Biogasanlage in Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld)
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Biogasanlage in Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld)

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Energiewende: Biogas durch Maisdeckel ausgebremst?

Wie wichtig erneuerbare Energien sind, hat spätestens der Ukraine-Krieg deutlich gemacht. Neben Strom aus Sonne und Wind spielen auch Biogasanlagen eine wichtige Rolle. Doch den Betreibern machen gesetzliche Vorgaben wie der "Maisdeckel" zu schaffen.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Auf dem Gelände der Biogasanlage in Großbardorf im Landkreis Rhön-Grabfeld ist ein riesiger Hügel aus Mais-Silage aufgeschichtet – kleingehäckselte Maispflanzen, die viel Energie liefern. Doch der Anteil an Mais, der in Biogasanlagen landen darf, ist gedeckelt. Und dieser sogenannte "Maisdeckel" wird in den nächsten Jahren immer weiter verschärft. Festgelegt ist das im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Damit sollen Mais-Monokulturen verhindert werden. Bei Landwirten wie Mathias Klöffel aus Großbardorf trifft das auf Unverständnis.

Landwirt kritisiert "Maisdeckel"

"Bei uns im Landkreis Rhön-Grabfeld sind gerade mal acht Prozent Mais in der Fruchtfolge. Da macht es überhaupt keinen Sinn, Mais zu begrenzen", sagt Klöffel, der die Biogasanlage zusammen mit etwa 40 Landwirten betreibt. "Wir brauchen den Mais, weil Mais die meiste Energie pro Hektar liefert." Für Anlagen, die jetzt genehmigt werden, liegt der "Maisdeckel" bei 40 Prozent. 2026 dürfen nur noch 30 Prozent Mais in Biogasanlagen eingespeist werden.

Wenn der Maisdeckel in Großbardorf greift, dann würde das bedeuten, dass 80 Hektar mehr Ackerfläche für die Biogasanlage genutzt werden muss. "Das ist dann Fläche, die wir dem Nahrungsmittelsektor entziehen müssen", sagt Klöffel.

Im Video: Deckel drauf! Weniger Mais für die Biogasanlage

Schwerpunkte des Maisanbaus in Bayern

Im Gegensatz zum Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es in Bayern aber auch Regionen mit viel mehr Mais: Zum Beispiel rund um Ansbach und in vielen Teilen Niederbayerns. Teilweise wächst dort auf knapp einem Drittel der Ackerflächen Mais. Das belegen Zahlen des Bayerischen Agrarberichts. Noch bis zum Jahr 2002 lag die Maisanbaufläche für einen Zeitraum von über 20 Jahren relativ konstant bei rund 400.000 Hektar. Seitdem gibt es allerdings einen deutlichen Anstieg – auf gut 520.000 Hektar. Etwa ein Viertel der Maisflächen wird für die Produktion von Biogas genutzt, so eine Schätzung des Biogas Forums Bayern.

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Maisanbau in Bayern

Mehr Abfall- und Reststoffe nutzen

Der Maisdeckel hat aus Sicht von Prof. Daniela Thrän daher durchaus seine Berechtigung. Die Wissenschaftlerin arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und am Deutschen Biomasseforschungszentrum in Leipzig. Statt extra Biomassepflanzen anzubauen, müssten in Zukunft noch mehr Rest- und Abfallstoffe in Biogasanlagen landen.

Aktuell seien es etwa 80 Millionen Tonnen pro Jahr. Damit würden ungefähr 23 Terrawattstunden erzeugt. "Das sind knapp drei Prozent des Gasbedarfs von Deutschland und da ist noch mehr möglich. Wenn man das gezielter unterstützt, kann man wahrscheinlich den Beitrag nochmal verdoppeln", so Thrän. Vor allem bei Gülle gebe es noch mehr Potenzial. Aktuell landet in ganz Deutschland nur rund ein Drittel der anfallenden Gülle in Biogasanlagen.

Auch Gülle wird weniger

Gleichzeitig fällt immer weniger Gülle an. Denn in Bayern geben immer mehr Schweinehalter auf. "Ich habe selber wesentlich dazu beigetragen, dass Gülle an diese Anlage geliefert wird. Aber auch ich habe letztes Jahr mit der Schweinehaltung aufgehört", sagt Klöffel.

Teurere Substrate und die Inflation sorgen dafür, dass die Kosten für die Biogasanlage in Großbardorf um etwa 30 Prozent gestiegen sind. Knapp über eine Million Euro kostet der Betrieb im Jahr. Die Einnahmen für Strom und Wärme liegen aktuell bei 1,2 Millionen Euro jährlich. Der Gewinn von weniger als 200.000 Euro wird unter den etwa 40 Landwirten aufgeteilt.

Blühflächen als Alternative?

Können Blühflächen das Problem vielleicht lösen? Auf 40 Hektar wurde für die Biogasanlage in Großbardorf in den vergangenen Jahren ein spezieller Pflanzenmix angesät. Die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau hat die Mischung speziell für Biogasanlagen entwickelt. Zehn Jahre hat sie dafür gebraucht. Der sogenannte "Hanfmix" soll für Artenvielfalt und gleichzeitig für Biomasse sorgen. "Es ist eine ganz wertvolle Mischung", sagt Kornelia Marzini von der Landesanstalt. In den Blühflächen sei eine hohe Insektenvielfalt nachgewiesen worden. Erfasst sind bislang 2.600 Tier- und Pflanzenarten – davon gelten 254 Arten als gefährdet. Unterstützt wird das Blühflächen-Projekt vom Bund Naturschutz.

Blühflächen liefern weniger Energie

Als echte Alternative für den Mais sieht Mathias Klöffel die Blühflächen aber nicht. "Wildpflanzenmischungen ersetzen Stilllegungsflächen, von denen wir nichts ernten. Aber keinen Mais", so der Landwirt. Der Ertrag der Blühflächen liegt in der Regel deutlich unter dem Mais-Ertrag. Sie liefern nur etwa halb so viel Energie. Trotzdem lohnt sich der Anbau, findet Kornelia Marzini: "Wir haben in den letzten Jahren festgestellt, dass der Ertrag dieser Mischung immer mehr an den Ertrag vom Mais heranrückt, der ja durch die Trockenheit gar nicht mehr seine Leistung zeigen kann, die er normalerweise so draufhat." Die Blühflächen hingegen seien hitzeresistent und daher gut an den Klimawandel angepasst. Wer den Hanfmix ansät, bekommt seit 2023 eine Förderung über das Kulturlandschaftsprogramm (Kulap).

Landwirt kritisiert bürokratische Hürden

Neben dem "Maisdeckel" machen den Betreibern von Biogasanlagen auch bürokratische Auflagen zu schaffen. "Die Auflagenflut überrollt uns. Wir kommen bald nicht mehr dazu, unsere Arbeit an den Biogasanlagen zu machen, weil wir den ganzen Tag am Zettel ausfüllen sind", sagt Mathias Klöffel. Das größte Problem sei die Nachhaltigkeitszertifizierung. Um das Zertifikat zu erhalten, müssen die Betreiber der Biogasanlage jeden Monat für jede Anbaufläche Formulare ausfüllen. In Großbardorf kommen allein dafür 252 Seiten pro Jahr zusammen.

Biogas spielt wichtige Rolle bei Energiewende

Trotz aller Schwierigkeiten halten die Landwirte in Großbardorf an ihrer Anlage fest. "Wir sind von dem was wir tun überzeugt. Wir erzeugen ja nicht nur flexiblen Strom. Sondern wir beheizen ja unser ganzes Dorf mit Nahwärme", sagt Klöffel. 150 Gebäude in der 1.000-Einwohner-Gemeinde sind an das Nahwärme-Netz angeschlossen. "Jetzt während der Energiekrise hat man doch gemerkt, dass man neben Photovoltaik und Wind auch verlässliche Energielieferanten braucht, die auch nachts Strom liefern können, wenn kein Wind weht. Und dazu ist Biogas absolut in der Lage", sagt Klöffel. Das sei inzwischen auch in der Politik angekommen. Gerade deshalb hofft der Landwirt, dass bürokratische Hürden bald abnehmen.

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