Straße am Achensee
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Am Achenpass: "Blockabfertigung" auch für Pkw

In den Faschingsferien werden die Tiroler Behörden an der Bundesstraße 307 kurz hinter der Grenze eine Dosierampel aufstellen. Betroffen sind alle Reisenden, die über Tegernsee oder Lenggries zum Achensee und weiter Richtung Süden fahren wollen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Südbayern am .

Der Start in die Faschingsferien in mehreren Bundesländern und auch in den Niederlanden hatte in den letzten Jahren zu langen Staus den Achensee entlang bis hinunter ins Inntal geführt. Diese Blechlawine in der Urlaubsregion wollen die Tiroler nicht länger hinnehmen.

Dosier-Ampel steht sieben Kilometer hinter der Grenze

Am 10. und 17. Februar, den beiden Samstagen in den Faschingsferien, wird von 8.00 bis 19.00 Uhr "dosiert" – mit einer Ampel, die kurz vor Achenkirch Nord aufgestellt wird. Nach einem geeigneten Standort hat die Bezirksregierung Schwaz lange gesucht. Nun wird die Anlage exakt sieben Kilometer hinter der bayerisch-tirolerischen Grenze stehen. Der Bürgermeister von Achenkirch ist mit diesem Standort nicht ganz zufrieden. Karl Moser hätte die Ampel gerne weiter nördlich, näher an der Grenze gehabt. So seien nun doch viele Anwohner stundenweise abgeschnitten vom Dorfzentrum, wegen des Staus. Prinzipiell ist Moser froh über diese Maßnahme. Die Staulage in der Urlaubsregion sei oft unerträglich gewesen. Viele Mautflüchtlinge mit Ziel Zillertal nutzten die Abkürzung über den Achensee, statt auf der Autobahn zu bleiben.

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Die Dosierampel wird kurz vor Achenkirch stehen und den Verkehr, der von Tegernsee und Bad Tölz her kommt, abbremsen.

Variable Rot- und Grünphasen

Der Verkehr wird "gestaffelt angehalten", so die Tiroler Landesregierung in Innsbruck, die die Kommunikation dieser Maßnahme übernommen hat. Je nach Ansturm der Reisenden werden die Grün- bzw. Rotphasen pro Minute angepasst. Die Rotphasen dauern zwischen 29 und 36 Sekunden. Zur Steuerung wird der Verkehrsfluss sowohl nördlich als auch südlich der Anlage beobachtet.

Blockabfertigung auch an zwei Tagen im März

Fahrzeugmengen und Staulängen werden aufgezeichnet, so Michael Brandl, der Bezirkshauptmann von Schwaz. "Die gesammelten Daten dienen als Grundlage für künftige und langfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation in der Region", sagt er. Und kündigt gleich die Fortsetzung des Dosierampel-Projekts für zwei weitere Samstage im März an. Dann mit einem Standort näher zur bayerischen Grenze hin.

Wie lang wird der Rückstau vor der Dosier-Anlage?

Die große Frage ist nun: Wie weit wird sich der Verkehr von der Dosier-Ampel aus zurückstauen? Bis zur bayerischen Grenze sind es genau sieben Kilometer. Das ist genug Stauraum, meinen die Tiroler Behörden. Aber so lang kann ein Stau schon mal werden, wenn man sich die Situation auf der Inntal-Autobahn bei Blockabfertigung anschaut. Grob gerechnet: 200 stehende Urlauber-Autos ergeben schon einen Kilometer Stau. Und an Spitzentagen wie den Samstagen in den Faschingsferien wurden über 16.000 Fahrzeuge auf dem Weg nach Süden gemessen.

Nördlich der Grenze zieht sich die Bundesstraße 307 Richtung Tegernsee über 14 Kilometer durch das schöne und recht einsame Weißach-Tal bis zur Gemeinde Kreuth. Dort sieht der Bürgermeister die neue Ampel gelassen. "Ich glaube nicht, dass es Rückstaus bis ins Tegernseer Tal geben wird", sagt Josef Bierschneider. "Da müssten ja schon plötzlich riesige Massen an Fahrzeugen an dem Tag durch unser Tal fahren, damit so ein langer Stau entsteht."

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Die Dosierampel, vulgo Blockabfertigung für Lkw, bei Kufstein: Die Sekunden bis Grün werden heruntergezählt.

Landrat bringt Blockabfertigung in Bayern ins Spiel

Auch der Landrat des Kreises Miesbach ist nicht in Alarmstimmung. Olaf von Löwis wurde frühzeitig von der Bezirkshauptmannschaft in Schwaz über die Maßnahme informiert. Der Austausch sei "vorbildlich" gewesen, sagt er. Und er kann die Tiroler verstehen mit ihrem Kampf gegen die Blechlawinen. Die Ampel sei nun ein Experiment, das hoffentlich wissenschaftlich gut begleitet werde. "Wir beobachten jetzt diese Dosierung, inwieweit sie den Verkehr sinnvoll reduzieren und lenken kann", so von Löwis.

Und dann kommt eine Aussage, die aufhorchen lässt: "Wenn es entsprechende Ergebnisse gibt, die auch uns veranlassen, etwas Ähnliches in Erwägung zu ziehen: Warum nicht?" So die Antwort des Landrats auf die Frage, warum in seinem Landkreis nicht zum Beispiel schon in Holzkirchen "dosiert" wird, um die Blechkolonnen durchs Tegernseer Tal zu reduzieren.

Hinweise für Reisende im Raum Holzkirchen

In Absprache mit dem Nachbarlandkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wird mit Schildern vor der Blockabfertigung an der B307 gewarnt. Diese Schilder stehen erst außerhalb der A8-Ausfahrt Holzkirchen und sollen die Autofahrer veranlassen, auf der Autobahn zu bleiben. Hinweise direkt auf der Autobahn mittels der vorhandenen digitalen Anzeigetafeln seien leider nicht möglich, heißt es aus dem Landratsamt. Die Autobahn GmbH des Bundes habe das nach Prüfung abgelehnt.

Im Landratsamt in Bad Tölz geht man davon aus, dass es keine Staus geben wird oder diese in nur sehr geringem Maße über die Grenze in den Landkreis hineinreichen werden. Das Ziel der Ampel sei es ja, "einen geordneten Durchfluss des Verkehrs zu erreichen, der zwar möglicherweise langsam, aber stetig sein wird". Damit gleiche er, so eine Sprecherin des Landrats, gerade keiner "Blockabfertigung". Die Kommunikation mit den Tiroler Behörden sei "sehr gut und intensiv".

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Das Grenzstüberl hinter dem Achenpass könnte vom Rückstau betroffen sein.

Anwohner zwischen Verständnis und Ärger

Wie reagieren die Menschen, die entlang der potenziellen Staustrecke leben, auf die neue Blockabfertigung? Da hört man ganz unterschiedliche Einschätzungen hüben und drüben. Ein Hotelier im Skigebiet Christlum, der nicht namentlich genannt werden möchte, hält die Dosierung für eine "sehr gute Maßnahme", die dazu führen wird, dass seine Kundschaft, die von Tegernsee oder Lenggries her anreist, besser durchkommt. "Alle anderen, die weiter nach Süden wollen, sollen auf den Autobahnen bleiben", sagt er. Der Wirt des Grenzstüberls gleich hinter dem Achenpass winkt dagegen ab: "Das ist Blödsinn, das brauchen wir nicht." Stau gebe es nur an drei oder vier Tagen im Jahr, da solle halt die Gendarmerie aufpassen.

"Die Tiroler schei*en sich nichts!"

Eine Frau im bayerischen Kreuth, die direkt an der Bundesstraße wohnt, findet die Dosierung in Ordnung. "Die Achenkircher ersticken im Verkehr, wie auch wir oft genug", sagt sie. Die Leute sollten auf der Autobahn bleiben, wenn sie nach Süden fahren. Die Tiroler "schei*en" sich halt nix, hört man oft auf gut bairisch, manchmal bewundernd, manchmal kritisch.

"Unverschämt" sei die Dosier-Ampel, sagt der Besitzer eines Cafés in Kreuth. "Wie ist das eigentlich mit EU-Recht vereinbar?", fragt er. Offenbar dürften die Österreicher mehr als andere, das verstehe er nicht. Ein Kunde pflichtet ihm bei: Es sei nicht zeitgemäß, dass man immer nur blockieren wolle. Immerhin, setzt der Kreuther hinzu, würden die Urlauber dann in wunderschöner Landschaft im Stau stehen – und vielleicht zu dem Schluss kommen, das nächste Mal gleich hier, in Bayern, Urlaub zu machen.

In den Faschingsferien werden die Tiroler Behörden an der Bundesstraße 307 kurz hinter der Grenze eine Dosierampel aufstellen.
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Österreich wehrt sich gegen Blechlawinen: Die Einreise wird vielerorts komplizierter.

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