Illustration: Der Todesflug von Marienbad
Bildrechte: BR / Anna Hunger

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Kontrovers-Story gewinnt deutsch-tschechischen Journalistenpreis

Der BR-Autor Christian Stücken ist für seine halbstündige Dokumentation "Der Todesflug von Marienbad – Was geschah an Bord der Turbolet L410?" ausgezeichnet worden. Die Jury betont, die Geschichte halte einen in Atem und berühre sehr.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Ein Film des BR Magazins Kontrovers hat am Freitagabend den deutsch-tschechischen Journalistenpreis gewonnen. Christian Stücken erzählt darin die Geschichte der Entführung eines Flugzeugs durch zehn Tschechoslowaken im Juni 1972. Es ist die Geschichte von einer Flucht in den Westen. Von sieben Männern und drei Frauen zwischen 17 und 22 Jahren, die in Freiheit leben wollen, jenseits des Eisernen Vorhangs.

Die Flucht wird ihnen gelingen und dennoch tragisch enden. Mit zwei Pistolen bewaffnet steigen sie in Marienbad in ein Regionalflugzeug nach Prag und wollen in der Luft eine Kursänderung nach Deutschland erzwingen. Der Pilot weigert sich und wird von einer Pistolenkugel tödlich verletzt. Der Copilot landet die Maschine in Weiden. Dort werden die Flugzeugentführer festgenommen. Der Entführer, der den Piloten erschossen hat, wird wegen Mordes angeklagt und erhängt sich daraufhin noch in der U-Haft. Doch war es wirklich Mord? Das wird nie geklärt. In der Gerichtsverhandlung 1973 werden die neun anderen Entführerinnen und Entführer wegen Luftpiraterie zu Haftstrafen zwischen drei und sieben Jahren verurteilt.

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Laudatio: "Ein gelungenes Stück Journalismus"

In einer aufwendigen Recherche rekonstruiert Christian Stücken für "Kontrovers – Die Story", was damals an Bord passiert ist. Und zwar, wie Laudator und Journalist Peter Lange sagt: "In einem nüchternen zurückhaltenden Ton, der die Fakten für sich sprechen lässt, inhaltlich dicht und spannend."

Eine große Rolle in der Recherche spielt ein Dokument, das Zweifel aufkommen lässt, ob der Pilot damals wirklich ermordet wurde: Es handelt sich um einen zweiten, lange Zeit geheimen, Obduktionsbericht aus Tschechien. Der deutsche Obduktionsbericht geht von Mord aus, ein Schuss in den Hals aus kurzer Distanz. Der tschechische Obduktionsbericht dagegen legt nahe, dass sich der Schuss in Folge eines Handgemenges löste. Demnach wäre es allem Ermessen nach wohl kein Mord. Was ist also wirklich geschehen? Eine entscheidende Frage, die offenbleibt. Gerade darin sieht die Jury eine besondere Stärke des Films von Christian Stücken.

"Seine Geschichte hält einen in Atem und bleibt dabei immer gekonnt in der Balance. Sie berührt, aber überwältigt nicht. Es ist einfach ein sehr gelungenes Stück Journalismus." Peter Lange, ehemaliger ARD-Korrespondent Prag und Laudator

Qualitätsjournalismus für mehr gegenseitiges Verständnis

Insgesamt wurden beim deutsch-tschechischen Journalistenpreis in diesem Jahr in Bamberg neun deutsche und tschechische Autoren in den Kategorien Text, Audio und Multimedia ausgezeichnet. Der Preis wird vom deutsch-tschechischen Zukunftsfonds gemeinsam mit den Journalistenverbänden beider Länder verliehen. Seit sieben Jahren werden Journalistinnen und Journalisten gewürdigt, die über die gängige Berichterstattung hinaus Themen, Menschen und Geschichten aufspüren, die der Öffentlichkeit das Nachbarland und seine Bewohner näherbringen. Mit dem Sonderpreis "Milena Jesenská" werden zudem aktuelle Beiträge gewürdigt, die die Themen Zivilcourage, Verständigung und Toleranz behandeln.

"Im letzten Jahr wurden die tschechische und die deutsche Gesellschaft vor allem durch den Krieg in der Ukraine und seine vielfältigen Folgen erschüttert", so Petra Ernstberger und Tomáš Jelínek, die Direktoren des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. "Verantwortungsvoller Journalismus, der sich nicht mit einfachen Antworten zufriedengibt, ist unentbehrlich – ein Qualitätsjournalismus, der unvoreingenommen berichtet, einordnet, den Ursachen auf den Grund geht und so zum besseren Verständnis unterschiedlicher Positionen beiträgt."

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