Ein Schwein liegt im Schlamm
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Ein Schwein liegt im Schlamm

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Hitze: Wie schwitzen Schweine und Rinder?

Schwitzen wie ein Schwein - diese Aussage ist falsch, denn Schweine können nicht schwitzen. Aber wie halten sie hohe Temperaturen aus? Bei Kühen bedeutet Hitzestress: weniger Milchleistung. Was verschafft Abkühlung für unsere Nutztiere?

Temperaturen über 30 Grad und brütende Hitze - auch Nutztiere wie Rinder und Schweine leiden unter Hitzestress. Weil Schweine nicht schwitzen können, werden sie in klimatisierten Ställen gehalten. Doch Kühe stehen auf der Weide, in Offenfrontställen oder manchmal sogar noch in alten, stickigen Laufställen mit kleinen Fenstern, niedrigen Decken und wenig Möglichkeit zur Durchlüftung. Was können Landwirte tun, um ihren Tieren den Sommer möglichst angenehm zu machen?

Schweine können nicht schwitzen

Schweine haben nur um ihre Rüsselscheibe und zwischen den Zehen Schweißdrüsen, aber die reichen nicht aus fürs Runterkühlen des ganzen Tieres. Draußen auf der Weide bei 35 Grad Celsius hilft nur eines: Im Schatten ein kühler Untergrund zum Liegen oder noch besser eine tiefe Schlammkuhle. Die kühlt schon während des Schlammbads und danach durch die Verdunstungskälte.

Schweine heißen "Liegendkühler"

Schweine werden heute vorwiegend in geschlossenen klimatisierten Ställen gehalten, Freilandschweine brauchen unbedingt ausreichend Schattenplätze und Wasser. Positiver Nebeneffekt eines Schlammbads: Schweine sind reinliche Tiere. Deswegen schrubben sie sich nach dem Suhlen den eingetrockneten Schlamm wieder von der Haut. Dazu ist jeder Stein, jedes Stück Holz und jeder Ast gerade recht. So befreien sie sich von Parasiten und das wiederum hält sie gesund.

Im Video: Was machen Schweine gegen Sonnenbrand und Hitze?

Milchkühe leiden unter Hitzestress

Kühe dagegen können schwitzen, aber auch nur in geringem Maß. Im Milchviehstall der Bayerischen Staatsgüter in Grub im Landkreis Ebersberg stehen 60 Kühe. Ein Offenfrontstall mit guter Durchlüftung und Jalousien, die heruntergelassen werden können, um die pralle Sonne abzuhalten. Doch an Tagen wie jetzt mit Außentemperaturen über 30 Grad im Schatten reicht das nicht. Deshalb gibt es hier seit vielen Jahren Hilfsmittel zum Abkühlen.

Kühen mögen es kühl

Optimal für Kühe wären Temperaturen zwischen vier und 16 Grad. Die meiste Wärme können sie über den Atem abgeben; deshalb haben sie bei Hitze eine höhere Atemfrequenz. Normalerweise macht eine Kuh 20 bis 30 Atemzüge pro Minute, bei Hitze sind es bis zu 100. Außerdem: Eine Kuh hat eine Normaltemperatur von 38,5 Grad, bei Hitze steigt die Körpertemperatur auf 40 Grad. Die Folge: Die Tiere saufen mehr, bis zu 180 Liter am Tag. Aber weil alle Körpermechanismen heruntergefahren werden, fressen sie weniger und geben dadurch weniger Milch.

Im Video: Hitze in Bayern - Wie können Landwirte ihre Ställe gegen Hitze schützen?

Die Klimaprognosen sagen es voraus: Die Anzahl der Hitzetage in Bayern wird steigen - und das hat nicht nur Auswirkungen auf den Menschen. Auch für Nutztiere, wie Kühe, wird die Hitze zur Belastung. Aber wie können Landwirte ihre Ställe umrüsten?
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Die Anzahl der Hitzetage in Bayern wird steigen. Auch für Kühe wird die Hitze zur Belastung. Aber wie können Landwirte ihre Ställe umrüsten?

In Bayern gibt es keine klimatisierten Kuhställe

Kühe auf der Weide brauchen deshalb so wie Schweine schattige Plätze und legen sich gerne dorthin, wo Luftbewegung ist. Und im Stall? Vollklimatisierte Ställe, wie es sie seit langem für Schweine und Geflügel gibt, gibt es für Rinder hierzulande noch nicht. In den USA allerdings sind sie Standard - mit 16 Grad Innentemperatur. Sozusagen Kühlschränke, in die Kühe reingestellt werden, mit immens hohen Kosten an Energie.

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Kühe auf der Weide brauchen schattige Plätze

Ventilatoren und Sprinkleranlagen

Im Versuchsstall in Grub sind stattdessen an der Decke sechs Ventilatoren eingebaut, die für Frischluft und Abkühlung sorgen, indem sie das Wärmepolster im Fell der Kühe quasi wegblasen. Außerdem vertreiben sie auch lästige Fliegen aus dem Stall. Das ist nicht nur angenehm für die Kühe, sondern auch für die Menschen, die dort arbeiten. Außerdem sind im Stall Sprinkleranlagen eingebaut, mit denen Wasser als feiner Nebel in der Luft verteilt wird, mit dem Effekt: durch Verdunstung entsteht Kälte.

Forschungsprojekt "Hitzestress bei Kühen"

Dennoch ist an Tagen mit über 30 Grad das Wohlbefinden der Kühe nicht optimal, was für Landwirte auch wirtschaftliche Folgen hat: Die Tiere geben weniger Milch. Seit Sommer 2022 versucht man mit einem Forschungsprojekt im Gruber Kuhstall den Hitzestress bei den Kühen mit Sensoren zu messen und digital zu erfassen.

Jedes Tier hat ein Halsband mit Transpondern. An elektronischen Futtertrögen wird bei jeder Kuh aufgezeichnet, wie oft und wie viel sie frisst: bei Hitze zu wenig. Außerdem werden durch das Halsband auch die Bewegungen der Tiere erfasst.

So viel weiß man bereits jetzt schon auch ohne digitale Helfer: Bei Hitze liegen die Kühe nicht, sondern stehen lieber an Standorten im Stall, wo es ein bisschen Luftzug gibt. Das ist allerdings schlecht für die Milchleistung, denn die Milch im Euter wird beim Wiederkäuen im Liegen gebildet.

Kühler Stall unterm Gründach

Ganz ohne Strom und Technik ist es in einem Stall kühler, wenn ein Gründach oben drauf ist. Ähnlich wie ein Schwamm nehmen Gründächer mit Bepflanzung bei Starkregen große Mengen Wasser auf und geben sie dann langsam wieder ab. Das macht sie sehr schwer - und die Dachkonstruktion teurer. Gleichzeitig ist diese Masse ihr großes Plus. Eine der wesentlichsten Wirkungen ist das Verdunsten von Feuchtigkeit, von Wasser.

Die Verdunstungskälte kühlt die Unterseite des Dachs und damit den Stall. Der Haken: Gründächer sind rund 45 Prozent teurer als konventionelle Dächer, wenn man sie von einer Firma bauen lässt. Bei den Bayerischen Staatsgütern in Grub ist im September Grundsteinlegung für einen neuen Kuhstall – mit Gründach.

Im Video: Natürliche Klimaanlage: Kühler Stall dank grünem Dach

Landwirt Mathias Lingg begrünt sein Kuhstalldach
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Landwirt Mathias Lingg begrünt sein Kuhstalldach

Dieser Artikel ist erstmals am 20. Juni 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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