Bedienung in einem Café
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Gastro-Mitarbeiter dringend gesucht – doch deren Lage ist prekär

Der Umsatz nähert sich langsam dem Vor-Corona-Niveau an. Das Geld kommt zurück ins Gastgewerbe, nur die Mitarbeiter nicht. Sie sind weiterhin schlecht bezahlt. Gewerkschaften fordern bessere Arbeitsbedingungen. Doch die Branche tut sich schwer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Zum Glück lief das Geschäft vor Corona sehr gut, sagt Christian Blüml, Wirt des "Historischen Armen Spitals" in Donaustauf. So hatte seine Wirtschaft ein Polster für die Pandemie: Man habe das Geld "dann wieder in die Leute investiert". Blüml stockte das Kurzarbeitergeld für seine Mitarbeiter auf den vollen Lohn auf. Klar, aus Verantwortung für die Belegschaft, aber eben auch aus wirtschaftlichen Überlegungen: "Weil, wir haben alle damit gerechnet, dass es nach Corona weitergeht und dann braucht man halt auch Personal." Ein Kraftakt, aber auch "eine sehr gute Investition", findet Blüml. Nun läuft der Laden wieder.

Viele haben dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt

Andernorts sind die Mitarbeiter gegangen. Das Gastgewerbe, zu dem neben den Mitarbeitern der Gastronomie in Restaurants, Bars, Kneipen auch Catering- und Hotelangestellte zählen, hat in der Corona-Zeit 330.000 Mitarbeiter verloren. Ein Viertel der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten kehrte der Branche ganz den Rücken und arbeiten jetzt vor allem im Einzelhandel oder in Logistikberufen. Zwar stieg die Zahl der Mitarbeiter wieder, vergangenes Jahr waren aber immer noch 100.000 Beschäftigte weniger im Gastgewerbe tätig als vor der Pandemie.

Überstunden und Zeitdruck machen Branche unattraktiv

Woran das liegt, ist aus Sicht von Guido Zeitler, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), klar: Es fehle der Branche an Attraktivität. Die Probleme seien altbekannt und hätten "Tradition". Regelmäßige Überstunden, ständiger Zeitdruck und enorme Anforderungen an die Flexibilität. Eine NGG-Umfrage unter 4.000 Beschäftigten zeigte, dass nicht die Spätschicht am Wochenende das Problem ist, sondern erst einen Tag vorher zu erfahren, dass man sie übernehmen soll. Das schlauche die Beschäftigten.

Personalprobleme lösen derzeit Minijobber

Hinzu kommt die schlechte Bezahlung. Das Gastgewerbe war schon immer eine Branche mit großem Niedriglohnbereich. Doch der Anteil hat sich seit der Pandemie laut einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie der NGG und der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung vergrößert. Darin heißt es, dass lediglich rund 36 Prozent der Neueinstellungen sozialversicherungspflichtig seien. Bei den übrigen rund zwei Dritteln handele es sich um Minijobber. Im Bereich Gastronomie ist ihr Anteil mit 75 Prozent besonders hoch. Das hat zwar auch schon Tradition, vor der Pandemie sei der Trend jedoch in eine andere Richtung gegangen, sagt Studien-Co-Autorin Katrin Schmid. "Nun hat er sich erneut umgekehrt."

Verdienst in Bayern noch am höchsten

Der Durchschnittsverdienst im Gastgewerbe in Bayern liegt laut NGG-Tarifverträgen mit 2.622 Euro brutto noch am höchsten. Am geringsten ist der Lohn demnach in Mecklenburg-Vorpommern (2.076 Euro). "Was sagt das für eine Branche aus, dass der überwiegende Teil so nah am Mindestlohn arbeitet?", fragt Gewerkschafter Zeitler. "Da braucht man sich nicht wundern, wenn junge Leute heute sagen: Ich gehe woanders hin." Die NGG fordert daher 3.000 Euro brutto Monatslohn für ausgebildetes Personal.

Dehoga: Weiter angespannte Lage

Dabei hat sich der Umsatz laut Studie wieder erholt. Er erreichte zwar noch nicht das Vorkrisenniveau (rund 104 Mrd. Euro/2019), aber legte 2022 um 56 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu (rund 98 Mrd. Euro/2022). Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) verweist trotzdem auf die weiter angespannte Lage durch Inflation und Energiekosten. Dehoga Bayern Chef, Thomas Geppert, sieht aber auch, dass etwas passieren muss, um die Personalprobleme in den Griff zu kriegen. Geld allein reiche nicht aus, auch mehr Planbarkeit: "Deshalb ist es wichtig, dass wir umstellen auf die gesetzliche Wochenarbeitszeit – weg von der Tageshöchstarbeitszeit aus dem letzten Jahrhundert." So könne die Branche gerade auch für junge Menschen wieder attraktiver werden.

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