Die Landtagswahl in Bayern steht bevor: Wahlplakate der Parteien im Landkreis Berchtesgadener Land - klein und geordnet.
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Die Landtagswahl in Bayern steht bevor: Wahlplakate der Parteien im Landkreis Berchtesgadener Land - klein und geordnet.

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"Unnötiger Aufwand": Regel-Wirrwarr bei Wahlplakaten

Vor der Landtagswahl füllen sich Straßen und Plätze mit Wahlplakaten. Das Bergsteigerdorf Schleching wollte zum Schutz des Landschaftsbilds nur noch kleinere Plakate erlauben. Fast wäre diese Art Wahlkampf für einige Parteien unmöglich geworden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die Landtagswahlen rücken näher und die Straßen in Bayern sind mit Wahlplakaten gesäumt. In der Gemeinde Schleching im oberbayerischen Landkreis Traunstein wäre diese Art Wahlkampf aus Sicht der SPD aber fast ausgefallen. Denn in dem idyllischen Bergsteigerdorf gibt es eine besonders strenge Plakatierverordnung – "zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes", wie es im Ursprungstext heißt. Die Gemeinde Schleching liegt an der Grenze zu Tirol und ist für ihre idyllische Landschaft bekannt.

SPD: Umstieg auf kleinere Wahlplakate unmöglich

Laut Verordnung, die jede Kommune selbst erlassen kann, durften die Wahlplakate in Schleching unter anderem nicht größer als DIN-A2 sein – halb so groß wie ein normales Plakat. Diese Verordnung mache den Wahlkampf unmöglich, so Waltraud Eisenberger vom SPD-Ortsverband Oberes Achental im Gespräch mit dem BR-Studio Chiemgau.

Denn die Wahlplakate hätten normalerweise eine Größe von DIN A1, kleinere Wahlplakate könne ihre Partei nun nicht mehr bereitstellen. Für die SPD ist es schlicht unwirtschaftlich, nun extra kleinere Plakate zu drucken. Außerdem kritisiert Eisenberger, dass die Plakate nur an eigenen Ständern, nicht aber an Straßenlaternen und Ähnlichem aufgehängt werden dürften. Zudem stellt die Gemeinde keine eigenen Plakatflächen – wie zum Beispiel im Berchtesgadener Land (s. Titelfoto) – zur Verfügung. In Zeiten von Politikverdrossenheit seien diese Regeln das falsche Signal, so die SPD-Politikerin.

Gemeinde rudert vorerst zurück

Für Martin Plenk, Geschäftsleiter der Bergsteigergemeinde, geht diese Kritik zu weit. Die Parteien haben unabhängig von der Größe des Plakats die Möglichkeit, für sich zu werben, so Plenk zum BR. Inzwischen ist die Gemeinde aber zurückgerudert: Der Bürgermeister hat die besonders strikte Plakatierverordnung für die Landtagswahl erst mal außer Kraft gesetzt. Die DIN A1-Plakate dürfen vorerst hängen bleiben. Ende des Monats steht die Verordnung noch einmal zur Diskussion im Gemeinderat.

Kommunen schreiben sogar Kleber vor

Das Schlechinger Beispiel steht nicht allein. Da die Kommunen für solche Verordnungen freie Hand haben, hat sich ein Fleckerlteppich an Plakatierungsbestimmungen gebildet. Für die Ehrenamtlichen, die den Wahlkampf für die Parteien bestreiten, bedeuten die detaillierten Verordnungen jede Menge Arbeit.

Beim FDP-Verband Traunstein zum Beispiel beginnen die Mitglieder schon Monate vor der Wahl, die aktuellen Plakatierungsverordnungen bei den Gemeinden abzufragen. Dann füttern sie eine Exceltabelle, erzählt der stellvertretende Vorsitzende Patrick Weiß. So dürfen in der Gemeinde Waging am See die Plakate nur mit Reißnägeln befestigt, nicht aber geklebt oder getackert werden.

In Traunstein ist freies Plakatieren erlaubt, allerdings nur mit einem Kleber vom Ordnungsamt. In Traunreut wiederum sind ausschließlich dreifüßige Plakatständer zulässig, die an Laternenmasten lehnen. "Es gäbe wirklich sinnvollere Dinge, die wir tun könnten, als uns monatelang um diese Regeln zu kümmern", sagt Patrick Weiß. Generell würden die Plakatierungsverordnungen der Gemeinden immer unterschiedlicher und anspruchsvoller.

Forderung nach Vereinheitlichung

Auch aus den Reihen von CSU, Grünen und Freien Wählern ist kritisch zu hören, dass die Anforderungen immer komplizierter würden – ein "völlig unnötiger Aufwand für die Ehrenamtlichen", so die Grünen.

Martin Brunnhuber von den Freien Wählern beurteilt die Situation ähnlich: "In den letzten Jahren sind die Anforderungen und die Individualisierung immer höher geworden. Die nimmt so stark zu, dass man wirklich überhaupt keinen Überblick mehr hat", so Brunnhuber. Deshalb fordert er, im Kreistag die kommunalen Plakatierungsverordnungen untereinander abzustimmen. Auch die FDP plädiert für eine einheitliche Regelung für jeden Stimmkreis. Die Grünen in Traunstein wünschen sich eine einheitliche Regelung für Bayern von der Staatsregierung.

CSU: Gemeinden sollen weiter selbst über Plakate entscheiden

Konrad Baur von der CSU hingegen findet, die Gemeinden sollten weiterhin über die Plakatierung selbst entscheiden dürfen: "Es ist halt nicht jede Gemeinde gleich. Wenn ich mir jetzt sehr touristisch geprägte Gemeinden anschaue, die haben sehr strikte Plakatierungsverordnungen, da macht es möglicherweise auch Sinn", so Baur. Er hat auch Verständnis für Schleching.

Bayerische Bestimmungen setzen nur Rahmen

Das Bayerische Innenministerium listet die Regelungen über die Werbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass von allgemeinen Wahlen auf seiner Seite auf. So soll etwa von jeder Plakatwerbung an Autobahnen und außerhalb der Ortsdurchfahrten von Bundes-, Staats- und Kreisstraßen abgesehen werden. Werbung dürfe nicht den Verkehr behindern oder Verkehrszeichen beeinträchtigen.

Wie Plakate zum Beispiel an Verkehrsschildern trotzdem angebracht werden können, entscheidet die jeweilige Gemeinde. Denn sie kann eine Sondernutzungserlaubnis oder eine Ausnahmegenehmigung erteilen. In der Landeshauptstadt München dürfen Plakate nicht an Verkehrszeichen angebracht werden, die sich an den fließenden Verkehr richten. Und: Sie dürfen nur maximal einen Quadratmeter groß sein.

Schutz des Landschaftsbildes möglich

Artikel 28 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) gibt den Kommunen freie Hand, zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes oder eines Natur-, Kunst- oder Kulturdenkmals die Plakatierung zu beschränken – zum Beispiel auf Plakatflächen, die die Kommune zur Verfügung stellt. Allerdings muss dann das Netz dieser gemeindlichen Plakattafeln hinreichend eng sein, um zum Beispiel den Parteien ausreichende Werbemöglichkeiten zu gewährleisten.

Übrigens: Bis spätestens 14 Tage nach der Wahl müssen alle Plakate in der Landeshauptstadt wieder verschwinden.

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