Die Gegner der Seilbahn stehen vor der Kulisse der Kelheimer Befreiungshalle und diskutieren.
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Die Gegner der Seilbahn, unter anderem Dennis Diermeier (r.).

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Bürgerentscheid: Kelheimer stimmen gegen Seilbahn-Idee

In Kelheim lehnen die Wählerinnen und Wähler mehrheitlich eine Seilbahn zwischen dem Stadtzentrum und dem Bahnhof Saal an der Donau ab. Bei einem Bürgerentscheid stimmten am Sonntag 84,7 Prozent gegen das Seilbahn-Projekt, 15,3 Prozent dafür.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Kelheims Bürger haben mit klarer Mehrheit gegen eine Seilbahn zwischen dem Stadtzentrum und dem Bahnhof Saal an der Donau gestimmt. Bei einem Bürgerentscheid am Sonntag stimmten 84,7 Prozent gegen das Seilbahn-Projekt, 15,3 Prozent dafür. Damit fand das Bürgerbegehren gegen die Seilbahn-Idee deutlich Zustimmung. Die Stadt Kelheim darf jetzt ein Jahr lang kein Geld für das Projekt bereitstellen und die Planungen nicht weiter vorantreiben.

Mit 4.791 Stimmen gegen die Seilbahn-Idee wurde das erforderliche Quorum von 2.560 Stimmen überschritten. 12.797 Menschen waren stimmberechtigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 44,38 Prozent.

Freie Wähler hatten Bürgerentscheid initiiert

Die Freien Wähler in Kelheim hatten den Bürgerentscheid initiiert. Der Zweite Bürgermeister von Kelheim, Dennis Diermeier (Freie Wähler), freute sich über das Abstimmungsergebnis. Er sprach von einem "tollen Erfolg" und einem "sauguten Gefühl". Dass es so ein klares Ergebnis würde, habe man beim besten Willen nicht geglaubt - deshalb sei es umso schöner, so Diermeier. Man könne das Ergebnis nicht einfach auf die Seite schieben, man müsse die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger akzeptieren.

CSU: Abstimmung war verfrüht

Kelheims Erster Bürgermeister Christian Schweiger (CSU), der die Seilbahn-Idee vorangetrieben hatte, sagte, seine Enttäuschung sei nicht groß: "Es war klar, wie das Ergebnis ausgehen wird, jetzt ist entscheidend, wie es weitergeht. Wir werden uns nach Abschluss der Machbarkeitsstudie grundsätzlich wieder mit dem Thema beschäftigen müssen, wie Kelheim an den Bahnhof Saal angeschlossen wird."

Man werde die Ergebnisse des Entscheids in die Stadtratsbeschlüsse und die Beratungen nach Abschluss der Studie einfließen lassen, so Schweiger. "Ich persönlich werde nicht gegen den Wählerwillen irgendetwas entscheiden." Enttäuscht hat Schweiger nach eigener Aussage die niedrige Wahlbeteiligung "bei so einem emotionalen Thema". Im Vorfeld hatte der CSU-Politiker betont, dass er die Abstimmung für verfrüht hält.

Idee: Die Seilbahn als Nahverkehrsmittel

Unterdessen läuft die Machbarkeitsstudie zur Seilbahn weiter. Fünf Kilometer lang wäre die Trasse in etwa. Es geht um eine durchgängige Nahverkehrsverbindung ans überregionale Schienennetz. Kelheim hat als eine von nur zwei Kreisstädten im Freistaat keinen eigenen Bahnhof. Der nächstgelegene Bahnhof ist in Saal an der Donau. Auch Alternativen zu Seilbahn sollen im Zuge der Machbarkeitsstudie untersucht werden. Die Ergebnisse werden für die zweite Hälfte des kommenden Jahres erwartet. Dann könnte die Diskussion in Kelheim unabhängig vom Ausgang des aktuellen Entscheids von vorne losgehen. Der Entscheid ist nur ein Jahr lang bindend.

Zu wenig Passagiere und hohe Kosten befürchtet

Technisch sei es ohne Weiteres möglich, die fünf Kilometer bis zum Bahnhof in Saal zu bauen, hatte Dennis Diermeier, Zweiter Bürgermeister von den Freien Wählern in Kelheim, vorab erklärt, aber er glaube nicht, dass eine Seilbahn genügend Passagiere befördern würde: "Wir haben einfach nicht das Fahrgastpotenzial."

Auch wenn der Bau vom Bund großzügig gefördert werden könnte: Ein hohes Defizit beim Betrieb könne sich Kelheim nicht leisten, sagte der Freie Wähler-Politiker vor dem Bürgerentscheid. Es gebe wichtigere Projekte. "Wir müssen Straßen bauen, unsere Schulen erhalten. Das Geld brauchen wir für Kelheim und nicht für eine Seilbahn, die Defizit macht", so Diermeier. Ob die Seilbahn Defizit machen würde, könnte die Machbarkeitsstudie zeigen.

Anbindung ans Schienennetz notwendig

Kelheim werde bei der Verkehrswende abgehängt, wenn es nicht eine durchgängige ÖPNV-Anbindung Richtung Regensburg und Ingolstadt gebe, hatte Schweiger vor der Abstimmung gesagt. Hier müssten alle Möglichkeiten geprüft werden, was die Machbarkeitsstudie auch mache.

"Mir geht es darum, die beste Anbindung zu finden. Wenn das eine Seilbahn ist, dann ist das so. Wenn das ein anderes Verkehrsmittel ist, dann gerne", sagt Schweiger.

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Die Grafik zeigt den geplanten Verlauf der Seilbahn.

Auch andere Städte diskutieren Seilbahnen

Seilbahnen als Nahverkehrsmittel sind in Städten aktuell immer wieder in der Diskussion. So wurde unter anderem in München, Regensburg oder Passau bereits über die Technologie als Nahverkehrslösung diskutiert. Ein Befürworter ist Ulrich Briem, Professor für Maschinenbau an der OTH Regensburg. Seilbahnen seien ein umweltfreundliches Fortbewegungsmittel mit vielen Vorteilen.

Eine Seilbahn sei beispielsweise Bussen bei der Taktung überlegen. Während Busse in kleineren Städten oft nur im Halbstunden- oder Stundentakt verkehren, würden die Seilbahn-Gondeln im Abstand von wenigen Sekunden ankommen.

Wartezeiten unter einer Minute, aber windanfällig und relativ langsam

Eine studentische Studie habe für den Fall Kelheim berechnet, dass selbst in den Stoßzeiten am Morgen meist Wartezeiten unter einer Minute möglich wären. "Das heißt, eigentlich man kann sagen: Hinlaufen, einsteigen, wegfahren", sagt Briem. Außerdem seien die Bau- und Betriebskosten in der Regel günstig und Hindernisse, wie Flüsse, könnten ohne teure Brücken einfach überflogen werden. "In Kelheim würde die Seilbahn die Donau und den Kanal dreimal queren", sagt Briem.

Nachteile gibt es aber auch: Sie ist windanfällig und muss bei starkem Sturm angehalten werden. Außerdem geraten Seilbahnen bei sehr großen Menschenmassen schnell an ihre Grenzen. Das gilt zum Beispiel für den Schichtwechsel in einer großen Fabrik oder wenn viele Menschen gleichzeitig ein Stadion verlassen. Und dann ist da noch die Geschwindigkeit. Seilbahnen sind in der Regel nicht schneller als 25 Kilometer pro Stunde. Das ist auf langen Strecken zwar langsam, in Städten mit zähfließendem Verkehr und vielen Ampeln kann die Seilbahn aber mit dem Straßenverkehr mithalten, sagt Briem.

Zweite betroffene Gemeinde plant Absage des Bürgerentscheids

Eigentlich waren zwei Bürgerentscheide geplant, doch nachdem die Kelheimer beim ersten Bürgerentscheid nun gegen die Seilbahn gestimmt haben, plant nun die Gemeinde Saal ihren Bürgerentscheid für den 7. Januar abzusagen. Saals Bürgermeister Christian Nerb (Freie Wähler) sagte dem BR-Studio Niederbayern, dass nach der Entscheidung der Bürger von Kelheim eine weitere Abstimmung der Bürger in Saal kaum mehr Sinn hat. Er werde deshalb dem Gemeinderat am 28. November vorschlagen, dem Bürgerbegehren zuzustimmen und damit den Bürgerentscheid abzusagen. Außerdem halte er weiter daran fest, zuerst die geplante Machbarkeitsstudie zu der Saalbahn abzuwarten und dann darüber zu entscheiden. Durch die Absage des Bürgerentscheids kann Saal an der Donau gut 5.000 Euro sparen.

Im Video: Bürgerinnen und Bürger von Kehlheim stimmen über Seilbahn ab

In Kelheim können die Bürgerinnen und Bürger am Sonntag über den Bau einer Seilbahn abstimmen, die das Zentrum der Stadt mit dem Bahnhof in Saal an der Donau verbinden soll. Wie populär ist das Projekt in der Bevölkerung?
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In Kelheim können die Bürger über den Bau einer Seilbahn abstimmen, die das Zentrum der Stadt mit dem Bahnhof in Saal a. d. Donau verbinden soll.

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