Rhön-Schäfer Julian Schulz läuft mit seiner Herde über eine Weide
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Rhön-Schäfer Julian Schulz

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Schießen oder nicht? Wie umgehen mit dem Wolf?

Der Wolf breitet sich in Bayern aus, zum Beispiel in der bayerischen Rhön. Und so nimmt die Debatte um das streng geschützte Tier Fahrt auf. BR24 schaltete live in die Rhön und sprach mit einem Schäfer und Experten über die Rückkehr des Raubtiers.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Rhön-Schäfer Julian Schulz aus Ginolfs im Landkreis Rhön-Grabfeld verfolgt die aktuelle Diskussion über mögliche Entnahmen von Wölfen besonders aufmerksam. Vorletztes Jahr riss ein Wolf drei seiner Tiere auf der Weide. Wenn es damals nach ihm gegangen wäre, hätte der Wolf abgeschossen werden sollen. Joachim Urban ist Teil des "Netzwerks Große Beutegreifer" des Landesamts für Umwelt (LfU). Er gibt unter anderem Verhaltenstipps bei einer Begegnung mit dem Wolf.

  • Zum Artikel: Wölfe in Bayern: So gehen wir mit ihnen um

Seit Anfang Mai ist die neue bayerische Wolfsverordnung in Kraft. Das heißt, dass auffällige Wölfe schneller abgeschossen werden können. Mit den neuen Verordnung können die jeweiligen Landratsämter nun eine Genehmigung erteilen, bereits bevor eine DNA-Analyse des Tiers vorliegt. Das bedeutet, es können ein oder mehrere Wölfe geschossen werden, nachdem ein Nutztier gerissen wurde.

Nutztiere sollen besser vor den Räubern geschützt werden

Im Gespräch mit BR24live bekräftigen Experten, dass der Schutz für Nutztiere vor dem Wolf erhöht werden muss. Rhön-Schäfer Julian Schulz empfiehlt zum Beispiel einen höheren Elektrozaun: 110 Zentimeter statt nur 90 Zentimeter. Darüber hinaus erhöht er die angelegte Spannung, um einen Wolf besser abzuschrecken, falls dieser an den Zaun kommt. Zudem installiert er eine Live-Cam. Die Kamera sendet ein Livebild auf sein Handy und löst einen Alarm aus, wenn sich beispielsweise ein Wolf den eingezäunten Schafen nähert. Tagsüber mache sich Schulz keine Sorgen, dass seine Tiere von einem Wolf angegriffen werden könnten, da er sie in dieser Zeit meistens hütet. Aber nachts bleiben sie in einem sogenannten Nachtpferch, einem eingezäunten Areal, alleine auf der Weide.

Herdenschutzhunde sollen Wölfe abhalten

Überdies könnten Herdenschutzhunde helfen, so Joachim Urban vom "Netzwerk Große Beutegreifer". Wie BR24 bereits berichtete, hatte sich der Rhön-Schäfer Josef Kolb im Laufe der letzten Jahre insgesamt sechs Herdenschutzhunde angeschafft. Es sind Kaukasische Schäferhunde. Mindestens drei seiner Herdenschutzhunde sind ständig bei den Schafen und Ziegen auf der Weide. Diese ist in der Regel von einem mobilen Elektrozaun umgeben. Beim Auftauchen eines Wolfs würden die Herdenschutzhunde ihn "ansprechen". Nach Josef Kolbs Worten geben die Herdenschutzhunde mit ihrem Bellen dem Wolf zu verstehen: Lass es sein. Geh hier nicht rein. Wir sind doppelt so groß wie du und wir sind zu dritt. Der Rhön-Schäfer musste viel Zeit investieren, um die Hunde in die Herde zu integrieren. Außerdem entstanden ihm erhebliche Kosten.

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Rhön-Schäfer Julian Schulz (l.) und Joachim Urban vom "Netzwerk Große Beutegreifer" (r.) – auf einer Weide bei Bad Neustadt

Touristen und Hütehunde: schwierige Koexistenz

Urban ergänzte, dass es für die Anschaffung der Herdenschutzhunde Fördergelder gebe. Zudem wünschte sich Urban, dass die Herdenschutzhundehalter mehr fachliche Begleitung bekommen. Außerdem sollte der Unterhalt von Herdenschutzhunden finanziell unterstützt werden. Aber Urban betonte auch, dass die "Lösung Herdenschutzhund" nicht überall umsetzbar sei. Wie Rhön-Schäfer Schulz erklärte, sei dies beispielsweise in touristisch stark frequentierten Gebieten problematisch. Touristen könnten den Herdenschutzhund unwissentlich provozieren. Der Hund wertet dieses eventuell als Angriff auf seine Herde und es könnten gefährliche Situation entstehen, so der Rhön-Schäfer.

Forderung nach stärkerer Beobachtung der Wolfsaktivitäten

Urban hält es außerdem für sinnvoll, ein Elternteil des Wolfsrudels mit einem Sender zu versehen. Denn dann wüsste man mehr über deren aktuellen Aufenthalt. So könnte man Nutztierhalter rechtzeitig informieren, falls sich das Wolfsrudel der Herde nähert. Personell sollten auch mehr Rissgutachter wie Joachim Urban ausgebildet werden. Für diese in der Regel ehrenamtliche Aufgabe sind nur er und eine weitere Person in der Region Main-Rhön zuständig. Denkbar ist, dass sich auch Schäfer als Rissgutachter ausbilden lassen. Falls ein mutmaßlicher Wolf ein Nutztier reißt, sei es wichtig, möglichst schnell die Spuren wie Speichelproben am Tierkadaver zu sichern, so Urban.

In den vergangenen Wochen wurden in Franken immer wieder mutmaßliche Wölfe gesichtet. Allein in Unterfranken machten in vier verschiedenen Landkreisen Videos und Fotos die Runde.

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