Archivbild: Der geschlossene Sarg des 14.01.2005 ermordeten Modeschöpfers Rudolph Moshammer
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Kommt Moshammers Mörder im Januar frei?

Mindestens 18 Jahre soll Herish A., der Mörder des Modeschöpfers Rudolph Moshammer, im Gefängnis in Straubing bleiben. Diese Zeit ist im Januar abgelaufen. Der Iraker könnte danach abgeschoben werden. Doch das scheitert bislang an einer Sache.

Das Urteil lautete damals: lebenslänglich. Für Moshammers Mörder, Herish A., heißt das allerdings nicht, dass er sein Leben lang im Gefängnis bleiben muss. Rechtlich konnte er nach 15 Jahren jederzeit den Antrag stellen, auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen zu werden. Und der Iraker tat das auch.

Das Landgericht Regensburg entschied allerdings nach diesen 15 Jahren, dass er die sogenannte Mindestverbüßungsdauer von 18 Jahren abzusitzen hat. Die endet am 15. Januar 2023. Doch kommt er jetzt frei?

Moshammer mit Kabel erdrosselt

Der Iraker hatte im Januar 2005 Rudolph Moshammer ermordet. Das sah das Landgericht München als erwiesen an. Demnach ist er am späten Abend des 13. Januar 2005 in Moshammers Auto gestiegen und ins Haus des Modeschöpfers im Münchner Stadtteil Grünwald gefahren. Es kam zu sexuellen Handlungen – gegen Geld.

Bei der Gelegenheit hat Herish A. nach Überzeugung des Gerichts den 64-jährigen Moshammer mit einem Kabel erdrosselt - heimtückisch von hinten, aus Habgier und zur Ermöglichung eines Raubes. Einen 200-Euro-Schein soll der damals 25-jährige Herish A. dem Ermordeten mindestens gestohlen haben.

Heimtückischer Mord aus Habgier - Besondere Schwere der Schuld

Dafür sitzt der mittlerweile 43-jährige Iraker seit fast 18 Jahren in der JVA im niederbayerischen Straubing. Rechtlich könnte Herish A. ab dem 15. Januar 2023 in sein Heimatland Irak abgeschoben werden. Denn in Paragraph 456a, Absatz 1 der Strafprozessordnung heißt es: "Die Vollstreckungsbehörde kann von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes abgeschoben werden kann."

Wie der Rechtsanwalt des Irakers, Adam Ahmed, BR24 erklärte, stellte sein Mandant deshalb frühzeitig einen entsprechenden Antrag. Die Staatsanwaltschaft München I machte daraufhin Ende November 2022 den Weg für die Abschiebung in den Irak frei.

Abschiebung seit 2006 angedroht

Der heute 43-Jährige hatte nach seiner Flucht 2001 aus dem Irak eine befristete Aufenthaltsbefugnis (heute Aufenthaltserlaubnis) in Deutschland erhalten. Aufgrund der begangenen schwerwiegenden Straftat erließt die Landeshauptstadt München im September 2006 einen Ausreisebescheid und drohte Herish A. die Abschiebung an. Zu dem Zeitpunkt saß er bereits über eineinhalb Jahre im Gefängnis.

Mit der seitdem bestehenden Ausreisepflicht, dem erklärten Wunsch des Irakers, in seine Heimat zurückzukehren und dem Beschluss der Staatsanwaltschaft sind alle Voraussetzungen erfüllt, dass Herish A. ab dem 15. Januar 2023 direkt aus der Haft in der JVA Straubing in den Irak abgeschoben werden kann.

Identitätsnachweis des Moshammer-Mörders fehlt

Die praktische Umsetzung scheitert gegenwärtig aber nach Angaben des Landesamts für Asyl und Rückführung schlicht und einfach daran, dass der Verurteilte nicht im Besitz gültiger (Reise-)Dokumente ist und "ohne diese Dokumente kann keine Rückführung erfolgen."

Wie die zentrale Ausländerbehörde der Regierung von Oberbayern erklärt, beruhen die vorliegenden Personalien für Herish A. bisher nur auf dessen eigenen Angaben. Der Iraker habe weder im Rahmen des nach seiner Einreise im Jahr 2001 durchgeführten Asylverfahrens noch im Anschluss daran einen gültigen Pass oder Passersatz seines Herkunftslandes noch sonstige geeignete Nachweise für seine Identität vorgelegt.

Verteidiger des Gefangenen kritisiert Behörden

Rechtsanwalt Ahmed wirft im Gespräch mit BR24 den beteiligten Behörden Versäumnisse vor. Sein Mandant habe schon über eineinhalb Jahre kommuniziert, dass er nach der Haft abgeschoben werden möchte. Die zuständigen Behörden hätten genügend Zeit gehabt, das Verfahren vorzubereiten. Das sei "versemmelt" worden, so der Verteidiger.

Als "Farce" und einen "absoluten Irrsinn" bezeichnete Ahmed den Umstand, dass jetzt nach 18 Jahren Gefängnisstrafe plötzlich die Identität von Herish A. infrage gestellt werde. Das Landesamt für Asyl und Rückführung reagiert auf die Vorwürfe nüchtern: "Aus staatsrechtlicher Sicht ist bisher keine Klärung der Identität erfolgt, da diese nicht durch persönliche Kundgabe, sondern nur durch Anerkennung durch das Herkunftsland und die einhergehende Ausstellung von gültigen (Reise-)Dokumenten erfolgen kann."

Irakische Botschaft klärt Identität

Das Landesamt bemüht sich nach eigenen Angaben seit Juni 2022 über die zuständige Koordinierungsstelle des Bundes Passersatzpapiere für den gefangenen Iraker zu beschaffen. Im November gab es eine Sammelanhörung von Herish A. und 13 weiteren in Bayern inhaftierten Personen, deren Identität ebenfalls ungeklärt war, durch Botschaftsvertreter des Irak. Eine Verifizierung durch die zuständigen irakischen Behörden in Bagdad sei im Fall von Herish A. aber noch nicht getroffen worden. Die deutschen Behörden verfolgten die Beschaffung der erforderlichen Passersatzpapiere aber "mit allen möglichen Mitteln", so ein LfAR-Sprecher.

Alternativ zum Abschiebungsplan hat Anwalt Adam Ahmed - wie schon nach 15 Jahren Haftzeit - auch jetzt wieder einen Antrag auf Aussetzung der Haftstrafe zur Bewährung gestellt. Das Ziel: Herish A. kommt auch ohne Abschiebung frei. Über diesen Antrag hat das zuständige Landgericht Regensburg noch nicht entschieden.

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