Professorin Susanne Jochner-Oette baut mit ihren Mitarbeitern einen phänologischen Garten in Eichstätt auf.
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Professorin Susanne Jochner-Oette baut mit ihren Mitarbeitern einen phänologischen Garten in Eichstätt auf.

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Eichstätter Forscher untersuchen Einfluss von Klima auf Pflanzen

Die internationalen phänologischen Gärten sind ein europaweites Netzwerk. Das Ziel der Forschungsgemeinschaft: den Einfluss des Klimas auf Pflanzen und die Rolle des Klimawandels untersuchen. Die Koordination hat nun die Uni Eichstätt übernommen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Eine bereits gelb blühende Forsythie, Flieder und Holunder, dazu Birken, Fichten, Linden und Kiefern stehen in Töpfen bereit, um gepflanzt zu werden. Susanne Jochner-Oette, Inhaberin der Professur Physische Geographie / Landschaftsökologie und nachhaltige Ökosystementwicklung, baut mit ihren Mitarbeitern einen phänologischen Garten in Eichstätt auf. Noch läuft die Standortsuche: Wo genau werden die 23 Pflanzen rund um die Uni in Eichstätt angepflanzt: "Es soll dann parkähnlich werden und den Besuchern Informationen über die jeweiligen Pflanzen geben", erzählt Jochner-Oette.

Von der Mensa bis hin zur Zentralbibliothek sollen die einzelnen Pflanzen gepflanzt werden. Seit diesem Jahr hat Jochner-Oette die Koordination der internationalen Forschungsgemeinschaft übernommen. Zuvor lag diese bei der Humboldt-Universität in Berlin. Das Forschungsnetzwerk hat Mitglieder in ganz Europa - von Skandinavien bis Mazedonien. Dadurch deckt man viele klimatisch verschiedene Regionen ab. Gegründet wurde das Netzwerk bereits 1959. Der Forschungsschwerpunkt ist der Einfluss des Klimas auf die Pflanzen - eine große Rolle spielt dabei der Klimawandel.

Klonpflanzen in ganz Europa

Bei der phänologischen Beobachtung geht es darum, die unterschiedlichen Entwicklungsstadien zu erfassen. Dazu gehören Beginn der Blattentfaltung, Beginn der Blüte, Fruchtreife, Laubverfärbung und Blattfall. Ziel des Netzwerks ist es, die Einflüsse von Klima und Witterung auf die Entwicklung der Pflanzen zu erforschen. Dabei lassen sich auch die Einflüsse des Klimawandels feststellen. Um dabei die genetischen Eigenheiten der einzelnen Pflanzen auszuklammern, arbeiten die Forscher mit Klonpflanzen. Das heißt, alle Pflanzen stammen von einer Mutterpflanze ab und wurden vegetativ vermehrt, sodass jede Pflanze, die in einem phänologischen Garten des Netzwerks steht, die gleiche Genetik hat. "Dadurch lassen sich die klimatischen Einflüsse sehr gut beobachten", erklärt Jochner-Oette.

Die Mutterpflanzen stammen aus Grafrath (Lkr. Dachau) und werden von dort nach ganz Europa verschickt. Eichstätt baut seinen phänologischen Garten gerade erst auf. An anderen Orten gibt es sie schon länger als in Würzburg, Düsseldorf oder eben Grafrath. Europaweit sind die über 60 Gärten von Skandinavien bis Mazedonien verteilt. Überall tragen die Partner dann die Daten in eine Datenbank ein. Dadurch hat man bereits wichtige Erkenntnisse bekommen, wie dass sich die Frühjahrsphänologie nach vorne verlagert und die Vegetationsperiode länger wird.

Einflüsse des Klimawandels erfassen

Durch den Klimawandel können sich phänologische Stadien verschieben: Die Blütezeit beginnt früher und dauert länger. Das hat unter anderem Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Sie muss ihre Arbeit an veränderte klimatische Bedingungen anpassen. Das kann die Saat- und Erntetermine verschieben. Aber auch Einflüsse auf den Menschen sind zu erwarten: Früherer Blütenbeginn heißt auch früherer und längerer Pollenflug. Das hat dann Auswirkungen auf Allergiker und ihre Gesundheit.

Und auch die Tierwelt kann von einer Verschiebung der Phasen betroffen sein: "Wenn Insekten beispielsweise ihre Flugperioden nicht verändern, dann kann es sein, dass die Blütezeit der jeweiligen Pflanze schon vorbei ist. Dann finden die Insekten keine Nahrung mehr", erläutert Jochner-Oette. Auch bei Klimamodellen seien die phänologischen Phasen von enormer Bedeutung. Ohne den Beginn der Vegetation richtig zu erfassen, ließen sich keine Modellrechnungen erstellen, so Jochner-Oette, denn die blühenden Bäume und Sträucher entziehen der Luft CO₂. Wichtig sind die Erkenntnisse auch für die Forstwirtschaft. Denn wie der Wald der Zukunft in Bayern aussehen soll, ist noch nicht ganz klar.

Handlungsempfehlungen für Land- und Fortwirtschaft

Wie die Pflanzen mit höheren Temperaturen umgehen, ist vor allem für die Forstwirtschaft von hohem Interesse. "Wir laufen auf eine Entwicklung hin, die uns vor sehr große Herausforderungen stellt", sagt Peter Birkholz vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ingolstadt-Pfaffenhofen. Vor allem die extremen Temperaturen bereiten der Forstwirtschaft Sorgen: "Wenn extreme Dürre aufschlägt, ist die Frage, welche Baumart hält das denn noch aus.“, so Birkholz. Klar ist für ihn, dass es eine Mischung geben muss. Das haben die schlechten Erfahrungen mit der Esche und dem Eschentriebsterben gezeigt: "Ein Schädling, und schon ist eine Baumart völlig aus dem Rennen. Das darf uns nicht mehr passieren", meint Birkholz. Die Forschung sei wichtig, denn noch seien viele Fragen offen. Die Untersuchungen von Jochner-Oette und ihrem Team sollen hier helfen. Sie geben Auskunft, wie Bäume mit dem Klimawandel umgehen. Das sei die größte Herausforderung in Land- und Forstwirtschaft, heißt es aus dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Dort hat man große Hoffnung in Forschungsprojekte wie die internationalen phänologischen Gärten. Denn, so heißt es aus dem Ministerium, man rechne mit ausgeprägteren Trockenphasen, gleichzeitig aber auch mit Starkniederschlägen und Unwettern. Aber auch mit Winterfrost muss man weiterhin rechnen - Faktoren, die sich stark auswirken.

Eine Handlungsempfehlung für den Wald der Zukunft gibt es vonseiten des Ministeriums: Potenzial von bewährten heimischen Pflanzen ausschöpfen, seltenere Arten stärken und alternativ nicht heimische Baumarten wie Douglasie oder Roteiche ergänzend einsetzen. Dennoch: Die Forschung sei ein zentrales Element, um Lösungen zu entwickeln, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen und diese abzumildern. Die internationalen phänologischen Gärten, wie der in Eichstätt, liefern dabei wichtige Erkenntnisse zu Reaktion und Widerstandsfähigkeit der Pflanzen im Zuge des Klimawandels - so das Ministerium. Daraus ließen sich nicht nur Rückschlüsse zur Pflanzung im Wald gewinnen, sondern auch, welche Bäume sich in Städten oder Gärten anbieten.

Die ersten Beobachtungen im Garten in Eichstätt können etwa in einem Jahr gemacht werden. Besucher können sich den Garten ab sofort anschauen.

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