Buntes Faschingstreiben (Symbolbild)
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"Ausländer raus"-Rufe bei Fasching - Polizei sucht Zeugen

Der rassistische Spruch "Ausländer raus" am vergangenen Donnerstag beim Faschingsumzug in Landsberg sorgte für Entsetzen. Seitdem ermittelt die Polizei - sie bittet nun auch Zeugen, die wichtige Hinweise geben können, sich zu melden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Ermittelt wird wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Mehrere junge Männer der Landjugend Hohenfurch sollen auf einem Faschingswagen beim "Lumpigen Donnerstag"-Umzug ausländerfeindliche Parolen gerufen haben. Noch am Freitag wurden laut Polizei erste Beweismittel sichergestellt und ausgewertet. Zudem bittet die Polizei, dass sich Besucher des Faschingsumzugs, die den Vorfall mitbekommen haben, bei der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck unter der Telefonnummer 08141/612-0 melden.

"Offenes Zeichen von Hass"

Auf einem Video, das in den sozialen Netzwerken geteilt wurde, ist zu sehen und zu hören, wie auf dem Wagen "Ausländer raus" skandiert wurde. Die Rufe erfolgen zu dem Song "L'amour toujours" des italienischen DJs Gigi D'Agostino.

Anzeige erstattete die Initiative "Landsberg bleibt bunt" [externer Link]. Zur Begründung heißt es: "In unseren Augen handelt es sich klar um Volksverhetzung, wenn man Bürger mit Migrationshintergrund aus unserem Land verbannen will, und ähnelt den Remigrations-Fantasien der AfD stark." Und weiter: "Bei den Rufen von solchen Parolen handelt es sich nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um offenes Zeigen von Hass gegen alle, die Rechten nicht deutsch genug erscheinen.

Faschingsgesellschaft "Licaria" ist entsetzt

Der Veranstalter des Faschingsumzugs in Landsberg am Lech, der Verein Licaria, zeigt sich nach den Vorkommnissen entsetzt. Der ehrenamtliche Pressesprecher Thomas Bihler teilte auf BR-Anfrage mit, Licaria und auch der Elferrat distanzierten sich von dem Vorfall mit Nachdruck. Er habe mit dem Vorstand des Hohenfurcher Faschingsvereins gesprochen, der "sehr zerknirscht", selbst aber nicht auf dem Wagen gewesen sei.

Bihler selbst habe am Donnerstag von dem Vorfall nichts mitbekommen; auch die Jury, die die Wagen bewerte, seinen Angaben zufolge nicht. Erst am Freitag habe man durch das Video von der Sache erfahren, so Bihler. Er habe dem Hohenfurcher Faschingsverein auch klargemacht, dass sie für die nächste Zeit für Veranstaltungen der Licaria gesperrt seien. "Wir möchten so etwas in Landsberg nicht."

Der Bürgermeister der Gemeinde Hohenfurch, Guntram Vogelsgesang, und Marcel Reintsch vom Landjugend-Kreisverband Schongauer Land teilten in einer Stellungnahme auf der Homepage der Gemeinde Hohenfurch mit: "Wir verurteilen Rassismus und Diskriminierung. In unseren Vereinen und in unserer Gemeinde ist jeder willkommen. Das war so, das ist so und das wird auch so bleiben!" In Hohenfurch hätten nahezu sechs Prozent der Bevölkerung eine ausländische Staatsbürgerschaft. Die Menschen aus rund 20 Nationen seien gut integriert.

"Wehret den Anfängen"

Thomas Bihler ist auch 1. Vorsitzender und Mitbegründer des Flughafenvereins München e.V., einem gemeinnützigen Verein, der Menschen in Not hilft und auch viel im Ausland aktiv ist. Erst im vergangenen Jahr war er nach dem Erdbeben in der Türkei vor Ort, um zu helfen, und auch in der Ukraine war er aktiv. Er habe entsetzliches Leid gesehen.

Er und der Licaria Faschingsverein "rufen dazu auf, aktiv gegen jegliche Form von Extremismus vorzugehen. Die Gesellschaft muss ein Ort der Offenheit, der Solidarität und des Respekts sein, wehret den Anfängen" so Bihler. "Wir müssen gegen diese Leute aufstehen und sagen: 'Hört endlich auf, hört endlich auf.'" Jemand, der solche Parolen rufe, habe noch nie eine Flüchtlingsunterkunft oder eine Zeltstadt von innen gesehen. Solchen Leuten könne er nur empfehlen, mitzufliegen ins Ausland. Sie sollten sich das Leid vor Ort anschauen und sie würden wohl ganz anders zurückkommen, so Bihler weiter.

Landsberg ist kein Einzelfall

Auch in anderen Regionen Deutschlands ist es bereits zu ähnlichen Vorfällen gekommen. Laut Medienberichten wurden auch im Rheinland zu dem Lied von Gigi D’Agostino Nazi-Parolen gesungen [externer Link]. In diesem Zusammenhang ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Besucher eines Musikclubs in Reichshof im Oberbergischen Kreis wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole.

In Kempten sorgte ein rassistisches Plakat, das am Faschingsumzug in Kempten am vergangenen Samstag auf einem Traktor befestigt war, für Empörung. Darauf stand: "Deutschland macht überall auf die Tor, drum singt die ganze Dschungelschar im Chor." Die Polizei ermittelt. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, Holger Stabik, betonte aber, "ob damit eine Straftat verwirklicht ist, können wir noch nicht sagen."

Auch bei einer sogenannten Traktoren-Rallye in Sachsenkam im Landkreis Bad Tölz/Wolfratshausen kam es laut Medienberichten zu einem Vorfall. Dort hatte eine Wagenbesatzung mit schwarz angemalten Gesichtern und Schwimmflügeln gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft protestiert, "Nein zur Asyl-Massenunterkunft in Warngau/Holzkirchen" so der Slogan.

Bereits nach dem AfD-Landesparteitag Mitte Januar hatte eine größere Gruppe von Delegierten in einer Disco im mittelfränkischen Greding gefeiert. Dabei skandierte sie ebenfalls zur Melodie des Liedes "L'amour toujours" ausländerfeindliche Parolen wie "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus". Der Staatsschutz ermittelt.

Transparenzhinweis: Der Artikel wurde nach Veröffentlichung um eine Stellungnahme der Gemeinde Hohenfurch erweitert.

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