Ein Mann versucht rote, grüne und gelbe Papierknöllchen mit Messer und Gabel spiegelverkehrt anzuordnen.
Bildrechte: Fachstelle für Demenz und Pflege Bayern

Spiegelverkehrt das Mittagessen meistern. Für die Besucher eine Aufgabe, um Menschen mit Demenzerkrankungen besser zu verstehen.

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In Ernas Welt: Mehr Empathie für Menschen mit Demenz

Demenz ist für viele Angehörige, aber auch für Betroffene schwer greifbar. Wie fühlt es sich an, an der Krankheit zu leiden? Und wie begegnet man Demenzkranken in der Familie und in der Pflege? Ein Demenzparcours in Traunstein soll dabei helfen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

In der Rolle der dementen Erna Müller zeigt der Parcours mit 13 Stationen, wie anstrengend es ist, ganz normale Alltagsaufgaben zu erledigen. Vom Anziehen, wobei man einen Kittel mit Gartenhandschuhen zuknöpfen muss, verwirrenden Gedächtnisaufgaben beim Einkaufen oder Aufräumen bis zum Abendessen, das durch den Blick in den Spiegel gemeistert werden muss. Dabei wird auch die sogenannte Apraxie simuliert. Die Störung verhindert, einfache Bewegungsabläufe aus dem Gedächtnis abzurufen.

Schlüsselkompetenz: Einfühlungsvermögen

Die interaktive Ausstellung ist noch bis 2. Juli im Forum Chiemgau am Traunsteiner Stadtplatz zu sehen. Der Parcours soll Empathie für die Gefühlswelt von Menschen mit Demenzerkrankungen fördern und dadurch die Verständigung erleichtern.

Mit der Vergangenheit verbinden

Der Seniorenbeauftragte des Landkreises Werner Fertl leitet abwechselnd mit anderen Kolleginnen und Kollegen durch die Ausstellung. Im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen kommt es seiner Erfahrung nach vor allem auch auf positive Gefühle an. "Man sollte sich in die Vergangenheit des Menschen begeben und sich fragen, wie ist sein Leben verlaufen, mit welchen Menschen oder in welchen Situationen hat er Freude gehabt“, sagt Fertl. Man solle deshalb diese Situationen ansprechen. "So kann der Erkrankte in die Gefühlswelt eintauchen, mit der er am meisten verbunden ist.“

Beratung für Angehörige Demenzerkrankter im Landkreis

Nicht immer gelingt es im Alltag mit einer demenzkranken Person emphatisch und geduldig zu bleiben. Um auch die Angehörigen besser zu unterstützen, gibt es seit vergangenem Jahr einen zentralen Pflegestützpunkt am Landratsamt. Dort können sich Angehörige zu Pflegestufen, Wohnsituationen, Tagespflegen, Alltagsbegleitern und psychologischen Hilfsangeboten beraten lassen. Werner Fertl legt darüber hinaus Angehörigen besonders die Alzheimergesellschaft Südostbayern mit ihren umfassenden Beratungsangeboten ans Herz.

Zahl der Menschen mit Demenz stark im Anstieg

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft schätzt derzeit die Zahl der Menschen mit Demenzerkrankungen in Deutschland auf 1,7 Millionen. Infolge der alternden Gesellschaft kommt es zu deutlich mehr Neuerkrankungen als zu Sterbefällen unter den Demenzkranken. Deshalb nimmt die Zahl der Demenzerkrankten kontinuierlich zu.

Demenz ist oft noch Tabuthema

Obwohl so viele Menschen von Demenz betroffen sind, beobachtet der Seniorenbeauftragte Werner Fertl, dass die Krankheit stark schambehaftet ist. Viele Betroffene haben Angst vor dem Gesichtsverlust und nehmen Hilfe erst spät oder gar nicht an. Oft sind es die Angehörige, die zuerst Hilfe suchen.

Landkreis Traunstein besonders betroffen

Im Landkreis Traunstein wird das gesellschaftliche Randthema allein durch die Altersentwicklung zunehmend in den Fokus rücken. Gemessen an den Über-65-Jährigen ist der Landkreis aktuell der viertälteste in Oberbayern. Mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft werden Angehörige künftig mehr und mehr mit der Pflege von Demenzkranken konfrontiert.

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