Borkenkäferspuren unter der Rinde eines gefällten Baums.
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Borkenkäferspuren unter der Rinde eines gefällten Baums.

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LBV gegen Ausweitung der Borkenkäferbekämpfung im Nationalpark

Reicht die Randzone des Nationalparks Bayerischer Wald, um den Borkenkäfer zu hindern, in angrenzende Privatwälder zu fliegen? Hubert Aiwanger und Privatwaldbesitzer fordern von der Nationalparkverwaltung eine Ausweitung. Für den LBV ein Tabubruch.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz LBV in Bayern ist "entsetzt" über Pläne des Nationalparks Bayerischer Wald, Waldflächen aus der geschützten Kernzone heraus und in die sogenannte Managementzone hineinzunehmen, um den Borkenkäfer stärker zu bekämpfen.

LBV: Reduzierung der Kernzone ist Tabubruch

"Diese Pläne sind ein Tabubruch" und "sie überschreiten eine Rote Linie", schreibt der Naturschutzverband in einer Pressemitteilung. "Sie führen den Zweck eines Schutzgebietes ad absurdum", so der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. Die Kernzone komme ohne menschliche Eingriffe, also auch ohne das Fällen von Bäumen, aus.

Diese Zonen im Nationalpark seien wichtig, um zu erforschen, "wie sich der Wald im Klimawandel ohne menschliche Eingriffe natürlich entwickelt". Man könne daraus außerdem Erkenntnisse zum Umbau des Waldes außerhalb von Schutzgebieten gewinnen.

Wirtschaftsminister Aiwanger will Borkenkäfer mehr bekämpfen

Hintergrund der heftigen Kritik des LBV ist ein kürzlicher Besuch des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Falkensteingebiet im Nationalpark Bayerischer Wald. Dieses Gebiet ist momentan stark von abgestorbenen Fichten betroffen. Auch für den kommenden Sommer rechnet man mit weiterem Käferbefall und weiteren sterbenden Bäumen.

Aiwanger war dort zusammen mit privaten Waldbesitzern, regionalen Politikern und Vertretern der Nationalparkverwaltung unterwegs. Gefordert wurde, den Borkenkäfer in den Randzonen des Parks entschlossener zu bekämpfen, um angrenzende Privatwälder zu schützen. Etliche Waldbesitzer der Region werfen dem Nationalpark vor, hier zu wenig zu tun.

Aiwanger bezeichnete bei der Fahrt den Inneren Bayerischen Wald und insbesondere den nördlichen Nationalpark als "Zentrum des Borkenkäferbefalls". Der Käfer sei "nicht nur eine Gefahr für den Wald", sondern bedrohe auch "die Wirtschaft und den Tourismus der gesamten Region". Die Leiterin des Nationalparks Ursula Schuster hatte Aiwanger ein Entgegenkommen bei der Käferbekämpfung signalisiert. Dieses Entgegenkommen kritisiert der LBV nun heftig.

Angst vor "Fresswalze an Borkenkäfern"

Kritik kommt auch vom Chamer Landrat Franz Löffler (CSU). Er sieht in den nächsten Jahren "eine Fresswalze an Borkenkäfern" auf den Landkreis Cham zukommen, fordert eine entschlossene Käferbekämpfung, allerdings bei allen, also von Waldbesitzern und Staatsforst genauso wie im Nationalpark. Die Waldbesitzer bräuchten außerdem finanzielle Hilfe vom Freistaat, damit sie ihren Wald umbauen und stabiler machen können.

Der Regener Landrat Ronny Raith (CSU) findet es wichtig, den "Übergriff vom Park auf die angrenzenden Wälder so gering wie möglich zu halten". Ein sterbender Wald sei "sicher kein Touristenmagnet". Doch das Absterben der Bäume gehöre zu einem Nationalpark dazu und der Park bringe "nachweislich viele Urlaubsgäste". Man müsse deshalb "den Spagat schaffen".

Managementzone soll angrenzende Privatwälder schützen

Auf BR-Anfrage hat die Nationalparkverwaltung genauer erklärt, was mit dem Entgegenkommen gemeint ist: Sie will anbieten, zwei wenige Hektar große Waldgebiete aus der geschützten Naturzone, in denen der Mensch generell nicht eingreift, in die sogenannte Managementzone hineinzunehmen. Es handelt sich um Flächen im Falkensteingebiet. Dann könnten dort befallene Fichten gefällt werden.

Diese Maßnahme sei zwar "aus fachlicher Sicht nicht erforderlich," betont die Nationalparkverwaltung, um angrenzende Privatwälder zu schützen. Denn sie liegen mindestens 500 beziehungsweise 1.100 Meter davon entfernt – also ausreichend weit, um eine Ausbreitung des Käfers zu verhindern. Dennoch will man es anbieten.

Auch das Bayerische Umweltministerium hat auf BR-Anfrage mitgeteilt, dass "die Nationalparkverwaltung eine kleinere punktuelle Ausweitung der Managementzone vornehmen" wird. Eine generelle Ausweitung dieser Zone sei aber fachlich "weder erforderlich noch vereinbart."

144.000 Festmeter Borkenkäferholz gefällt

Entschieden ist momentan noch nichts. Das Thema soll auf die Tagesordnung des Nationalparkausschusses, der darüber abstimmen muss. Einen Termin für die Sitzung gibt es noch nicht.

Der Nationalpark Bayerischer Wald besteht zu rund 75 Prozent aus einer Natur- und Kernzone, in die der Mensch nicht mehr eingreift. Dort wird auch der Borkenkäfer nicht bekämpft. Zum Schutz angrenzender Privatwälder gibt es einen breiten Streifen Rand- beziehungsweise Managementzone um den Park herum. Dort werden Fichten gefällt, die der Borkenkäfer befallen hat. Durch das Fällen beziehungsweise Entrinden der Bäume sterben die Käferlarven unter der Rinde. 2023 wurden im Nationalpark rund 144.000 Festmeter Borkenkäferholz gefällt, eine höhere Menge als in früheren Jahren.

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