Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler)
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Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler)

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Laptops statt Hefte: Piazolo will noch mehr digitale Schulen

Podcasts, Videos und digitale Pinnwände gehören in Bayern vielerorts zum Unterrichtsalltag. Kultusminister Piazolo ist zufrieden mit den Fortschritten - und mit einem Modellprojekt, das nun ausgebaut wird. Kritik kommt aber von den Grünen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Kultusminister Michael Piazolo ist sichtlich gut gelaunt. Zu Beginn der Pressekonferenz erzählt er von einem Erlebnis am vergangenen Wochenende: In einem Restaurant sei neben ihm eine Familie gesessen. Vater, Mutter, zwei Kinder - vielleicht vier und sieben Jahre alt. Das vierjährige Mädchen, so berichtet es der Minister, sei das ganze Essen über am Handy gehangen. Mit vier Jahren! Für Piazolo ein Beleg: Die Digitalisierung ist längst überall angekommen.

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Da dürfen auch die Schulen nicht zurück bleiben, sagt der Freie-Wähler-Politiker und erläutert lange die Fortschritte bei der Digitalisierung. Ein wichtiges Projekt für ihn ist die "Digitale Schule der Zukunft". Ein Modellprojekt, das seit dem vergangenen Schuljahr läuft, 250 Schulen nehmen daran teil. Quer durch alle Schularten. Von der Förderschule bis zum Gymnasium sind alle vertreten.

Ob analog oder digital - das entscheiden die Lehrerinnen und Lehrer

In den teilnehmenden Schulen wird mit Hilfe von digitalen Endgeräten, also mit Notebook oder Tablet digital gestützter Unterricht gehalten. Jede Schülerin, jeder Schüler mit eigenem Gerät – die sogenannte 1:1-Ausstattung, sagt Piazolo.

Doch wie genau läuft der Unterricht ab in so einer digitalen Schule? Zur Pressekonferenz hat das Ministerium die Schulleiterin, einen Lehrer und zwei Schüler aus dem Coburger Gymnasium Casimirianum geladen. Die Schule ist ebenfalls Teil des Modellprojekts, hat aber selbst schon vor vielen Jahren damit angefangen, Unterricht auch digital zu gestalten, wie die Schulleiterin sagt.

Und wie viel wird analog gemacht, wie viel digital? Eine Quote vom Ministerium gebe es nicht, jeder Leher entscheide nach Klassenstufe, nach Fach und nach Situation selbst, ob er die Schüler zum Heft oder zum digitalen Endgerät greifen lässt. Ein kurzer Imagefilm des Ministeriums zeigt die Einsatzbereiche in Coburg: Kurvenberechnung in Mathe, eine Escape-Room-Aufgabe im Spanischunterricht, digitale Erfassung der Ergebnisse im Chemieunterricht. Nur ein paar Beispiele.

Aktuell 250 Schulen, bald 500

Seit vergangenem Schuljahr sind 250 Schulen im Projekt, dafür stehen in diesem Schuljahr 16 Millionen Euro zur Verfügung. Auch im kommenden Schuljahr ist diese Summe eingeplant, laut Piazolo werden dann 250 weitere Schulen teilnehmen. Bis alle rund 6.000 Schulen in Bayern dabei sein können, werde es aber dauern, räumt der Minister ein. Schülerinnen und Schüler müssten die digitale Welt "lesen lernen", sagt Piazolo. Dazu gehöre nicht nur, Geräte und Apps bedienen zu können, sondern auch das Verständnis dafür, wie die digitalen Angebote funktionieren.

Ziel sei es, dass Schüler selbstbestimmt und verantwortungsbewusst entscheiden könnten, wann, wie und für welchen Zweck sie digitale Angebote nutzten. Den Kauf der digitalen Endgeräte unterstützt der Freistaat finanziell. Auch gibt es die Möglichkeit, sich Schülergeräte zu leihen. An Wartung und Pflege der IT-Infrastruktur und der Geräte in den Schulen beteilige sich der Freistaat dauerhaft mit 50 Prozent.

Sichtlich zufrieden berichtet der Kultusminister von den Fortschritten bei der Digitalisierung in den Schulen. Demnächst sei rechnerisch jedes Klassenzimmer ein digitales Klassenzimmer. Rechne man WLan und Lan zusammen, liege die Versorgung mit schnellem Internet bei fast 99 Prozent. Außerdem stehe am Ende dieses Schuljahres für jeden Lehrer ein Lehrerdienstgerät zur Verfügung.

Grüne: "Keine weitsichtige Politik"

Die guten Noten, die sich der Kultusminister selbst gibt, will Max Deisenhofer von den Grünen, nicht verteilen. Der Sprecher für digitale Bildung der Grünen-Landtagsfraktion findet vielmehr, dass die Söder-Regierung die Digitalisierung der Schulen mehr als stiefmütterlich behandelt habe. Erst die Corona-Krise habe CSU und Freie Wähler aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Jetzt werde "ohne Ziel und Plan versucht, ganz schnell und mit viel Geld Versäumtes nachzuholen. Weitsichtige Politik schaut anders aus".

Deisenhofer kritisiert, dass auch im Jahr 2023 die Technik an vielen Stellen mehr schlecht als recht funktioniere. Der Internetanschluss der Schulen reiche oft nicht für gleichzeitiges digitales Arbeiten in mehreren Klassenzimmern und die Abrufquote der Förderprogramme zur IT-Betreuung bleibe miserabel. Anstatt sich "schon wieder für einzelne Pilotprojekte selbst abzufeiern", solle Minister Piazolo lieber dafür sorgen, "dass der pädagogische Mehrwert der Digitalisierung an Schulen endlich auch in der Fläche ankommt".

Schüler arbeiten gemeinsam an Laptops
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Die Technik dient der Pädagogik, sagt der Kultusminsiter. Wie die Schule von morgen aussehen könnte, zeigt das Gymnasium Casimirianum in Coburg.

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