amt für Ländliche Entwicklung. Vielleicht auch an die Revierförsterin oder den Wildlebensraumberater am Landwirtschaftsamt.

Hürde für den Saum: Das Gespräch mit der Behörde

Allerdings: Der Dialog mit der Behörde kann zu einer Herausforderung werden. So hat es Jasmin, eine Mitstreiterin von Bernhard Bacherle, erlebt: "Ich hab gedacht, ich hab bisschen Verständnis von Pflanzen und ein bisschen so ein Grundwissen, aber weit gefehlt." Sobald es um Genehmigungen gehe, werde eine andere Sprache gesprochen. Ihr Tipp: Fachleute mit ins Boot holen.

Der Staat zahlt für den Saum

Dafür kann man bei Naturschutzverbänden, beim Kreisjagdverband oder einem örtlichen Fischereiverein anklopfen. Da findet man eventuell Mitstreiter. Im Rahmen der Fischereiabgabe und über den Landesjagdverband werden Saum-Pflanzungen sogar gefördert. Das Programm "FlurNatur" können Gemeinden, aber auch Privatpersonen in Anspruch nehmen. Hier übernimmt der Freitstaat Bayern 75 Prozent der Kosten für Pflanzungen, auch Zubehör wie Greifvogelstangen und zum Beispiel Nistkästen. Geld für Bäume gibt´s zum Beispiel auch bei "Streuobst für alle".

Und dann noch ein Grillfest

Bernhard Bacherle und seine Mitstreiter haben für den Saum an der Kammel bei Krumbach mit großen Bäumen selbst die restlichen 25 Prozent der Kosten, die bei FlurNatur offen blieben, drauflegen müssen – in diesem Fall hat die Gemeinde die Differenz nicht übernommen. Weil die großen Linden an der Kammel teuer waren, haben den Niederraunauer Saumaktivisten insgesamt gut tausend Euro gefehlt. Ein großer Betrag, "den man jetzt natürlich nicht so aus dem Taschengeld-Kässle bezahlen kann". Jasmin und die Saumfreunde haben deshalb im März ein Wohltätigkeitsgrillen ausgerichtet. Am Ende des Abends waren tausend Euro zusammen. Im April haben sie gepflanzt.

Zeitplan: Jetzt organisieren, ab Oktober pflanzen

Sobald man weiß, was man pflanzen will und darf – es dürfen zum Beispiel nur gebietsheimische Wildpflanzen in die freie Natur gesetzt werden – lässt man sich von einer guten Baumschule ein Angebot erstellen. Mit dem beantragt man die Förderung und erst wenn der Förderbescheid da ist, darf man die Pflanzen und Nistkästen bestellen. Sonst gibt's kein Geld vom Staat. Die ideale Pflanzzeit ist dann von Oktober bis April. Alles kein Hexenwerk, sagt Bernhard Bacherle, Säume machen könne eigentlich jeder: "In jedem Dorf gibt’s den ein oder anderen, der einfach mehr für die Natur übrig hat - und der muss da einfach auch ein bisschen vorangehen und sich was trauen."

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