Zu sehen ist ein Spielzeugtraktor, der an einem Holzgalgen aufgehangen ist. Auf dem Holzpfosten ist eine Ampel angebracht.
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Die Diskussion um den Landwirtschaftsball in Ingolstadt geht in die zweite Runde: der regionale Verband bekommt Unterstützung vom Landesverband.

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Landwirtschaftsball: Verband betont "berechtigten" Bauern-Ärger

Nachdem der Verband für landwirtschaftliche Fachbildung in Ingolstadt aus Protest die Ampelparteien von seinem Landwirtschaftsball ausgeladen hat, kriegt er Rückendeckung vom Landesverband. Das staatliche Amt für Landwirtschaft distanziert sich.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Um Kritik an der Berliner Landwirtschaftspolitik zu üben, hatte der regionale Verband für landwirtschaftliche Fachbildung (Vlf) Ingolstadt-Eichstätt die Einladungsliste für seinen Faschingsball zusammengestrichen. Als Ehrengäste unerwünscht waren diesmal Vertreter der Ampel. Der Verband begrüßte nur Mitglieder der CSU, der Freien Wähler und der AfD. Die erfuhren erst im Festsaal von der Ausladungsaktion des Gastgeberverbandes. Das Echo war laut. Nicht nur die Vertreter der ausgeladenen Parteien äußerten Unverständnis, sondern auch die CSU.

Vlf-Chef: "Parteien-Vertreter stellen sich als Opfer dar"

Der Vlf-Landesvorsitzende Hans Koller zeigt dagegen durchaus Verständnis für das Verhalten seiner regionalen Kollegen: "Die Aktion in Ingolstadt war eine Form, den Unmut der Landwirte zum Ausdruck zu bringen", sagt er dem BR. "Es sind selbstverständlich alles Demokraten. Das war eine Form des Protestes." Damit stützt der Landesvorsitzende seinen regionalen Funktionär.

Auch Karl-Heinz Bittl, der Vlf-Vorsitzende für Ingolstadt, versteht die Ausladung der Ampel-Parteien als Protest gegen die Politik der Bundesregierung. "Wir vom Vlf wollten auch einen Teil zu den Bauernprotesten beitragen", begründet er die Entscheidung. "Wir dachten, dass dann die Vertreter die teilweise berechtigte Verärgerung an die Parteioberen weitergeben." Dass die Aktion so große Wellen schlägt, damit habe man nicht gerechnet. Seit dem Ball haben er und die zweite Vorsitzende, die beide das Amt ehrenamtlich ausüben, eine Flut an Reaktionen bekommen – positive wie auch negative, darunter auch Anfeindungen.

Für Vlf geht aktuelle Diskussion in falsche Richtung

In der Wahrnehmung des Vlf-Landesvorsitzenden Koller nimmt die Diskussion aktuell eine falsche Richtung. Den Vlf-Chef stört, "dass sich jetzt die Parteien-Vertreter als Opfer darstellen und vom eigentlichen Thema, den Problemen der Landwirte und dem damit verbundenen großen Frust über politische Entscheidungen, ablenken wollen". Sein Verband bemühe sich "seit Jahren" vergeblich darum, "Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir einzuladen", betont Koller nachdrücklich. "Da gab es bislang immer sofort eine Absage." Das sollte sich ändern, so Koller: "Wir sind zum Dialog bereit."

Amt für Landwirtschaft geht auf Distanz

Auf Distanz zum Vorfall in Ingolstadt geht dagegen ausdrücklich das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Pfaffenhofen Ingolstadt. Das AELF verweist hier darauf, dass schon Sabine Biberger, Geschäftsführerin des Vlf-Kreisverbandes Ingolstadt-Eichstätt, die Ausladung der Ampelvertreter nicht mitgetragen habe. Die Meinung von Sabine Biberger ist in diesem Fall von zentraler Bedeutung, denn sie hat zwei Funktionen: Zum einen ist sie ehrenamtliche Geschäftsführerin beim Vlf Kreisverband Ingolstadt-Eichstätt. Außerdem ist sie fest angestellt beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten AELF Pfaffenhofen Ingolstadt.

Landwirtschaftsministerium betont Unabhängigkeit der Vlf

Eine derartige Doppelfunktion gibt es regelmäßig bei den beiden Einrichtungen AELF und Vlf. Sehr häufig engagieren sich Angestellte der insgesamt 32 bayerischen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten noch ehrenamtlich bei den insgesamt 70 Vlf-Kreisverbänden. Das erklärt das Landwirtschaftsministerium dem Bayerischen Rundfunk auf Nachfrage. Jeder der 70 Vlf-Kreisverbände "agiert selbständig und unabhängig vom Amt".

"Das Amt arbeitet nur in den Bereichen des staatlichen Bildungs- und Beratungsauftrags mit dem Vlf zusammen", heißt es. Kooperationen gebe es zum Beispiel bei fachlichen Informationsveranstaltungen und Bildungsangeboten: "Hier nutzt das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten das Netzwerk des Verbandes auf Kreisebene." Das Ministerium erklärt auch auf Nachfrage, dass die Vlf-Kreisverbände "keine finanzielle Unterstützung durch den Staat" erhielten. Laut dem Landwirtschaftsministerium bekommt lediglich die Landesgeschäftsstelle im Jahr bis zu 48.000 Euro finanzielle Unterstützung.

Parteien kritisieren Ausladung vom Ball

Der CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Grob betont, dass er von der Ausladung der anderen Parteien überrascht worden sei. Grob distanziert sich von dieser Geste, versucht aber auch, die Wogen zu glätten: "Ich kann die Beweggründe der Landwirte sehr gut verstehen, die mit der Politik der Ampel unzufrieden sind", sagt er. "Ich kann aber weniger gut nachvollziehen, dass gesellschaftliche Ereignisse wie Faschingsbälle genutzt werden, um Politik zu machen." Sicherlich werde es nächstes Jahr wieder Einladungen für alle Mandatsträger geben, hofft Grob.

Deutliche Reaktionen kommen von den ausgeladenen Parteien: "Eine Partei, die in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem gilt, gegenüber Vertretern von Parteien, die fest zur Verfassung stehen. Ich halte das für einen Fehler und biete aber das konstruktive Gespräch weiter an", so Jakob Schäuble, Kreisvorsitzender der FPD Ingolstadt. Christian De Lapuente, Kreisvorsitzender der SPD Ingolstadt, nennt den Vorfall "eine neue Grenze", die ihn an das "schwärzeste Kapitel der deutschen Geschichte" erinnere.

Künftig auf Dialog setzen

Ausladungen wie beim Ball am Samstag hält Johannes Scharl, Kreisobmann im Bauernverband Eichstätt Ingolstadt nicht für das richtige Mittel, um die Verärgerung zu zeigen: "Der Bauernverband und die Landwirtinnen und Landwirte hier in der Region stehen immer für den Dialog zur Verfügung." Nur so könne man seine Sorgen an die Politiker herantragen und Forderungen stellen.

Trotz der Aktion am Samstag sieht es der Vlf-Vorsitzende Bittl ähnlich. Man müsse miteinander reden, sonst komme man nicht weiter. "Die Ausladung beim Ball war eine einmalige Aktion, einfach nur um ein Signal zu senden, um erhört zu werden."

Zur Jahresversammlung am Freitag seien nun wieder Vertreter aller Parteien eingeladen. Auch alle Parteien betonen, dass sie für Gespräche zur Verfügung stehen.

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