ARCHIV - 15.06.2016, Werneck: Die Luftaufnahme zeigt die Unfallstelle am Ersatzneubau der Talbrücke Schraudenbach der Autobahn 7 (A7) bei Werneck (Bayern). Dort war bei dem Einsturz eines Brückenneubaus ein Arbeiter getötet worden, mehrere wurden schwer verletzt. (zu dpa "Prozess um Gerüsteinsturz von Autobahnbrücke beginnt neu") Foto: Hajo Dietz/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Hajo Dietz

Eingestürzte Autobahnbrücke bei Schweinfurt: Prozess beginnt neu

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Eingestürzte Autobahnbrücke bei Schweinfurt: Prozess beginnt neu

Vor fast sieben Jahren stürzten Teile einer neuen Autobahnbrücke auf der A7 in Unterfranken ein. 14 Menschen werden verletzt, ein Mann stirbt. Wer am Unglück der Schraudenbach-Talbrücke Schuld trägt, soll in einem erneuten Prozess nun geklärt werden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Für die Bauarbeiter muss es gewesen sein, als würde sich die Erde unter ihnen auftun: Beim Betonieren der neuen Autobahnbrücke stürzt diese plötzlich ein. Zurück blieb ein riesiger Trümmerhaufen aus Stahlrohren, langen Metallseilen, Stahlträgern und unzähligen Gerüstteilen meterhoch im halbfesten Beton. Ein 38-jähriger kroatischer Arbeiter starb bei dem Unglück im Landkreis Schweinfurt vor sieben Jahren, 14 weitere wurden verletzt, drei von ihnen lebensbedrohlich. Am heutigen Montag startet vor dem Landgericht Schweinfurt die juristische Aufarbeitung.

Vier Statiker und Prüfingenieure angeklagt

Die Staatsanwaltschaft hat vier Männer angeklagt. Einem 49 und einem 65 Jahre alten Prüfingenieur sowie einem Statiker (51) wirft sie fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung in 14 Fällen vor. Ein weiterer Prüfingenieur (59) steht wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen und fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen vor Gericht.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, die Statik nicht mit der erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt berechnet zu haben. Den Prüfingenieuren wird vorgeworfen, die Statikberechnung und die Ausführungszeichnung gar nicht überprüft zu haben. Für den Prozess sind zwölf Verhandlungstage angesetzt. Die Witwe des Toten und drei damals verletzte Bauarbeiter treten als Nebenkläger auf.

Verteidigung stellt Befangenheitsanträge

Noch vor der Anklageverlesung stellten Anwälte einiger Angeklagter Anträge, den Bausachverständigen wegen möglicher Befangenheit abzulehnen. Unter anderem sei der gerichtlich bestellte Experte fachlich nicht geeignet, ein Gutachten über die mögliche Einsturzursache zu erstellen, sagte eine Verteidigerin.

Die Angeklagten und ihre Verteidiger im Prozess um den Brückeneinsturz
Bildrechte: BR/Ralph Wege
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Die Angeklagten und ihre Verteidiger im Prozess um den Brückeneinsturz

13 Männer stürzten 22 Meter in die Tiefe

Am 15. Juni 2016 war das Traggerüst für die neue Schraudenbach-Talbrücke bei Betonierungsarbeiten eingestürzt. Nachdem 1.500 Tonnen Beton auf einem Bauabschnitt eingefüllt, verteilt, verdichtet und geglättet waren, brach das Gerüst zusammen. 13 Bauarbeiter wurden rund 22 Meter tief mitgerissen. Dabei kam ein Vater zweier Kinder ums Leben. Drei Bauarbeiter wurden lebensgefährlich, sechs schwer und drei leicht verletzt. Außerdem wurden zwei Arbeiter am Boden leicht verletzt.

Erster Prozess im Jahr 2019 wurde ausgesetzt

Der Neubau des betreffenden Brückenabschnitts ist seit November 2017 fertig. Nach einem im November 2019 bereits eröffneten, aber nicht abgeschlossenen Prozess soll nun das Unglück erneut juristisch aufgearbeitet werden. Der Grund: Das mündliche Gutachten der damaligen Bausachverständigen wich in zentralen Punkten vom schriftlichen Gutachten ab.

Daraufhin hatte das Gericht ein weiteres bautechnisches Gutachten angefordert. Die Erstellung dauerte aber länger, als das erste juristische Verfahren unterbrochen werden durfte. Daher musste das Verfahren neu angesetzt werden

Angeklagte haben Verantwortung zurückgewiesen

Beim ersten Verfahren waren bereits drei der jetzt vier Männer angeklagt: Zwei Prüfingenieure und ein Bauingenieur, der die Statik berechnete. Im Zuge von Nachermittlungen klagte die Staatsanwaltschaft dann auch den 65-Jährigen an. Den Männern wird vorgeworfen, die Statik eines Traggerüstes nicht ausreichend geprüft zu haben. Dem 65-Jährigen wird vorgeworfen, "einer ihm obliegenden Pflicht zur Prüfung statischer Berechnungen" nicht ausreichend nachgekommen zu sein.

Die drei bislang im ersten Prozess vernommenen Angeklagten hatten jede Verantwortung für das Unglück zurückgewiesen. Für das komplexe Verfahren am Landgericht Schweinfurt sind bis zum 5. April zwölf Termine angesetzt.

Mit Informationen von dpa.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!