Seit Jahrzehnten verfällt Gut Öttershausen bei Gaibach (Lkr. Kitzingen) und soll jetzt gerettet werden.
Bildrechte: Jürgen Gläser/BR

Seit Jahrzehnten verfällt Gut Öttershausen bei Gaibach (Lkr. Kitzingen) und soll jetzt gerettet werden.

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Historisches Gemäuer: Ist Gut Öttershausen noch zu retten?

Seit gut 40 Jahren ist der Gutshof Öttershausen in Unterfranken dem Verfall preisgegeben. Jetzt hat sich eine Interessengemeinschaft gebildet, um das historische Gemäuer noch zu retten. Der Eigentümer hat das Gebäude-Ensemble längst aufgegeben.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Der Gutshof Öttershausen liegt weithin sichtbar auf einer Anhöhe bei Gaibach im Landkreis Kitzingen. Die Bevölkerung vor Ort verfolgt seit gut 40 Jahren den Verfall des Gutshofes. Der Eigentümer, Paul Graf von Schönborn, nutzt das dreiteilige Anwesen schon seit 1980 nicht mehr. Viel Geld, um den völligen Verfall zu verhindern, will und kann er nicht investieren. Die öffentliche Hand müsste finanziell einspringen. Doch auch dem Staat fehlt dafür das Geld. Ein Verein, die Interessengemeinschaft Gutshof Öttershausen, versucht jetzt, das Baudenkmal zu retten.

Bauwerk von Baumeister Balthasar Neumann

Der Gutshof wurde in der Echterzeit um 1586 als Schlösschen mit einem Wohntrakt errichtet. Teile davon stehen noch heute, unter anderem eine Wendeltreppe mit Steinstufen. Von 1741 bis 1747 hat dann der große Baumeister des Barock, Balthasar Neumann, Öttershausen umgebaut und erweitert zu einem Getreidelager mit vier Etagen. Was aber erst jetzt zum Vorschein kommt: Balthasar Neumann hat schon damals Eisenträger in die Decken eingebaut, wie eine Vorstufe der heutigen Stahlbetondecke.

Reinhard Mast, der erste Vorsitzende der Interessengemeinschaft (IG) Gutshof Öttershausen ist fasziniert von Balthasar Neumanns Baukunst: "Er hat ein Getreideschloss geschaffen, eine Verbindung zwischen Zweckbau und Repräsentationsbau. Und zwar mit einem einzigartigen Treppenhaus, mit Durchblick auf die Getreideböden, mit durchgehenden Gewölben in drei Stockwerken, die unglaublich stabil ausgestattet sind!" Die Eisenanker, die im 19. Jahrhundert in allen drei Gebäudeteilen eingezogen wurden, wären aus heutiger Sicht gar nicht nötig gewesen.

Lost Place und Party-Location

Doch der Gutshof Öttershausen ist in den vergangenen fünf Jahrzehnten Stück für Stück verfallen. Die Dächer samt Dachstuhl sind stellenweise eingestürzt, Bäume wachsen heute aus dem Dach. Öttershausen wurde im Internet zu einem Geheimtipp für Lost Places. Immer wieder sind tagsüber und auch nachts Leute in den Gutshof eingedrungen, Partys wurden dort gefeiert, Videofilme gedreht. Spuren davon finden sich heute im Inneren überall. Graffitis an den Wänden, Bierdosen und Feuerwehrskörper am Boden.

Als sich die Interessengemeinschaft Gutshof Öttershausen vor zwei Jahren gegründet hat, war die Sicherung des Gebäudes eine der ersten Handlungen dieses Vereins. Alle Zugänge und tief liegenden Fenster wurden zugemauert, Kellerabgänge wurden mit massiven Gittern versperrt. An den Fassaden hängen nun "Betreten verboten"-Schilder mit dem Hinweis auf Einsturzgefahr.

Kommender Winter könnte schon zu viel sein

Die IG Gutshof Öttershausen will nun retten, was noch zu retten ist. Der zweite Vorsitzende, Andreas Steigerwald, ist Architekt. Er sorgt sich um die Bausubstanz. Das größte Problem sei das Wasser, alle Dachflächen hätten Schäden. "Es ist nicht 5 vor 12, es ist schon darüber hinaus. Keiner kann garantieren, dass das Gebäude im Winter noch stehen bleibt", so Steigerwald. "Wenn weiter Regen eintritt mit Frost, kann es sein, dass die Gewölbe im Inneren irreparabel Schaden nehmen und dann ist das Gebäude nicht mehr zu retten."

Eine Notsicherung aller drei Gebäudeteile würde 700.000 Euro kosten. Der Eigentümer, Paul Graf von Schönborn, kann und will diese Summe nicht aufbringen, auch weil er vom Gutshof keinen Nutzen hätte. Damit bleibt nur noch die öffentliche Hand als Geldgeber für die Notsicherung.

Auch Bund hat kein Geld für Öttershausen

Die Interessengemeinschaft Gutshof Öttershausen hat sich dieses Jahr intensiv bemüht, die 700.000 Euro aufzutreiben. Von verschiedenen bayerischen Stellen gibt es Förderzusagen, allerdings nur dann, wenn auch der Bund die 700.000 Euro kofinanziert. Doch Mitte Juli kam die Absage aus Berlin. Das Staatsministerium für Kultur und Medien von Claudia Roth bezeichnet Öttershausen zwar als Denkmal von nationaler Bedeutung. Aus Mangel an Haushaltsmitteln könne jedoch keine Förderung gewährt werden, heißt es im Ablehnungsbescheid.

Schloss Mainberg im Landkreis Schweinfurt hatte noch vor einigen Jahren vom Freistaat Bayern 900.000 Euro aus einem sogenannten Entschädigungsfonds erhalten, um dringend notwendige Notsicherungsmaßnahmen durchführen zu können.

Die IG Gutshof Öttershausen will sich 2024 erneut um Fördergelder bemühen. Langfristiges Ziel des Vereins ist es, aus dem Gutshof ein Informations- und Tagungszentrum zu machen, in dem das Arbeiten und Wirken des Barock-Baumeisters Balthasar Neumann für ganz Franken gewürdigt wird. Die Würzburger Residenz ist sein berühmtestes Bauwerk. Aber neben dem Gutshof Öttershausen hat Neumann auch im benachbarten Gaibach die Kirche gebaut.

Bildrechte: Jürgen Gläser BR
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Innenansicht vom Gut Öttershausen nahe Gaibach (Lkr. Kitzingen)

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.