Nico und Anni vor dem gerade gestellten Maibaum.
Bildrechte: BR/Judith Zacher

Ein Maibaum für Anni

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Brauchtum am 1. Mai: Eine Birke für die Liebste

Eine geschmückte Birke als Zeichen der Liebe, gestellt von einem Liebhaber: für Frauen und Mädchen am Morgen des 1. Mai eine freudige Überraschung. Ein alter Brauch, bei dem Mann einiges beachten muss.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Die Nacht war für viele junge Männer in Schwaben kurz. Wer seiner Liebsten einen Maibaum stellt, der muss ihn nicht nur vor Ort am Haus des Mädchens oder der Frau anbringen, sondern ihn auch bis in die frühen Morgenstunden bewachen. In der Nacht darf der nämlich geklaut werden, so der Brauch. Und so mancher Bursche hat so schon den Maibaum des Konkurrenten einfach mitgenommen und stattdessen sein eigenes Bäumchen für die begehrte Dame aufgestellt. 

Maibaum selbst im Wald schlagen – und das ganz legal

Oft werden die Birken, auch Liebesmaien genannt, einfach irgendwo abgesägt und geklaut. Klammheimlich im Wald – doch das ist nicht erlaubt. Wer erwischt wird, muss sich wegen Diebstahls und Sachbeschädigung verantworten. Inzwischen kann man geschmückte Maibäume auch bei vielen Gärtnern kaufen. Wer aber doch lieber selbst in den Wald geht und die Säge anlegt, der hat dazu in Donauwörth die Möglichkeit, und das ganz legal: Das bietet ein paar Tage vor dem 1. Mai der Donauwörther Stadtförster Michael Fürst an. Im Stadtwald oberhalb von Donauwörth können Verliebte ihr Maiele selbst schlagen.

"Win-Win-Situation für den Wald und die Burschen"

Tausende junge Birken wachsen auf einer Lichtung. Vor ein paar Jahren hat hier ein Sturm gewütet – inzwischen ist die Fläche wieder aufgeforstet, zahlreiche Bergahorn, Eichen und Buchen sind gepflanzt worden. Dazwischen sind die Birken aufgegangen, und zwar viel zu viele, wie Förster Michael Fürst sagt. Eigentlich müssten Waldarbeiter die jetzt entfernen, Fürst aber stellt die Fläche ein paar Tage vor dem 1. Mai den jungen Burschen zur Verfügung, die sich eine Birke für ihre Liebste holen wollen. "Damit haben wir eine Win-Win-Situation", sagt der Förster. Seit einigen Jahren bietet er das an.

Vorher hatte er am 2. Mai oft feststellen müssen, dass Birken im Wald einfach geklaut worden waren. Dabei wurden auch Birken umgesägt, die eigentlich groß werden sollten. Dem beugt er mit seinem Angebot jetzt vor – und das wird gut angenommen. Zahlreiche Autos mit Hängern und auch einige Traktoren schlängeln sich am Abholtermin durch den Wald bis hin zur Lichtung. Mit einer Handsäge ausgestattet, machen sich die jungen Männer auf den Weg und suchen nach "ihrem" Baum. Nicht zu groß, nicht zu klein, eine schöne Krone, ein kräftiger Stamm oder eher ein dünner, jeder hat seine Vorstellung. Wer sein Bäumchen gefunden hat, sägt ihn ab und transportiert ihn zum Fahrzeug. Pro Meter kosten die Birken einen Euro.

Bunte Bänder und Herzen machen die Birke zum Liebesbaum

Dann gilt es natürlich noch, die Birke schön zu schmücken: Mit bunten Stoff- oder Kreppbändern, viele bringen noch ein rotes Herz mit dem Namen ihrer Geliebten an. Aufgestellt wird der Maibaum dann in der Nacht zum 1. Mai. Bis zum Sonnenaufgang gilt es, das Bäumchen gut zu bewachen, damit es nicht von anderen Jungs geklaut wird. Erblickt das Mädchen oder die Frau dann ihren Maibaum und ihren Liebsten, bekommt der in der Regel nach der langen Nacht noch ein deftiges Frühstück – und vielleicht auch einen dicken Kuss. In Bayern ist dieser Brauch vor allem in Schwaben verbreitet, außerdem gibt es ihn im Rheinland.

Birken als Symbol für das Wiedererwachen der Natur

Liebesmaien sind junge Birken. Sie gelten als Symbol für Kraft und Lebenswillen, für das Wiedererwachen der Natur, ist doch die Birke der erste Baum, der nach dem Winter wieder blüht. Fichtenbäumchen etwa gelten hingegen als "Schandmaien" – oft werden auch Besen genommen, an die zum Beispiel Blechdosen oder Klopapier gehängt werden. Auch die müssen die Mädchen dem Brauch gemäß einen Monat lang stehen lassen – die Schmach ist groß. Genauso bleiben die Liebesmaien bis zum 1. Juni stehen.

Brauchtum geht bis ins Mittelalter zurück

Bereits im 13. Jahrhundert beschenkten Männer ihre Liebesdamen mit einem solchen Bäumchen. Im 17. Jahrhundert gab es dann den Brauch des "Mailehens". Die unverheirateten jungen Frauen eines Dorfes wurden den Junggesellen für eine gewisse Zeit als Leihgabe, also als "Lehen" übergeben. Ziel war es, dass innerhalb des Dorfes geheiratet wurde. Die unverheirateten Männer mussten die Mädchen ersteigern, so bildeten sich Maipaare. Wer das höchste Gebot für ein Mädchen abgab, wurde zum Maikönig, die Partnerin zur Maikönigin. Jeder Maikönig stellte dann seiner Königin ein mit Bändern geschmücktes Bäumchen auf.

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