Großer Andrang bei der Bürgerversammlung
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Die geplante Flüchtlingsunterkunft im oberbayerischen Warngau sorgt für heftige Diskussionen.

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Holzkirchen: Viele Fragen zu Flüchtlingsunterkunft

Die geplante Flüchtlingsunterkunft für rund 500 Menschen in Warngau sorgt auch im benachbarten Holzkirchen für Aufregung. In einer Bürgerversammlung stellten viele Einheimische kritische Fragen - doch es war ein sachlicher Austausch ohne böse Worte.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Das Gewerbegebiet gehört zwar zur Gemeinde Warngau, liegt aber näher an Holzkirchen. Die Flüchtlinge, die von drei Turnhallen im Landkreis Miesbach in dieses Container-Dorf verlegt werden sollen, werden sich deswegen bei Einkäufen und Beschäftigungen aller Art Richtung Holzkirchen orientieren, da ist sich auch der Bürgermeister der Marktgemeinde sicher. Christoph Schmid, CSU, war klar, dass er an diesem Abend viele Fragen zu der Flüchtlingsunterkunft beantworten muss.

Großes Interesse an Bürgerversammlung

Die Bürgerversammlung in Holzkirchen verläuft aber völlig anders als die vor einem Monat in Warngau, wo es aus einer Menge von fast 1.000 Menschen scharfe Kritik an Landrat Olaf von Löwis gab und lange, emotionale Erklärungen in spontanen Redeauftritten. Bürgermeister Christoph Schmid führt straff und geordnet durch die Versammlung. Der Saal des Oberbräu-Wirtshauses ist voll, etwa 400 Menschen haben hier Platz gefunden. Vor dem Eingang haben sich etwa gut 100 Personen versammelt, die die Redebeiträge über Lautsprecher mithören können. Sie alle müssen fast zwei Stunden warten, bis die geplante Unterkunft zur Sprache kommt.

Sachlicher und ruhiger Diskurs

Es handelt sich um eine von vier jährlichen, regulären Bürgerversammlungen. Zunächst geht es um Themen wie die Gestaltung der Innenstadt, Beleuchtungen und Poller auf Radwegen und Car-Sharing von Elektroautos. Über Anträge von Holzkirchner Bürgern wird abgestimmt, sie müssen bei Annahme im Gemeinderat behandelt werden. Über die Asylunterkunft in Warngau kann hier nicht entschieden werden, deswegen wird das Thema unter "Anfragen" abgehandelt. Die vorher schriftlich eingereichten Anfragen werden verlesen, der Bürgermeister gibt vorbereitete Antworten. Das alles geschieht sachlich und konzentriert, auch wenn viele Fragen offenbar in empörter Gefühlslage formuliert wurden, reagiert Schmid ohne jede Wertung und trägt seinen Kenntnisstand vor.

Polizei: Sicherheit aller ist gewährleistet

Ein Großteil der Anfragen kreisen um das Thema Sicherheit. Beispiele: "Wie steht es um die Sicherheit von Schulkindern und Frauen, wo doch überwiegend junge Männer aus ganz anderen Kulturkreisen kommen?" - "Wie können Übergriffe auf Frauen vermieden werden?" – "Werden ausreichend Sicherheitskräfte präsent sein?" – "Wird die Polizei aufgestockt?" Als Antwort verliest der Bürgermeister eine Erklärung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, in der zunächst Verständnis geäußert wird, wenn bei manchen Bürgern das "empfundene Sicherheitsgefühl beeinträchtigt" sei. Allerdings, so die Polizei, objektiv gebe es dafür keinen Grund, die Sicherheit aller Menschen sei gewährleistet, personell sei man angemessen gerüstet.

Viele Kosten trägt der Freistaat

Es gibt Forderungen nach einem Bürgerentscheid über Flüchtlingsunterkünfte. Das sei rechtlich nicht möglich, so Schmid. Werden unsere Arztpraxen überlaufen von den Neuankömmlingen, fragt eine Holzkirchnerin. Es gebe Überlegungen, Sprechstunden von Ärzten direkt in der geplanten Unterkunft zu organisieren, antwortet der Bürgermeister. Auf eine ganze Reihe von Fragen zu den Kosten kommt immer wieder der Hinweis, dass die Kommune da aus dem Schneider sei, die Kosten trage der Freistaat.

Ausreichend Platz an Schulen für Flüchtlingskinder

Manche bezweifeln die Möglichkeit, so viele Menschen angemessen zu integrieren. Schmid nennt Beispiele, wo das gut funktioniert und fügt hinzu: "Bitte sehen Sie auch das Gute im Menschen!" Und er lädt alle ein, Helferkreisen beizutreten. Die Integration von Migranten sei "unser aller Aufgabe". Wie schaut es mit Kindergartenplätzen und Schulbesuch aus, wollen manche wissen. Kein einheimisches Kind wird vernachlässigt, versichert Schmid. Kinderbetreuung könne auch direkt im Container-Dorf erfolgen, und an den Schulen sei Platz, um ein paar Dutzend Kinder aufzunehmen, das hätten ihm die Schulleiter versichert.

Bürgermeister ist stolz auf seine Bürger

So zieht sich die Versammlung bis weit in die Nacht dahin, ohne Zwischenrufe, böse Worte, Aufregung. Danach sagt Christoph Schmid dem BR-Studio Rosenheim, er nehme die Bedenken seiner Bürger ernst, es sei ihm wichtig gewesen, alle auch zur Sprache zu bringen. Insgesamt sei er stolz auf die Holzkirchner, sie hätten an diesem Abend gezeigt, wie Demokratie gelebt werden kann.

Zum Video: Bürgerversammlung Holzkirchen – Diskussion um Unterkunft für Geflüchtete

Ein geplantes Container-Dorf für etwa 500 geflüchtete Menschen im Gewerbegebiet von Warngau beschäftigt auch viele Einwohner im benachbarten Holzkirchen: Bei einer Bürgerversammlung gab es viele kritische Fragen.
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Ein geplantes Container-Dorf für etwa 500 geflüchtete Menschen in Warngau beschäftigt auch viele Einwohner im benachbarten Holzkirchen.

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