Ein Aktivist der Letzten Generation klebt sich die Hand mit Sekundenkleber auf der Straße fest.
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Ein Aktivist der Letzten Generation klebt sich die Hand mit Sekundenkleber auf der Straße fest.

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Klimaprotest: Wie tickt die "Letzte Generation" in Bayern?

Stören, "Opferbereitschaft zeigen" und die Proteste intensivieren, vor allem in Bayern: Das ist die aktuelle Strategie der "Letzten Generation". "Kontrovers – die Story" hat Aktivisten getroffen, die trotz wachsendem staatlichen Druck weitermachen.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

"Nur wenn die Leute wirklich bereit sind, das eigene Leben zu riskieren, dann macht es Sinn", erklärt Wolfgang Metzeler-Kick seinen Aktivismus für die "Letzte Generation". Seit der ersten Straßenblockade in Berlin ist er mit dabei. Und seitdem bei über 70 Aktionen der Gruppe, wie er sagt.

Doch er klebt nicht nur. Im April vergangenen Jahres hat er versucht, eine der wichtigsten Ölpipelines Bayerns zu sabotieren. Dafür ist er wegen Störung öffentlicher Betriebe, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung angeklagt. Und es laufen Ermittlungen wegen des Bildens einer kriminellen Vereinigung gegen ihn. "Kontrovers - die Story" hat ihn getroffen - vor dem Bekanntwerden der Ermittlungen sowie nach der bundesweiten Razzia gegen die Klimaaktivisten.

Im Video: Inside Klimaprotest - Wie tickt die "Letzte Generation"? "Kontrovers - Die Story"

Aktivisten wollen stören und "Opferbereitschaft" demonstrieren

Wolfgang Metzeler-Kick hat viel für seinen Aktivismus aufgegeben. Job, Ansehen und Geld. Das hat er getan, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen - und weil auch das Teil der Strategie der Gruppe ist. "Neben der Störung ist die Opferbereitschaft ein wichtiges Mittel, um Veränderungen zu erreichen", erklärt auch Simon Lachner, ein Mitaktivist von Wolfgang Metzeler-Kick aus Regensburg. "Die Theorie ist, dass Leute sich dadurch berührt fühlen, weil sie sehen, okay, die Person nimmt sogar hohe Geldstrafen oder Gefängnisstrafen in Kauf. Das muss ja wirklich ein wichtiges Thema sein, das die Personen da bewegt. Und dann setzt man sich vielleicht mehr damit auseinander", so der 25-Jährige.

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Simon Lachner vor Gericht, mit seinem Rechtsanwalt Milan Martìn (Archivbild)

Gerichtsverfahren als neue Aktionsplattform der Gruppe

Simon Lachner war nach eigenen Angaben schon bei etwa 45 Aktionen der "Letzen Generation" dabei. Unter anderem hat er sich bei einem Fußballspiel an einen Torpfosten gebunden und an einen Gemälderahmen in der Alten Pinakothek München geklebt. Für den Gerichtsprozess zum Fall im Museum hat ihn "Kontrovers - Die Story" begleitet. Denn die Aktivisten sehen nicht nur die Straße, sondern auch die Gerichte als neue Aktionsplattform, um auf die Klimakrise hinzuweisen. Um die Aufmerksamkeit hochzuhalten, ändern sie auch teils ihre Strategie. "Wir wollen ganz intensiv Protest üben und schauen, wie der Staat auf uns reagiert", meint Lachner.

Immer intensivere Proteste: "100 für Bayern"

Die Aktivisten haben dementsprechend angekündigt, ihre Proteste immer weiter zu intensivieren. Vor allem in Bayern, da sie dort am meisten Gegenwind erwarten. Hier wollen sie ab 14. August mit möglichst 100 Personen 30 Tage lang in verschiedenen Regionen weiter Straßen blockieren - um eine Dilemma-Situation für die Behörden zu provozieren, wie sie erklären. Entweder: viele Gefängnisaufenthalte als Präventivmaßnahme oder 30 Tage lang Straßenblockaden. Simon Lachner und Wolfgang Metzeler-Kick wollen zwei von den potentiell 100 Aktivistinnen und Aktivisten sein.

Weitere Konfrontation oder Dialog zwischen Staat und Aktivisten?

Der Radikalisierungsexperte und Psychologe Herbert Scheithauer hofft trotz allem, dass gesellschaftliche Entscheidungsträger überlegen, ob sie nicht einen Schritt auf die "Letzte Generation" zugehen, um mehr Dialog zu ermöglichen. "Und dass bei der 'Letzten Generation' im Hintergrund, vielleicht in den Familien stärker der Dialog geführt wird", so der Psychologe. Mit dem Ziel, dass gemäßigter und mit anderen Methoden vorgegangen werde. Er befürchtet jedoch, dass von beiden Seiten eher der konfrontative Weg gewählt werde. Von Seiten der Aktivisten jedenfalls klingt das genau so.

Neben der "Letzten Generation" gibt es auch weniger prominente Klima-Aktivisten. Im Podcast erzählen sie ausführlich, wieso sie die Radikalisierung ihrer Proteste für unabdingbar halten und wie sie mit dem zunehmenden Druck des Rechtsstaates umgehen.

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