Ein Hinweis für das Deutschlandticket steht am Hauptbahnhof in Frankfurt auf einem Fahrkartenautomaten.
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Ein Hinweis für das Deutschlandticket steht am Hauptbahnhof in Frankfurt auf einem Fahrkartenautomaten.

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Planungssicherheit? Wie es mit dem Deutschlandticket weitergeht

Bis Ende April nächsten Jahres ist nun klar: Das Deutschlandticket für Bus und Bahn im Nah- und Regionalverkehr kostet weiterhin monatlich 49 Euro. Doch die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens sorgen nicht für Planungssicherheit.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Kurzfristig ist das Deutschland-Ticket für 49 Euro gesichert, nämlich bis Ende April nächsten Jahres. Weil es erst ab Mai gegolten hat, sollen die Mittel aus diesem ins nächste Jahr von Januar bis April übertragen werden.

Das wird allgemein als ein gutes Zeichen gesehen. Es geht erst einmal weiter mit dem 49-Euro-Ticket. Doch über die Verteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern ab Mai nächsten Jahres hat die Konferenz keine Einigung erzielt, sondern beschlossen, eine Expertenkommission einzusetzen. Diese soll rechtzeitig vor Mai 2024 Vorschläge zur Weiterentwicklung des Tickets machen.

Höhere Defizite werden nächstes Jahr nicht ausgeglichen

Der Geschäftsführer des Münchner Verkehrsverbundes, Bernd Rosenbusch, bedauert aber, dass es keine Nachschusspflicht gibt, also dass ein höheres Defizit nicht ausgeglichen wird. Dieses Jahr ist das noch anders. Bund und Länder zahlen jeweils 1,5 Milliarden Euro und gleichen höhere Verluste anteilig aus. Für die Verkehrsverbünde und die Unternehmen vor allem in den Städten wie Augsburg, Nürnberg oder München heißt das, dass sie ab nächstem Jahr auf diesen Kosten sitzenbleiben könnten und keine Planungssicherheit haben.

So stehen beispielsweise beim MVV einem Defizit im dreistelligen Millionenbereich durch Abokunden, die jetzt deutlich sparen, nur Mehreinnahmen durch Neukunden im zweistelligen Millionenbereich gegenüber.

Fehlende Planungssicherheit für Unternehmen und Kunden

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßt die Einigung im Grundsatz. Nach den Berechnungen des Verbands werden aber 400 Millionen Euro im nächsten Jahr fehlen. Marktforschung des VDV hat ergeben: Etwa die Hälfte aller Deutschlandticket-Kunden hatte vorher schon ein Abo gehabt - vor allem für Pendler ist das Ticket jetzt deutlich billiger als die frühere Monatskarte. Etwa 42 Prozent nutzen immer wieder andere Fahrkarten. Nur etwa acht Prozent sind echte Neukunden, die vorher nicht mit Bus oder Bahn gefahren sind. Aborekorden stehen also Einnahmeausfälle gegenüber.

Auch die VAG in Nürnberg teilte mit, allgemein könne man sagen, dass die Mehrverkäufe des Deutschlandtickets nicht annähernd die Verluste ausgleichen würden, die an anderer Stelle entstünden. "Nicht nur, dass viele Fahrgäste in ein günstigeres Abo gewechselt haben; auch die Erlöse aus dem Verkauf von Monats-, Wochen- oder Tageskarten sowie Einzelfahrscheinen sind geringer geworden."

Viele offene Fragen

Zur Weiterentwicklung des Deutschlandtickets gibt es heute noch keine einheitlichen Lösungen, etwa zu Fragen, wie es beispielsweise mit der Fahrradmitnahme aussieht oder den Bedingungen, einen Hund mitzunehmen. Auch für drei Millionen Studenten liegt noch keine Lösung vor. Hier war man laut VDV schon weit mit den Verhandlungen. Ein 29-Euro-Ticket als Semesterticket war im Gespräch.

In einer Mitteilung nach der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dienstagnachmittag heißt es: "In einem zukunftsfähigen Konzept für das Deutschland-Ticket dürfen Lösungen für Studierende und das Jobticket nicht fehlen. Viel zu lange konnten mit dem Bund hierzu keine Regelungen getroffen werden", so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Kommen schnell Angebotsverbesserungen?

Angesichts der gestiegenen Kosten ist es fraglich, ob und wie schnell Angebotsverbesserungen bei Bussen und Bahnen kommen können. Dichtere Takte in den Städten und die Einführung von "On-Demand-Systemen" in ländlichen Gegenden sind dringend nötig, um den öffentlichen Verkehr attraktiver zu machen. Denn nach Schätzungen haben bis heute etwa elf Millionen Menschen ein Deutschlandticket gekauft. Die Autofahrten sind im Zeitraum, indem es das Ticket gibt, um etwa fünf Prozent zurückgegangen.

Es war erklärtes Ziel, dass das Ticket günstige Mobilität bieten und dem Klimaschutz dienen sollte, da gibt es nach Einschätzung der Experten noch viel Luft nach oben. Ein Vorwurf von Fahrgastverbänden und Verkehrsunternehmen ist daher immer noch, dass der zweite Schritt vor dem ersten mit dem Deutschlandticket gemacht worden sei, so ein schwäbischer Busunternehmer zu BR24. Denn vor dem attraktiven Fahrangebot sei der günstige Preis gekommen. Der Unternehmer weiß nun nicht, wie er für nächstes Jahr kalkulieren soll.

Kommission soll Konzept vorlegen

Das Konzept, wie es weitergeht mit dem Deutschlandticket, soll rechtzeitig vor Mai nächsten Jahres vorliegen, das haben Bundesregierung und die Länderministerpräsidenten so vereinbart. Damit ist klar, es soll möglichst weitergehen, aber zu welchem Preis, ist offen. Experten wie der Münchner MVV-Chef rechnen damit, dass es danach teurer werden wird. Im Gespräch sind zum Beispiel 59 Euro. Das wäre für Fernpendler immer noch sehr günstig, aber andere würde der höhere Preis wohl abschrecken.

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hat ergeben, dass nur knapp ein Viertel der heutigen Deutschlandticket-Inhaber vorneweg sagt, dass sie bereit sind, auch 59 Euro zu akzeptieren. Das kann eine Rolle spielen für Familien, die beispielsweise vor der Frage stehen, ob sie einen Zweitwagen verkaufen und mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren sollen.

Dieser Artikel ist erstmals am 7.11.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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