03.11.21: Horst Seehofer, Bundesinnenminister, aufgenommen vor Beginn einer Kabinettsitzung in Berlin.
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Zwischen absoluter Mehrheit und "Crazy Horst": Seehofer hört auf

50 Jahre lang war Horst Seehofer politisch aktiv. Er war mehrfach Bundesminister und zehn Jahre bayerischer Ministerpräsident. Jetzt geht er in Rente. Ein Rückblick auf ein politisches Leben zwischen Ingolstadt und Bonn, Berlin und München.

Was wird von Horst Seehofers jahrzehntelanger politischer Karriere bleiben? Vielleicht, dass er der letzte Ministerpräsident gewesen sein könnte, der in Bayern allein regiert hat. Es dürfte der größte politische Erfolg Seehofers sein: die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl 2013 nach fünf Jahren Koalitionsregierung mit der FDP - errungen damals mit einem Wahlergebnis von 47,7 Prozent. In der Zeit seiner Alleinregierung im Freistaat sprach Seehofer oft von seiner "Koalition mit dem Volk". Die Opposition verspottete Seehofer dagegen als "Drehhofer", der seine Meinung oft ändere.

Seehofers Verhältnis zur CSU-Landtagsfraktion war immer mal wieder angespannt. "Pyjama-Strategen" nannte er interne Kritiker und klagte über zu viel "Quatschi, quatschi" in den eigenen Reihen. Im Rückblick räumt Seehofer ein, er sei kein einfacher Partner gewesen für seine Partei. Am Schluss seiner Karriere empfinde er Dankbarkeit, Demut und Wehmut. Tatsächlich war Horst Seehofer für Überraschungen gut. "Crazy Horst" wurde er auch genannt, weil er schwer kalkulierbar war.

Seehofers Stationen: Ingolstadt, Bonn, Berlin, München

Seehofer war ab 1980 Bundestagsabgeordneter, von 1992 bis 1998 Bundesgesundheitsminister und von 2005 bis 2008 Bundeslandwirtschaftsminister. Dass er überhaupt in die bayerische Politik wechselte, verdankte er dem Scheitern der Doppelspitze um Erwin Huber (CSU-Chef) und Günther Beckstein (Ministerpräsident). Nach dem Sturz Stoibers erlitt die CSU unter Huber und Beckstein eine Klatsche bei der Landtagswahl 2008 - das Duo konnte sich nicht mehr halten. Seehofer wurde erst Parteichef und dann auch Ministerpräsident.

Horst Seehofer
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Horst Seehofer

Aus Kronprinz Söder wird Seehofer-Nachfolger

In den ersten Jahren als Ministerpräsident bestimmte unter anderen die "Kronprinzenfrage" Seehofers Jahre in Bayern. Ihm schien es zu gefallen, dass sich Markus Söder, Ilse Aigner und vorübergehend auch Karl-Theodor zu Guttenberg als Nachfolger in Stellung brachten.

Von diesem Wettkampf blieb nur Söder übrig: Ihm unterlag Seehofer in einem erbittert geführten Machtkampf nach der Bundestagswahl 2017, bei der die CSU auf 38,8 Prozent der Zweitstimmen kam. "Die Diskussion, die dann eingesetzt hat, die kennen Sie, auch mit einer ganz erheblichen Demontage meiner Person", sagt Seehofer im Rückblick.

69 abgeschobene Afghanen am 69.Geburtstag

Eine "Demontage", die ihn am Ende seiner Karriere in Bundesinnenministerium nach Berlin führte - ergänzt um die Ressorts Heimat und Bauen. Hier machte Seehofer nicht immer eine glückliche Figur. Etwa als er bei einer Pressekonferenz an seinem 69. Geburtstag sagte: "An meinem 69. Geburtstag sind 69, das war von mir nicht so bestellt, Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war." Ein Satz, der scherzhaft gemeint war, von vielen aber als menschenverachtend aufgefasst wurde.

Dieser Satz passte ins Bild des Horst Seehofer, das viele ab 2015 von ihm hatten. In der Flüchtlingskrise stellte er sich gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), pochte auf einer Obergrenze für Flüchtlinge. Auf dem CSU-Parteitag entstand ein Bild, das womöglich auch bleiben wird von dieser politischen Karriere: Nach Merkels Rede ging Seehofer zum Rednerpult und argumentierte für seine Sicht der Dinge. Er endete mit diesem Satz: "Der Horst Seehofer und Angela Merkel, oder Angela Merkel, Entschuldigung und Horst Seehofer haben noch immer für alles eine Lösung gefunden. Wenn das dein Motto in den nächsten Wochen ist, dann bist du wieder herzlich eingeladen."

Seehofer und Merkel - kein leichtes Verhältnis

Während Seehofers Rede stand die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende schweigend, mit steinerner Miene neben Seehofer. Er habe Merkel gedemütigt, so der Vorwurf. Seehofer selbst bereut diese Szene bis heute nicht. Er habe Merkel weder abgekanzelt noch gedemütigt. Es sei damals seine Aufgabe als CSU-Chef gewesen, die Position seiner Partei deutlich zu machen. Er habe Merkel auch nicht gesehen, da sie hinter ihm stand. Seehofer sagt im Rückblick aber auch: "Die Bilder, die es da gab, die werde ich mit besten Argumenten nicht aus dem Weg räumen können."

Angela Merkel jedenfalls wird Seehofer weiter begleiten, mindestens als Figur in seiner Modelleisenbahn. Denn diesem Hobby wird sich der Politrentner künftig intensiv widmen können.

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