Werner Konrad, seit neun Jahren katholischer Pfarrer in der niederbayerischen Kleinstadt Viechtach, hat sich vor Kurzem öffentlich als homosexuell geoutet. Das hat in Viechtach aber kein Erdbeben ausgelöst, im Gegenteil: Die meisten stört dieses Bekenntnis nicht.
Mutig und aufrichtig
Ein 86-Jähriger, der jeden Sonntag zur Messe geht, hält den Schritt für mutig und aufrichtig. Viele ältere Kirchgänger, von denen man vielleicht Empörung erwarten würde, geben sich gelassen. Ihnen ist wichtig, dass Werner Konrad "ein guter Pfarrer" ist, der auch "hervorragend predigen" kann. Auch bei einer Zufalls-Umfrage gibt es viel Zuspruch für Konrad. "Man soll nach seinem Herzen gehen und wenn es da stimmig ist, soll man es machen, egal was andere darüber denken", sagt zum Beispiel eine Viechtacherin.
Kritik in den sozialen Medien
Kritik am Schwulen-Bekenntnis des Pfarrers gab es aber in den sozialen Medien. Außerdem wurden anonyme Zettel außen an einige Schaufenster geklebt. Tenor: Nach "Missbrauch von Kindern" jetzt auch noch "ein schwuler Stadtpfarrer", da trete man lieber aus der Kirche aus.
Pfarrer hält sich streng an den Zölibat
Pfarrer Werner Konrad erzählt, er habe schon früh gewusst, dass er homosexuell sei. Sein privates Umfeld habe er mit 30 Jahren eingeweiht, aber sonst habe er es immer als Privatsache behandelt, nie an die große Glocke gehängt. Denn er lebe seine Homosexualität nicht aus, sondern halte sich immer schon streng an den Zölibat.
"Ich bin gerne Priester," sagt er. Geoutet habe er sich jetzt, mit 60 Jahren, nur deshalb, weil die Initiative "OutInChurch" Bewegung in die Diskussion gebracht habe, auch innerkirchlich. Er will andere Betroffene mit seinem Outing unterstützen:
"Es geht jetzt weniger um meine Person, sondern um die Sache. Die Sache wurde ja durch die Initiative 'OutInChurch', wo sich ja sehr viele kirchliche Mitarbeiter, nicht nur Priester, sondern hindurch alle Ebenen der Kirche, geoutet haben. Gleichzeitig müssen sie immer das Damoklesschwert fürchten, dass es mit dem kirchlichen Arbeitsrecht nicht vereinbar ist." Pfarrer Werner Konrad
Kritik an Haltung der Amtskirche
Der Priester kritisiert, dass zum Beispiel Erzieherinnen in einem kirchlichen Kindergarten die Kündigung riskieren, wenn sie offen eine lesbische Partnerschaft eingehen. Gleiches gilt für kirchliche Mitarbeiter, die in einer homosexuellen Partnerschaft leben. Die Amtskirche berufe sich darauf, dass diese Formen der Sexualität widernatürlich und gegen die Schöpfung gerichtet seien. Vor allem unter Papst Benedikt XVI. habe sich diese Ansicht verschärft. Dabei sei das theologisch aus der Bibel gar nicht belegbar, findet Werner Konrad, der sich seit Jahren auch intensiv damit beschäftigt, wie andere Kulturen mit dem Thema umgehen.
Bürgermeister und Pfarrgemeinderat stehen hinter dem Pfarrer
Der Viechtacher Bürgermeister Franz Wittmann findet es "mutig" vom Pfarrer, dass er sich geoutet hat, und respektiert diesen Schritt. Aber auch im ländlichen Raum sei man längst "weltoffen". So etwas sei hier vielleicht vor zehn Jahren noch ein Aufreger gewesen, aber heute nicht mehr. Die Mehrheit in der Bevölkerung sehe es gelassen, meint der Bürgermeister, auch deshalb, weil Werner Konrad ein "guter Seelsorger" sei.
Das betont auch Ermelinde Illing, die Sprecherin des Pfarrgemeinderats. "Hut ab, dass er sich traut, sowas zu sagen, in einer relativ konservativen kleinen Stadt wie Viechtach." Sie sorgt sich, ob der Pfarrer vielleicht doch noch Schwierigkeiten mit der Diözese Regensburg bekommen könnte, also seinen Vorgesetzten. Aber dann würde sich die Pfarrgemeinde wehren:
"Die katholische Kirche kann sich sowas nicht leisten, weil wir nicht genügend Priester haben, die so engagiert in der Pfarrei tätig sind." Ermelinde Illing, Sprecherin des Pfarrgemeinderats Viechtach
Werner Konrad selbst glaubt nicht, dass er eine Rüge erhält. Bisher habe sich die Diözese nicht bei ihm gemeldet.
Diözese Regensburg begrüßt Änderung des Arbeitsrechts
Laut "Domradio.de" sieht der Regensburger Generalvikar Roland Batz anstehende Veränderungen im Arbeitsrecht der katholischen Kirche positiv. Bisher müssten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter katholischer Einrichtungen, die in einer gleichgeschlechtlichen Ehe leben oder nach einer Scheidung erneut geheiratet haben, in Deutschland mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Die Initiative "OutInChurch" habe aber die Debatte über die Reform des Arbeitsrechts neu aufleben lassen. Inzwischen haben laut "Domradio.de" mehrere Bistumsleitungen im Sinne einer Selbstverpflichtung öffentlich erklärt, dass in solchen Fällen keine Kündigungen mehr ausgesprochen würden. Die deutschen Bischöfe würden noch im Sommer eine entsprechende Reform des Arbeitsrechts beschließen.
Mahnung des Generalvikars
Im Bistum Regensburg gebe es in solchen Fällen schon jetzt ein "persönliches und vertrauliches Gespräch" mit betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dabei gehe es darum, "einvernehmliche Wege zu finden, die die berufliche Position stärken und sichern - und zwar aus Sicht des Mitarbeiters und der Kirche".
Der Generalvikar warnte aber zugleich vor "übereilten Entscheidungen, die dann das rechte Maß genau verfehlen." Der Dienst für die Kirche brauche in erster Linie eine geistig-geistliche innere Haltung, "die zum Glauben an Christus und seiner Mission passen muss." Das Privatleben eines Menschen stehe immer auch in Bezug zu seiner Arbeit. "Aber nicht jeder Lebensaspekt muss sich gegenseitig auswirken."
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