Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am 15.11.21
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Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am 15.11.21

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Füracker: "Wir brauchen keine Problem-Totschweiger"

Höhere Steuereinnahmen, aber über allem schwebt Corona: Im BR24-Interview spricht Finanzminister Füracker über Bayerns Geldtöpfe und die Schwarze Null, den Spitzenposten bei der Bundesbank, die CSU-Lage - und einen möglichen Finanzminister Habeck.

BR24: Vor der Corona-Krise haben Sie mal gesagt, ein Finanzminister, der einen Freund suche, müsse sich einen Hund anschaffen. Jetzt sind die fetten Jahre lange vorbei. Ist wenigstens der Hund noch da?

Füracker: (lacht) Ich habe mir keinen Hund angeschafft. Meine besten Freunde sind die bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Auf die kann ich mich verlassen, und ihnen bin ich dankbar.

Laut Steuerschätzung nimmt Bayern kommendes Jahr 1,9 Milliarden Euro mehr ein. Warum machen Sie trotzdem Schulden?

Bedauerlicherweise stehen mir die Mehreinnahmen ja nicht zur Verfügung. Denn laut Steuerschätzung im Mai hätten wir 2022 1,6 Milliarden Euro Schulden für Steuerausfälle machen müssen. Das muss ich nun aber nicht, weil wir nach neuer Schätzung 1,9 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen. Das heißt, es bleiben theoretisch nur 300 Millionen Euro übrig. Sofern die Steuerschätzung des Bundes stimmt! Die basiert auf einem Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent. Alle Prognosen sind pandemiebedingt nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet.

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Sie wollen kommendes Jahr 700 Millionen Euro einsparen. Welcher Minister muss zittern?

Wir haben vereinbart, dass jedes Ressort etwas beiträgt. Am meisten das Finanz- und Heimatministerium.

Digitalministerin Gerlach muss auch sparen? Ihr Ressort ist doch ein Schwerpunkt im kommenden Jahr.

Ja, aber es wird dann dort prozentual viel weniger Sparbeitrag sein.

Sie dürfen kommendes Jahr bis zu 5,9 Milliarden Euro neue Schulden machen. Wann wollen Sie die Schwarze Null wieder erreichen?

Wichtig ist, wir halten die Schuldenbremse ein, auch jetzt. Wir machen nur Gebrauch vom Ausnahmetatbestand, wonach wir zur Bewältigung von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen – wie die Corona-Pandemie – Kredite aufnehmen dürfen. Je nachdem, wie lange wir noch die Auswirkungen dieser Krise zu bewältigen haben, und je rascher die Pandemie zu Ende ist, müssen wir von dieser Ausnahmeregelung nicht mehr Gebrauch machen und können auch die Schwarze Null wieder erreichen. Das ist das Ziel.

"Es freut mich nicht, dass ich Schulden machen muss"

Die FDP wirft Ihnen vor, die neuen Schulden zu "beschönigen", weil das Geld aus dem alten Sonderfonds Corona genommen werden kann.

Diesen Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen. Der Landtag hat uns bereits für 2020 einen Schuldenrahmen von 20 Milliarden Euro genehmigt, den wir bis heute nicht ausschöpfen mussten. Das heißt: Wir kommen drei Jahre mit dem aus, was der Landtag zunächst für ein einziges Jahr genehmigt hat. Als Finanzminister freut es mich nicht, dass ich Schulden machen muss. Aber von Beschönigen kann keine Rede sein. Franz Josef Strauß hat gesagt: Generäle können Sie anschreien, Zahlen nicht.

Weiter mit Kritik der Grünen: Sie hätten mit dem Haushalt 2022 getrödelt, und deshalb könnten die neuen Stellen für Polizei, Gesundheitsdienst und in Schulen erst Mitte des Jahres besetzt werden.

Wir werden den Haushalt voraussichtlich noch dieses Jahr in den Landtag einbringen können. Wenn es nach mir geht, kann der Landtag den Haushalt dann ganz schnell beraten und freigeben. Daran können auch die Grünen mitwirken.

Laut neuem Klimaschutz-Gesetz soll der Staat seine Gebäude mit Photovoltaik nachrüsten. Aber nur, wenn genug Geld da ist. Ist genug da?

Für das Jahr 2022 müsste das Geld gut reichen. Eine Herausforderung dürfte hierbei auch der Mangel an Baumaterial und Fachkräften sein.

Markus Söder hat gesagt, man müsse überlegen, wie Schuldenbremse und Klimaschutz zusammengehen. Was heißt das?

Der Klimaschutz ist eine Daueraufgabe und kein plötzliches und unvorhersehbares Ereignis. Deshalb fällt er nicht unter den Ausnahmetatbestand der Schuldenbremse. Das heißt, wenn wir Schulden für den Klimaschutz machen wollten, müsste man sich überlegen, an der Schuldenbremse etwas zu ändern! Nur darauf hat der Ministerpräsident hingewiesen.

Dann streichen Sie doch Ausgaben wie die Pendlerpauschale!

Das benachteiligt nur Menschen, die im ländlichen Raum leben. Die Pendlerpauschale hat auch nicht zwingend etwas mit Klimaschutz zu tun. Diese bekommt man ja auch, wenn man mit dem Fahrrad oder mit der Bahn fährt.

Bayern wird in letzter Zeit oft mit Nordrhein-Westfalen verglichen. Dort liegen die Personalkosten im Haushalt anteilig niedriger als in Bayern. Nervt Sie das?

Und was ist mit der Investitionsquote?

Die ist in NRW niedriger als in Bayern. Deshalb frage ich auch nicht danach.

(lacht) Unser Haushalt ist eine Gesamtarchitektur. Wir haben in den letzten Jahren viele neue Herausforderungen zum Bespiel in den Bereichen Schule, Polizei und Gesundheit. Um diese zu bewältigen, brauchen wir auch die entsprechenden personellen Kapazitäten. Einiges davon ist auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Wir gehen mit Augenmaß vor. Grüne und SPD fordern viel mehr Stellen!

Und kommen noch mehr?

Wir haben dringende Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. Als Finanzminister sage ich: Wir werden uns aber auch wieder einschränken müssen.

CSU unter Söder: "Ich sehe ein starkes Team!"

Jetzt zur CSU: Nach der Bundestagswahl haben Manfred Weber und andere gefordert, sich an der Spitze breiter aufzustellen. Neben Markus Söder müssten Leute sichtbar werden. Sehen Sie schon jemanden?

Wir sind ein super Team! Auch bei der Bundestagswahl waren unsere Spitzenkandidaten bundesweit bekannte Personen: Alexander Dobrindt, Dorothee Bär und Andreas Scheuer. Und auch in Bayern haben wir herausragende Persönlichkeiten: Zum Beispiel den dienstältesten und besten Innenminister Deutschlands, Joachim Herrmann. Ich selbst versuche meinen Beitrag in der Finanz- und Heimatpolitik zu leisten. Also, ich sehe ein starkes CSU-Team.

Sozialpolitik war ein entscheidendes Thema bei der Wahl. Wer steht dafür in der CSU?

Das Soziale ist ein Kernthema der CSU. Wir haben dafür gesorgt, dass Bayern dafür so viel Geld ausgibt wie nie zuvor. In Bayern unterstützen wir Familien mit über fünf Milliarden Euro! Das ist der Beweis dafür, dass uns Sozialpolitik wichtig ist.

Es ging um die Person, die das verkörpert.

Sozialministerin Carolina Trautner ist jetzt gut anderthalb Jahre im Amt. Auch sie macht ihre Arbeit sehr gut!

Hubert Aiwanger hat sich impfen lassen. Läuft es wieder rund in der Koalition?

Es gibt zumindest keine ideologischen Barrieren. Und wir haben einen vernünftigen, sachlichen Weg der Zusammenarbeit gefunden.

Kurzer Blick auf die Landtagswahl 2023: Ilse Aigner hat schon die absolute Mehrheit als Ziel vorgegeben. Was wollen Sie?

Meine Messlatte ist immer das Ergebnis der letzten Wahl. Das waren 37 Prozent. Jedes Prozent mehr ist gut, jedes weniger würde mich nicht freuen.

Kann die CSU freier Wahlkampf machen, wenn sie in Berlin in der Opposition ist?

Der konservative, bürgerliche Politiker ist von Natur aus konstruktiv. Wir leiden eher darunter, dass in Berlin jetzt Politik gemacht wird, die unsere Wählerinnen und Wähler nicht gut finden. Das werden wir klar benennen und konstruktiv Alternativen aufzeigen. Das überzeugt mehr als destruktive Opposition. Wir wollen gestalten!

"Habe drei Monate nichts von Scholz gehört"

Dann seien Sie jetzt mal Opposition!

Wissen Sie noch, in welcher Tonlage Olaf Scholz spricht? Ich habe drei Monate nichts von ihm gehört. Die Ampelparteien setzen darauf, möglichst nichts falsch zu machen. Aber wer regieren will, wird das nicht fortsetzen können. Unser Land steht vor riesigen Herausforderungen: Corona, hohe Inflation, massiv steigende Energiepreise, Entwertung von Sparvermögen und vieles mehr. Und aus Berlin hört man nichts. Wir brauchen Problemlöser und keine Problem-Totschweiger.

Friedrich Merz, Nobert Röttgen oder Helge Braun - wer soll CDU-Vorsitzender werden?

Die CDU wird eine gute Entscheidung treffen. Eine Volkspartei braucht jemanden, der in der Lage ist, das bürgerliche Lager wieder zu vereinigen.

Robert Habeck oder Christian Lindner - wer soll Bundesfinanzminister werden?

Jemand, der eine solide Finanzpolitik macht und in Europa eine solide Geldpolitik unterstützt! Wir wollen keine Eurobonds, keine Vergemeinschaftung von Schulden.

Also Christian Lindner?

Jedenfalls habe ich das Gefühl, ich hätte mit ihm eine größere Schnittmenge.

Und wer soll Jens Weidmann als Bundesbankpräsident nachfolgen?

Die neue Bundesregierung muss jemanden berufen, der geldpolitische Stabilität in Europa unterstützt, der die Inflationsängste der Menschen ernst nimmt. Da wird es höchste Zeit, diese Frage muss rasch entschieden werden! Die Ampel muss hier endlich liefern. Aber sie glänzt – mal wieder – durch Schweigen.

Also, wer soll‘s sein?

Es gibt bestimmt mehrere geeignete Personen. Ich könnte mir beispielsweise den ehemaligen Wirtschaftsweisen Lars Feld vorstellen.

Daheim in der Oberpfalz sind Sie Mitglied der "Alten Herren Lupburg", ein Fußballverein, der sich gesellschaftlich und kulturell engagiert. Wann standen Sie zuletzt auf dem Platz?

Ich habe zwei Jahre leider eher erfolglos Fußball gespielt. Ich war Mittelstürmer der A-Jugend in Lupburg. In den ersten Minuten hatten viele Angst, weil ich groß gewachsen bin. Ein Kopfballungeheuer! Aber dann hat man schnell gemerkt, dass von mir keine akute Torgefahr ausgeht (lacht). Wenn ich heute Fußballspiele bereichern soll, beschränke ich mich auf das Durchführen des Anstoßes. Und das klappt in der Regel sehr gut!

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