Das erste von sechs beschädigten Rotorblättern wird aus über 160 Meter Höhe abmontiert und mit einem Kran abgelassen.
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Das erste von sechs beschädigten Rotorblättern wird aus über 160 Meter Höhe abmontiert und mit einem Kran abgelassen.

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Kaputte Windräder in Fuchstal: Wie aufwendig ist die Reparatur?

Fuchstal gilt als Vorzeigeprojekt für die Energiewende: Die Gemeinde produziert deutlich mehr grünen Strom als sie verbraucht. Beim Bau von weiteren Windrädern hat es jetzt unerwartet Probleme gegeben. Warum der Bürgermeister dennoch gelassen bleibt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Seit 2016 betreibt die Bürgerwindkraft Fuchstal in der kleinen gleichnamigen Gemeinde im Landkreis Landsberg am Lech vier Windräder. Damit waren sie Pioniere in Bayern. Eine Win-win-Situation, wie der parteilose Bürgermeister Erwin Karg noch Anfang des Jahres versicherte. Und auch die bayerische Politik beruft sich gern auf dieses Vorzeigeprojekt. Immerhin hat die Anlage laut Karg im vergangenen Jahr 20 Prozent Rendite gebracht. Die Hälfte nutzte die Gemeinde zum Bau eines Sportheims und zur Verbesserung der Kinderbetreuung, die andere Hälfte ging an die beteiligten Bürger.

Nun sind drei neue Windkraftanlagen dazugekommen – und damit einige Probleme. Denn nach dem Transport aus Dänemark nach Fuchstal fiel bei routinemäßigen Untersuchungen auf, dass Rotorblätter beschädigt waren. Zu diesem Zeitpunkt waren sechs davon bereits an den Generatoren montiert. Anlagenhersteller Enercon spricht von "Unregelmäßigkeiten".

Reparatur der Rotoren ist das Ziel

Mit einem mehr als 170 Meter hohen Kran wurde jetzt das erste Rotorblatt vom Generator der Anlage 2 mit einer Nabenhöhe von knapp 167 Metern abmontiert und an Stahlseilen nach unten abgelassen. Dort müsse jetzt geprüft werden, ob eine Reparatur möglich ist. Laut Hersteller ist "eine Ertüchtigung der beschädigten Blätter auf der Baustelle (…) die angestrebte Lösung".

Andernfalls müssten die Rotorblätter ersetzt werden. Vorkehrungen für die Anlieferung der einzelnen Komponenten der Windkraftanlagen wie eine provisorisch umgebaute Anschlussstelle zur B 17, eine Rampe an einem großen Kreisverkehr bei Landsberg sowie eine große, planierte landwirtschaftliche Fläche vor dem Fuchstaler Hauptort Leeder wurden auch deshalb bislang nicht zurückgebaut.

Gemeinde wird finanziell entschädigt

Der finanzielle Schaden dürfte laut Bürgermeister Karg bereits jetzt immens sein, allerdings nicht für seine Gemeinde: Bis zur quasi schlüsselfertigen Übergabe liegen die Anlagen nämlich beim Hersteller. Ab der vertraglich vereinbarten Inbetriebnahme aller drei Anlagen am 13. Dezember würde man laut Karg für eventuelle Stromproduktions-Ausfälle finanziell entschädigt.

Rotorblätter werden "thermisch recycelt"

Sollte eine Reparatur nicht möglich sein, müssten die Rotorblätter wieder abtransportiert und entsorgt werden. In der Regel würden Rotorblätter, die "im Wesentlichen aus glasfaserverstärktem Kunststoff" bestehen, "thermisch recycelt", heißt es vom Hersteller. Sprich: Sie werden verbrannt, während die Energie aus der Abwärme genutzt wird.

Nach Auskunft des Energieexperten Stephan Bosch vom Institut für Geographie der Universität Augsburg arbeitet die Industrie bereits an Lösungen, die Rotorblätter in dem Sinn "zu rezyklieren", dass die Materialien erneut verarbeitet werden können. Ein Patentrezept dafür gebe es aber heute noch nicht.

Keine große Auswirkung auf die Energiebilanz

Was die Energiebilanz der Anlagen angehe, fallen die aktuellen Probleme nicht sehr stark ins Gewicht, sagt Bosch. Ein Windrad herzustellen, verbrauche nach heutigem Stand der Technik "etwa zwei bis drei Prozent der Energie", die es während seiner Lebensdauer von mindestens 20 Jahren erzeuge – und zwar für die ganze Windkraftanlage, nicht nur die Rotorblätter. Insofern wirke sich auch deren eventueller Austausch zwar sehr wohl, aber auch nicht massiv auf die Energiebilanz aus.

Auch Bürgermeister Karg sieht die aktuelle Situation gelassen: Möglicherweise werde man "die Dinger jetzt drei Monate später am Netz" haben, dafür würden sie am Ende ihrer Lebensdauer dann eben "drei Monate lang nach hinten raus länger laufen".

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