Thomas Fröhlich vom Weingut Ilmbacher Hof aus Iphofen erntet Eiswein.
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Der Klimawandel bedroht den fränkischen Eiswein. Die Landesanstalt für Weinbau forscht an einer Alternative: Wein aus eingetrockneten Trauben.

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Eisweinlese mit Risiken - Alternative: getrocknete Trauben

Da es in Unterfranken kalt genug war, konnten Winzer Eiswein lesen. Obwohl diese Art Wein sehr gefragt ist, riskieren immer weniger Winzer, Trauben hängen zu lassen, bis sie gefroren sind. Weinbauexperten forschen derweil an einer Eisweinalternative.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Obwohl Eiswein bei Weintrinkern sehr gefragt ist, riskieren es immer weniger Winzer, ihre Trauben bis in den Winter hinein hängen zu lassen. Es ist ein echtes Glücksspiel. Thomas Fröhlich aus Iphofen im Landkreis Kitzingen ist seit zwölf Jahren Winzer. Im vergangenen Herbst beschloss er erstmals, das Risiko einzugehen und einen Teil seiner Silvaner-Trauben nach der Weinlese hängen zu lassen. Sein Wagemut wurde belohnt: Am Dienstag hat er bei minus acht Grad zum erstem Mal Eiswein gelesen. "Umso höher war natürlich die Anspannung, dass alles klappt. Und natürlich auch die Freude darüber, dass es geklappt hat. Ich heiße Fröhlich und das bin ich auch gerade", so Fröhlich voller Stolz im BR-Gespräch.

Mindesttemperatur: Minus sieben Grad

Die Temperaturen in der Lage Iphöfer Kalk waren für die Eisweinlese ideal: Am Montag und Dienstag Minustemperaturen von mindestens minus sieben Grad. Die sind nötig, um das bisschen Restwasser in der Traube gefrieren zu lassen. Die Trauben an den genau 50 Jahre alten Rebsorten hatten laut Fröhlich einen Wert von 208 Grad Öchsle – also extrem süß und perfekt für Eiswein. Auch für die alten Reben war der diesjährige Eiswein eine Premiere. "Das ist wie ein Sechser im Lotto, dass es genau die Stöcke trifft", jubiliert Fröhlich.

Wagemut wird nicht immer belohnt

Die Entscheidung, die Trauben so lange hängen zu lassen, birgt das Risiko, dass sie am Ende gar nicht mehr verwertbar sind und nur noch als Gärreste verwendet werden können. So ging es etwa den Winzern beim größten Winzer in Iphofen, dem Weingut Hans. Nur eine Handvoll Winzer hatte es in Unterfranken überhaupt gewagt, Trauben für das edelsüße Premiumprodukt Eiswein überzulassen. Fröhlich selbst hatte gar nicht mehr damit gerechnet, bis er am Samstag in den Weinberg ging und sein Refraktometer bei 150 Grad Öchsle überschlug. Zudem war noch genug Masse vorhanden, das sei nicht selbstverständlich. "Vor allem, dass es genug war, was die Natur übriggelassen hat, von den Tieren im Weinberg bis zum vielen Regen der letzten Tage und Wochen", erklärt Fröhlich. Da sei das Risiko im Januar einfach noch etwas höher als im Dezember.

Den ersten Eiswein dieses Winters hatte sein Winzerkollege vom Weingut Andreas Braun aus Volkach im Landkreis Kitzingen genutzt. Anfang Dezember war er mit seinem Team um 5.45 Uhr am Weinberg bei Neuses am Berg im Landkreis Kitzingen und hat 200 Liter Riesling gelesen.

Mehr Angaben auf dem Flaschen-Etikett wegen neuer EU-Verordnung

Fröhlichs Eiswein ist wohl auch der Erste, der unter die neue EU-Verordnung zur Weinetikettierung fällt. Diese gilt für alle Weine, die nach dem 8. Dezember 2023 gelesen wurde. Diese müssen künftig zusätzlich zu den Informationen zu Rebsorte, Lage und Qualitätsstufe auch Angaben zu enthaltenen Inhaltsstoffen, Allergenen, Energie- und Nährwerten ausweisen. Fröhlich hat sich für einen QR-Code auf dem Etikett entschieden, über den seine Eiswein-Kunden sich informieren können. Bei den vielen Angaben wäre das Etikett sonst zu unübersichtlich. Im zweiten Halbjahr soll sein erster Eiswein in die Flaschen gefüllt und verkauft werden.

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Die Alternative zum Eiswein: Wein aus eingetrockneten Trauben

Landesanstalt für Weinbau forscht an Eiswein-Nachfolger

Zwar reichten die Temperaturen für eine erneute Eisweinlese in Franken – doch der Klimawandel führt dazu, dass immer seltener die dafür nötigen -7 Grad erreicht werden. Deshalb forscht die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Veitshöchheim schon seit über 10 Jahren nach Alternativen für die Eisweinlese: Eine Lösung könnten eingetrocknete Trauben sein, meldet die LWG am Dienstag.

Versuche laufen bereits seit über zehn Jahren

Im Herbst 2012 wurde an der LWG erstmals Wein aus eingetrockneten Trauben hergestellt. Als Rebsorte wurde damals Müller-Thurgau gewählt. Insgesamt kam es während der acht Wochen langen Trocknung der Trauben zu einem Gewichtsverlust von etwa 50 Prozent. Gleichzeitig verdoppelte sich das Mostgewicht von 90° Oechsle auf 182° Oechsle. Ab dem Jahrgang 2013 wurden die Versuche dann fast ausschließlich mit Silvaner durchgeführt. Die Rebsorte ist laut LWG besser geeignet, da die Beerenhaut dicker und stabiler als andere ist. Somit ist die Anfälligkeit für den Schimmelpilz Botrytis niedriger und die Wahrscheinlichkeit höher, die Trauben gesund zu ernten und ohne Fäulnis zu Rosinen eintrocknen zu lassen.

Trauben zur Süßweinproduktion können bereits bei der Lese mitgeerntet werden

Diese Art der Süßweinproduktion habe große Vorteile, so die LWG. Demnach können dafür gezielt gesunde Trauben während der normalen Weinlese geerntet und dann kontrolliert getrocknet werden. Gleichzeitig wird die Qualität der Süßweine dadurch deutlich erhöht, weil die Gefahr des Verderbens der Trauben nahezu ausgeschlossen ist. Zudem sind die Winzer nicht vom Wetter abhängig. In der Regel findet die Trocknung auf Stroh- und Schilfmatten auf Dachböden oder einfach in der Sonne statt. Wichtig sind hier möglichst optimale Bedingungen, um Fäulnis und Schimmelbildung während der Trocknung zu vermeiden. Ideal ist eine möglichst geringe Luftfeuchtigkeit bei hohen Temperaturen und stetiger Luftbewegung.

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Wein aus eingetrockneten Trauben: Aufgrund der goldgelben Farbe und der hohen Wertigkeit hat der Wein den Namen "Aurum" (lat. für Gold)

Flüssiges Gold: LWG nennt ihr Erzeugnis "Aurum"

Die durch die Trocknung erzielten Weine seien absolut reintönig, fruchtig exotisch und goldgelb. Aufgrund der goldenen Farbe und der hohen Wertigkeit dieses Weines habe der Wein an der LWG den Namen "Aurum" (lateinisch für Gold) erhalten.

Weinproduktion nach südeuropäischem Vorbild

In vielen Ländern Südeuropas werden traditionell Süßweine aus eingetrockneten Trauben hergestellt: In Griechenland ist es Samos oder Lastos, in Frankreich Vin de Paille, in Italien Vin Santo oder Passito und in Österreich Stroh- oder Schilfwein.

In Deutschland war es bis vor einigen Jahren gar nicht erlaubt, Wein aus eingetrockneten Trauben herzustellen. Erst mit der neuen EU-Verordnung hat sich diese Regelung geändert. Allerdings fällt dieser Süßwein nicht unter die bekannte Kategorie "Wein", da dieser weiterhin aus frischen Trauben gewonnen werden muss. Auf dem Etikett muss solch ein Getränk als "Deutscher Wein aus eingetrockneten Trauben" deklariert werden.

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