Wölfe können mit Inkrafttreten der neuen Wolfsverordnung leichter geschossen werden.
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Wölfe können mit Inkrafttreten der neuen Wolfsverordnung leichter geschossen werden.

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Neue Wolfsverordnung: Wann können Wölfe geschossen werden?

Durch die neue Wolfsverordnung wird der Abschuss von Wölfen einfacher möglich sein. Die Entscheidung trifft nun der jeweilige Landrat. Welche neuen Voraussetzungen gelten, um Wölfe zu vergrämen oder zu töten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die neue bayerische Wolfsverordnung verfolgt zwei zentrale Ziele: An erster Stelle steht der Schutz des Menschen. Wölfe werden immer wieder in geschlossenen Ortschaften gesichtet, heißt es in der Verordnung. "Eine Gefährdung des Menschen muss rechtssicher ausgeschlossen werden", so der Text. "Im Interesse der Gesundheit des Menschen" seien erleichterte Ausnahmen für Vergrämung und Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen vorgesehen.

Konkret werden verschiedene Punkte genannt, die als Voraussetzung gelten, um eine Abschussgenehmigung zu erteilen. Uwe Friedel, Artenschutzreferent beim Bund Naturschutz in Bayern, stimmt einigen konkreten Voraussetzungen zu, zum Beispiel, "wenn ein Wolf trotz Vertreibungsversuchen dem Menschen folgt. Da könnte eine gefährliche Lage gegeben und vielleicht auch ein Abschuss notwendig sein", findet Friedel. "Das sollte sich aber ein Wolfs-Experte genau anschauen und beurteilen." Doch Landräte oder Mitarbeiter der Naturschutzbehörden könnten das nicht, weil sie dafür überhaupt nicht geschult seien, so Friedel weiter.

Wann ist ein Wolf nahe Siedlungen der Grund für Abschuss?

Aber er sieht auch einzelne Voraussetzungen, die künftig einen Abschuss erlauben sollen, kritisch. "Wenn sich ein Wolf über Tage im Umkreis von weniger als 200 Metern von geschlossenen Ortschaften oder den Menschen genutzten Gebäuden aufhält. Also, was sind Gebäude? Ist es der Schuppen, der irgendwo auf der Wiese draußen steht?", fragt Friedel. Allein diese Entfernung sei noch kein vertretbarer Grund, einen Wolf zu töten.

Weiteres Ziel: Ernste landwirtschaftliche Schäden vermeiden

Die neue bayerische Wolfsverordnung verfolgt aber noch ein zweites Ziel: "die Abwendung ernster landwirtschaftlicher Schäden". Hier geht es insbesondere um nicht schützbare oder nicht zumutbar schützbare Weidegebiete. Das wären zum Beispiel alpine Weiden, auf denen es nur mit höherem Aufwand oder auch generell nicht möglich ist, Herden mit einem einfachen Zaun zu schützen. "Verletzen oder töten Wölfe hier ein Nutztier oder einen Equiden (Pferd oder Esel), kann ein Wolf, der in räumlichen und zeitlichem Zusammenhang mit dem Ereignis angetroffen wird, gefangen, vergrämt oder getötet werden." Uwe Friedel hat hier Zweifel, ob das mit dem Bundesnaturschutzgesetz und der FFH-Richtlinie konform geht und tatsächlich Abschusskriterien erfüllt sind.

Uneinigkeit besteht nämlich zwischen Naturschutz und Staatregierung, welche Weiden als "zumutbar schützbar" eingestuft werden. Der Bund Naturschutz vertritt die Auffassung, dass es bei einigen Flächen, die von staatlicher Seite als "nicht schützbar" eingestuft worden sind, durchaus möglich ist, einen Zaun zu errichten. Weiter argumentiert der BN-Artenschutzreferent : "Die sogenannten nicht schützbaren Weidegebiete, in denen Abschüsse nun erleichtert werden, sind aus unserer Sicht nicht so eingestuft, dass sie den strengen Anforderungen des Bundesnaturschutzgesetzes gerecht werden." Aus Sicht des BN fordert dieses Gesetz von Tierhaltern mehr Anstrengungen beim Herdenschutz, als es die Staatsregierung derzeit tut. Der Bund Naturschutz in Bayern erwägt deshalb, Klage gegen die bayerische Wolfsverordnung einzureichen.

Umweltministerium: EU und Bund müssten Schutzstatus des Wolfs absenken

Ein Sprecher des bayerischen Umweltministeriums entgegnet: "Die neue Regelung führt zu einer deutlichen Verschlankung des Verfahrens. Dazu gehört auch die Möglichkeit einer zügigen Entnahme im Ernstfall." Es seien aber auch EU und Bund gefordert, beim Umgang mit dem Wolf Rechtsänderungen auf den Weg zu bringen, um insbesondere den Schutzstatus abzusenken und den Weg für ein regionales Bestandsmanagement freizumachen.

Was sagen die Landräte zur neuen Verordnung?

Der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU) sieht in der neuen bayerischen Wolfsverordnung einen wichtigen Schritt für die Erhaltung der Almwirtschaft. Man sei sehr stolz auf die für die Region besondere Art der Landwirtschaft und wolle diese erhalten, sagt Walch. Ein Nebeneinander von Tierhaltung im Freien und großen Beutegreifern sei aber schwierig, weil es viele nicht schützbare Gebiete gebe. Deshalb hält der Landrat es für wichtig, dass künftig die Landratsämter entscheiden könnten, ob eine Entnahme notwendig sei. Walchs Amtskollege Bernhard Kern (CSU), Landrat des benachbarten Berchtesgadener Lands, äußert sich dem BR gegenüber deutlich zurückhaltender. Man müsse abwarten, ob die Verordnung angesichts der bereits angekündigten Klagen auch vor Gericht Bestand habe, so Kern.

Landrat Speer hat Allgemeinverfügung zum Abschuss gefordert

Der Garmisch-Partenkirchener Landrat Anton Speer (FW) begrüßt die Verordnung der bayerischen Staatsregierung. Im Gespräch mit BR24 sagt er, die Regelung sei dann notwendig, wenn Gefahr im Verzug sei. Wie das genaue Vorgehen im Falle einer Entnahme abläuft, solle sorgfältig geprüft werden. Der Verordnung vorausgegangen war ein Antrag des Landrats an die Regierung von Oberbayern für eine Allgemeinverfügung zum Abschuss großer Beutegreifer. Im nördlichen Landkreis Garmisch-Partenkirchen wurden vom Landesamt für Umwelt (LfU) vier Wölfe, darunter ein Weibchen, nachgewiesen.

Laut Landrat Speer wird die bayerische Verordnung zum leichteren Abschuss des Wolfs eng mit der Tiroler Landesregierung abgestimmt und baut auf die Tiroler Verordnung in Innsbruck auf. Dort gilt seit 1. April eine neue Almschutzverordnung, die den Abschuss des Wolfs bei wiederholten Angriffen auf Nutztiere in einem Gebiet erlaubt.

Rosenheimer Landrat ist überrascht

Der Rosenheimer Landrat Otto Lederer (CSU) dagegen sagt: "Ehrlich gesagt muss ich zugeben, dass ich schon überrascht bin, dass jetzt plötzlich das Landratsamt, also sprich die untere Naturschutzbehörde, dafür zuständig sein soll. Denn bisher war das bei der Regierung angesiedelt - in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt. Dadurch, dass wir eigentlich keine ausgewiesene Wolfsexpertise bei uns an den unteren Naturschutzbehörden haben, gehe ich fest davon aus, dass wir auch in Zukunft in enger Zusammenarbeit mit der Regierung und dem LfU dieses Thema begleiten müssen."

Damit die Entnahme rechtssicher sei, müssten gewisse Kriterien erfüllt sein. "Unter anderem wahrscheinlich auch der Nachweis, dass es sich tatsächlich um einen Wolf handelt und nicht um ein anderes Wildtier", so Landrat Lederer zu BR24.

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