Ein Teil des bajuwarischen Friedhofs von Bayerbach während der Ausgrabung
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Ein Teil des bajuwarischen Friedhofs von Bayerbach während der Ausgrabung

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Der Reiterfürst von Bayerbach und sein besonderer Trinkbecher

Bei Ausgrabungen für ein neues Baugebiet am Ortsrand von Bayerbach im Kreis Landshut sind Archäologen auf das Grab eines bajuwarischen Reiterfürsten gestoßen. Besonders daran: ein Holzbecher, der im mitteleuropäischen Raum bisher ohne Vergleich ist.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Zwischen Juli 2022 und April 2023 hat die Kreisarchäologie Landshut im Auftrag der Gemeinde Bayerbach bei Ergoldsbach Ausgrabungen für ein neues Baugebiet am Ortsrand durchgeführt. Dabei stieß das Team völlig überraschend auf einen bajuwarischen Friedhof des siebten und frühen achten Jahrhunderts. Friedhof und Grabhügel stammen aus der Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes, so Thomas Richter, Kreisarchäologie des Landkreises Landshut. Ein Trinkbecher erstaunt dabei die Experten.

Ein glänzender Krieger

Zentral unter einem der Grabhügel wurde das Grab eines 50- bis 60-jährigen Mannes entdeckt. Obwohl dem Bajuwaren ein Teil seiner Waffen bereits kurz nach der Bestattung aus dem Grab geraubt worden war, ist der Verstorbene anhand seiner Grabbeigaben als berittener Krieger zu erkennen, heißt es aus dem Landratsamt. Auf welchen bedeutenden Fund die Kreisarchäologie gestoßen war, wurde nun durch die restauratorische Versorgung und detaillierte Untersuchung der Grabbeigaben in den Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in München deutlich.

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Einer der Goldfäden des golddurchwirkten Stirnbandes am Schädel des Fürsten

Moderne Technik für historischen Fund

Die Funde zeichnen das Bild eines reichen bajuwarischen Edelmannes. Er brachte seinen Stand durch glänzende Accessoires zum Ausdruck: Seinen Kopf schmückte ein mit Goldfäden durchwirktes Stirnband, eine sogenannte Vitta. In seine aus Eisen hergestellten Sporen, die Riemenzunge seines Gürtels und die Gürtelschnalle waren goldglänzende Messingstreifen eingelegt. Die zahlreichen Nieten der ledernen Schwertscheide waren mit Silberfolie überzogen.

"Nach Hunderten von Jahren in der Erde kommen Funde selbstverständlich nicht glänzend bei uns in der Restaurierungswerkstatt an. Unsere Methoden sind vielseitig: Die filigrane Silberfolie über den Nieten der Schwertscheide konnten wir im Röntgenbild identifizieren. Die Einlegearbeiten aus Messing haben wir mithilfe eines Mikrofeinstrahlgerätes freigelegt und wieder zum Scheinen gebracht", sagt Beate Herbold, Mitarbeiterin in der Restaurierungswerkstatt des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD).

Vermutlich ein mächtiger Edelmann

Der golden und silbern schimmernde Reiter von Bayerbach war Angehöriger der bajuwarischen Führungsschicht. Ein Fürst, der von Bayerbach (bajuwarisch: Piparpah) aus über sein Territorium herrschte. Wie groß dieses war, ist heute nur schwer zu beantworten. Der aus den Beigaben ersichtliche Reichtum des Bayerbacher Reiterkriegers kann jedoch als Hinweis darauf verstanden werden, dass der Fürst mehr als nur lokale Macht hatte.

Bajuwarische Trinksitten

Die auffällige Erscheinung des Fürsten ergänzt ein einzigartiger Fund: Bei seinen Füßen lag ein ca. 15 Zentimeter hoher und rund sieben Zentimeter im Durchmesser messender schlanker Holzbecher mit rundem Boden. Auf dem Gefäß waren zwei zungenförmige Bronzeblechstreifen aufgenagelt, die auch diesem Stück einen goldfarbenen Glanz verliehen.

"Ein derartiger Holzbecher ist im mitteleuropäischen Raum bisher ohne Vergleich." Kreisarchäologe Thomas Richter

Wie und wofür der Becher genutzt worden sein dürfte, darauf geben ähnliche Gefäße aus Glas Antwort, die im Merowingerreich weit verbreitet waren: Bei dem Bayerbacher Becher handelt es sich laut den Experten um einen Sturzbecher, einen sogenannten Tummler. Aufgrund seines runden Bodens konnte er nicht mit Inhalt auf einen Tisch gestellt werden. War er gefüllt, musste der Bayerbacher Reiter den vermutlich alkoholischen Inhalt in einem Zug trinken.

Tummler werden gemeinhin als Hinweis auf männerbündische Rituale interpretiert. Als deren Teilnehmer gibt sich der Fürst durch seinen Becher zu erkennen.

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Reste des hölzernen Bechers nach der Freilegung im Labor.

Ein berittener bajuwarischer Best Ager

Die anthropologischen Untersuchungen zeigen, dass der Bayerbacher Fürst auf ein bewegtes Leben zurückblicken konnte. Seine rechten Rippen hatte er sich alle im Rahmen eines Reitunfalls gebrochen. Zwar verheilte die Verletzung, er litt aber vermutlich sein Leben lang unter ständigen Schmerzen. Starke Schmerzen dürften auch seine massiv von Karies befallenen Zähne verursacht haben.

Eine Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass der 1,75 m große Krieger zwischen 662 und 687 nach Christus gestorben ist. Die Todesursache konnte nicht geklärt werden. Spuren eines Kampfes zeigten sich an den Knochen nicht. Da der Fürst ein für das frühe Mittelalter vergleichsweise hohes Alter aufweist, gehen die Experten von einem natürlichen Tod aus.

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Rekonstruktionszeichnung des Fürsten von Bayerbach mit golddurchwirktem Stirnband und goldglänzenden Accessoires.

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