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Datenanalyse: Was beim CO₂-Sparen am meisten bringt

Die Bundesregierung will mit dem Klimaschutzgesetz die Emissionen senken – Fachleute und Aktivisten halten die Pläne aber für unzureichend. BR Data hat nun analysiert, mit welchen Einzelmaßnahmen in welchem Sektor am meisten CO₂ gespart werden kann.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Beim globalen Klimastreik waren am vergangenen Freitag allein in Deutschland zigtausende Menschen in ganz Deutschland auf den Straßen. Organisiert werden die großen Klimaproteste erneut vor allem von Fridays For Future, unterstützt wurden sie von großen Organisationen wie dem BUND, der Deutschen Umwelthilfe oder der Diakonie. Sie alle fordern, das Klimaschutzgesetz zu verschärfen, schneller aus Kohle, Gas und Öl auszusteigen und eine grundlegende Mobilitätswende einzuleiten.

Im Klimaschutzgesetz ist festgeschrieben, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral sein soll – am kommenden Freitag befasst sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Gesetz, über das nicht nur in den kommenden Tagen viel diskutiert werden wird. Doch wie steht es wirklich um die aktuelle Klimapolitik Deutschlands? Und welche CO₂-Einsparungen bringen besonders viel für den Klimaschutz?

Um das zu beurteilen, liefert der Projektionsbericht des Umweltbundesamtes wichtige Informationen. Der Bericht, der alle zwei Jahre veröffentlicht wird, analysiert, ob die Klimaziele mit der derzeitigen Klimapolitik erreicht werden. BR Data hat den neuesten Projektionsbericht ausgewertet, um die effektivsten Mittel zum CO₂ -Sparen zu identifizieren. Mit den folgenden Maßnahmen kann pro Sektor das meiste CO₂ eingespart werden.

Grafik: Maßnahmen mit dem größten Anteil an CO₂-Einsparungen nach Sektor

Zur Erklärung: Im Projektionsbericht und im Klimaschutzgesetz werden die Emissionen in sieben Sektoren aufgeteilt, je nachdem wo sie anfallen. Ein Forschungskonsortium hat ausgerechnet, bei welchem Ausstoß jeder dieser Sektoren 2045 wo landen wird – und wie viel weniger Emissionen das im Vergleich zu heute sind. An diesen Einsparungen haben alle Maßnahmen einen Anteil, manche mehr, manche weniger.

Viel Potenzial: die Lkw-Maut

Am Beispiel Verkehr heißt das etwa: Für 2045 wird projiziert, dass rund 133 Millionen Tonnen CO₂ und andere Treibhausgase weniger ausgestoßen werden, wenn alle Maßnahmen wie angenommen umgesetzt werden. Am meisten Emissionen verhindern würde nach Berechnungen von BR Data eine Ausweitung der Lkw-Maut, welche zudem vom Emissionsausstoß abhängig gemacht werden müsste. Rund 22 Prozent der verhinderten Emissionen gehen auf das Konto dieser einen Maßnahme. Andere wie das Deutschlandticket fallen dagegen weniger stark ins Gewicht.

Im Gebäudesektor ist etwa die wirkungsvollste Maßnahme die Förderung zur Sanierung und Austausch von Heizungen (37 Prozent), in der Landwirtschaft bringt der verstärkte Einsatz von Düngern tierischer Herkunft in Biogasanlagen am meisten (54 Prozent), in der Industrie ist mit der Entwicklung von emissionsarmen Technologien die höchste CO₂-Einsparung zu erreichen (34 Prozent). Und so weiter. Nach diesem Prinzip lassen sich sämtliche Maßnahmen bewerten. Wichtig aber ist zu wissen: In der Berechnung tauchen nur Maßnahmen auf, die konkret geplant oder bereits umgesetzt sind. Deshalb fehlt etwa ein Tempolimit auf dieser Liste. Es ist von der Koalition nicht vorgesehen.

Habeck räumt Klimaschutzlücke ein

Insgesamt sind im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung 130 Maßnahmen zur Minderung der Emissionen aufgeführt. Experten sagen: Selbst wenn alle Maßnahmen umgesetzt würden, spart Deutschland noch nicht genügend CO₂ ein. Auch das Umweltbundesamt kommt in seinem Projektionsbericht zu dem Schluss, dass es eine "deutliche und wachsende Gesamtlücke zu den Klimaschutzzielen" gibt. Das hat auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Vorstellung des Klimaschutzprogramms im Juni eingeräumt: Die Maßnahmen werden nicht reichen, um die Zwischenziele im Jahr 2030 zu erreichen.

Gerade in den Sektoren Verkehr und Gebäude wird voraussichtlich weiter zu viel CO₂ ausgestoßen. Darauf weist auch der Expertenrat für Klimafragen in seiner Stellungnahme zum Klimaschutzprogramm hin. Das von der Bundesregierung eingesetzte Gremium bemängelt vor allem ein fehlendes Gesamtkonzept, um die Klimaziele zu erreichen.

Expertenrat: Klimaschutzprogramm ist "Stückwerk"

Die stellvertretende Vorsitzende Brigitte Knopf sagte dem BR, das Klimaschutzprogramm sei zu sehr "Stückwerk". Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wollte sich gegenüber dem BR nicht zur Kritik an den Klimaschutzplänen äußern und verwies auf Statements aus der Bundespressekonferenz. Dort hatte ein Ministeriumssprecher bestätigt, dass es weiterer Maßnahmen bedürfe. Die Bundesregierung sei jedoch zuversichtlich, das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.

Interaktiver CO₂-Rechner

Der interaktive Klimarechner von BR Data erklärt, in welchen Bereichen in Deutschland wie viel CO₂ ausgestoßen wird, welche Einsparwirkung ausgewählte Maßnahmen bringen würden und wie groß die Klimaschutzlücke ist, die es dann immer noch zu schließen gilt. Probieren Sie es aus: Wählen Sie in den verschiedenen Sektoren Maßnahmen aus und sehen Sie selbst, wie viel CO₂ damit eingespart werden kann:

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So sieht der interaktive CO2-Rechner aus

In dieser Woche soll der Entwurf für das neue Klimaschutzgesetz erstmals im Bundestag verhandelt werden. Ob jedoch zügig entschieden wird, ist fraglich. Die Bamberger Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Grüne), die im Ausschuss für Klimaschutz und Energie sitzt, stellt sich auf längere Debatten ein: Der Entwurf gehe zwar schon in die richtige Richtung, sagt sie, nehme aber noch nicht alle Bereiche gleichermaßen in die Pflicht: "Wir werden in den nächsten Monaten beraten, wie wir dieses Gesetz noch besser machen können."

Denn das Gesetz, so Badum, solle auch zukünftige Regierungen dazu verpflichten, die Klimaziele zu erreichen.

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