Portraitfoto von Anton Fliegerbauer an der Fassade des Polizeipräsidiums München
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München erinnert an die Opfer des Olympia-Attentats 1972

50 Jahre nach den Olympischen Sommerspielen in München soll nicht nur das Jubiläum gefeiert, sondern auch der Opfer des Attentats gedacht werden. "Zwölf Monate – Zwölf Namen" lautet der Titel eines ungewöhnlichen Erinnerungsprojekts.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Vor 50 Jahren fanden in München die Olympischen Sommerspiele statt. Für das Jubiläum wurde ein umfassendes Programm zusammengestellt. Aber es soll auch der Opfer des Attentats gedacht werden. Das Erinnerungsprojekt "Zwölf Monate – Zwölf Namen" mach ein ganzes Jahr lang die Opfer wieder sichtbar.

Geiselnahme im Olympischen Dorf

Der 5. September 1972 ist ein schwarzer Tag in der Geschichte der Stadt München. Eine palästinensische Terrorgruppe nahm im Olympischen Dorf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln. Zwei Israelis wurden wenig später noch in der Unterkunft ermordet. Neun weitere und ein Polizist starben bei einem missglückten Befreiungsversuch auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck. "Zwölf Monate – Zwölf Namen" lautet nun der Titel eines Erinnerungsprojekts, das vom jüdischen Museum zusammen mit dem NS-Dokumentationszentrum und dem israelischen Generalkonsulat ausgearbeitet wurde. Jeden Monat wird die Biographie eines Opfers in den Mittelpunkt gestellt.

Polizist hatte eigentlich Urlaub

Im Februar wird besonders an Polizeiobermeister Anton Fliegerbauer erinnert. Sein Portrait wird derzeit an die Fassade des Polizeipräsidiums projiziert. Am Tag des Attentats hatte er eigentlich Urlaub. Er meldete sich aber freiwillig zum Dienst, um bei der Befreiung der israelischen Geiseln auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck zu helfen. Um Mitternacht hieß es, die Aktion sei erfolgreich gewesen, erinnert sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, er war damals 16 Jahre alt und zu Besuch bei seiner Großmutter in München. Am nächsten Tag erfuhr er aus dem Radio von den vielen Toten: "Das hat mich damals schon unheimlich getroffen, und das hab' ich bis heute nicht vergessen."

Tod auf dem Flugplatz

Auch Anton Fliegerbauer war tot. Der 32-Jährige war von einem Kalaschnikow-Geschoss der Terroristen getroffen worden. Er hinterließ eine Frau und einen vierjährigen Sohn. In Fürstenfeldbruck starb auch David Berger, der aus den USA nach Israel ausgewandert und als Gewichtheber zu den Olympischen Spielen gekommen war. Bilder in den Fenstern des Amerikahauses zeigen seit Mitte Januar und noch bis 16. Februar Lebensstationen des Sportlers.

Persönlichkeiten sichtbar machen

Die Persönlichkeiten der Attentats-Opfer sollen durch das Projekt sichtbar werden, betont Bernhard Purin, der Direktor des Jüdischen Museums und macht das an einem weiteren Beispiel deutlich: Im April wird besonders an den Ringkampfrichter Yossef Gutfreund erinnert – im Deutschen Theater. Denn am Vorabend des Attentats hatte er dort mit seiner Mannschaft eine Vorstellung des Musicals "Anatevka" besucht. Während des Schluss-Applauses war er begeistert auf die Bühne gesprungen und hatte die Darsteller umarmt.

Befürchtung von Hinterbliebenen

24 Stunden später war auch Yossef Gutfreund tot. Aus den heiteren Spielen in München waren tragische Spiele geworden. Doch das könnte bei den Jubiläumsfeierlichkeiten fast in Vergessenheit geraten, so die Befürchtung etwa von Hinterbliebenen, und auch von Bernhard Purin, der sich noch lebhaft an das Ringen um den Erinnerungsort im Olympiapark erinnert. Es gebe in München "Kräfte", die aus Image-Gründen "die Erinnerung nicht so sehr wollen". 2022 drohte es "in eine ähnliche Richtung zu gehen", so die Einschätzung Purins.

Lob von der israelischen Generalkonsulin

Deshalb entstand die Idee, das ganze Jahr über im öffentlichen Raum mit Installationen und Aktionen der Opfer zu gedenken. Die Initiative und die Geste seien bemerkenswert, findet die israelische Generalkonsulin Carmela Shamir. Das Erinnerungsprojekt sei auch eine angemessene Gelegenheit, über die tragischen Ereignisse zu sprechen. Denn anders als in Israel sei die Tragödie in Deutschland und der übrigen Welt nicht bekannt genug, findet sie.

Erinnerungsarbeit auch im Landkreis Fürstenfeldbruck

Das Erinnerungsprojekt überschreitet übrigens auch die Stadtgrenzen: In der Polizeihochschule Fürstenfeldbruck zum Beispiel wird es in diesem Monat auch einen Vortrag zu den "polizeilichen Lehren" aus dem Olympia-Attentat geben. Und auch das Bauernhofmuseum Jexhof in Schöngeising beteiligt sich an dem Projekt: Ab 3. März wird dort an Ze'ev Friedmann erinnert. Der Gewichtheber kam ebenfalls am 5. September 1972 ums Leben.

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