Kuhweide in Saal an der Donau, Lkr. Kelheim
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Weniger Methan aus dem Kuhstall durch anderes Futter?

Methan ist ein klimaschädliches Treibhausgas. Besonders viel davon stoßen Rinder aus, wenn sie "rülpsen". Wie kann man sie füttern, damit weniger Gas entsteht? Darum geht es im Forschungsprojekt "MethaCow". Auch Futterzusätze sollen getestet werden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die Milchkühe am Staatsgut in Achselschwang am Ammersee haben sich schon an den neuen Automaten gewöhnt, der seit Kurzem in ihrem Stall steht. Mit etwas Futter werden sie mehrmals am Tag in eine Kabine gelockt und über einen Luftstrom misst die sogenannte "GreenFeed"-Station die Methankonzentration in ihrem Atem. Die Bayerischen Staatsgüter und die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) haben für das Forschungsprojekt "MethaCow" zwei solcher Geräte angeschafft. Es gehe darum, zu untersuchen, wie unterschiedliche Futtermischungen den Methanausstoß beeinflussen, sagt Projektleiter Thomas Ettle von der LfL. Und zwar in der Praxis, unter bayerischen Bedingungen.

Viel Kraftfutter kann Methan-Bilanz senken

Laut Umweltbundesamt ist die Landwirtschaft in Deutschland für rund zwei Drittel der gesamten Methanemissionen verantwortlich. Und etwa 80 Prozent davon stoßen Rinder aus. Das Gas entsteht bei der Verdauung durch Mikroorganismen im Pansen der Tiere. Sie bilden besonders viel Methan, wenn das Futter sehr faserhaltig ist und dadurch schwerer verdaulich – so die Grundannahme. Daher könne stärkehaltiges Kraftfutter, zum Beispiel Getreide, den Methanausstoß grundsätzlich senken, erklärt Thomas Ettle: "Je Kilogramm verdauter Stärke wird weniger Methan gebildet als je Kilogramm verdauter Faser."

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GreenFeed-Analysator vor dem Einbau: Das Gerät misst die Methan-Konzentration in der Atemluft der Kühe.

Und noch aus einem zweiten Grund kann mit energiereichem Kraftfutter die Methanbilanz zurückgehen: Es lässt sich damit die Milchleistung steigern. Und wenn eine einzelne Kuh mehr Milch gibt, benötigt man für die gleiche Menge weniger Tiere. So ist am Ende die Methan-Bilanz pro Liter Milch besser. Dennoch ist eine Fütterung mit sehr viel Kraftfutter aus mehreren Gründen nicht sinnvoll. Weder fürs Klima noch für die Gesundheit der Tiere.

Zu viel Stärke macht Kühe krank

Wenn man den Kühen zu viel Stärke und Zucker gebe, sinke der PH-Wert im Pansen ab, sagt Ettle. Es könne zu Erkrankungen durch Übersäuerung kommen, was auch dazu führt, dass die Kühe weniger fressen.

Viel Stärke im Futter sei nicht artgerecht, betont auch Björn Kuhla, Experte für Ernährungsphysiologie am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummerstorf. Denn Wiederkäuer seien in erster Linie Grasfresser. Für eine tiergerechte Ernährung bräuchten Kühe deshalb Zellulose, so Kuhla. Die beste Strategie für eine niedrige Treibhausgas-Bilanz ist ihm zufolge, wenn Kühe auf der Weide stehen und trotzdem viel Milch geben.

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Im Projekt "MethaCow" suchen die Bayerischen Staatsgüter und die Landesanstalt für Landwirtschaft nach dem klimafreundlichsten Kuhfutter.

Methan-arme Weidehaltung

Tatsächlich hat beispielsweise eine Studie der Universität in Kiel gezeigt, dass sich mit effizientem Weidemanagement niedrige Methanemissionen erzielen lassen. Wichtig dabei: Das Gras muss möglichst gut verdaulich sein – also am besten junge Blätter haben. Dann entsteht im Kuhmagen weniger Gas.

Markus Dillinger, konventioneller Milchbauer aus Saal an der Donau im Landkreis Kelheim, praktiziert das. Er hält 70 Kühe auf der Weide und sorgt dafür, dass die Halme kurz bleiben. "Das Idealgras hat eine Höhe zwischen fünf und sieben Zentimetern, dann ist es am nahrhaftesten", sagt Dillinger. Seine Tiere fressen im Sommer ausschließlich Gras und ein wenig Mineralien. Im Winter bekommen sie Silage und nur eine kleine Portion Kraftfutter. So geben die Kühe rund 8400 Liter Milch pro Jahr. Das ist weniger als bei Hochleistungskühen, die mit viel Kraftfutter im Stall gefüttert werden, liegt aber in etwa im deutschen Durchschnitt.

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Landwirt Markus Dillinger achtet darauf, dass seine Kühe möglichst junges, gut verdauliches Gras bekommen.

Alle Treibhausgase: Weide hat die beste Bilanz

Und auch aus weiteren Gründen ist Weidehaltung positiv fürs Klima. Denn wenn man neben Methan die anderen Treibhausgase CO2 und Lachgas einbezieht, schneidet Weide besonders gut ab. Sie kann nämlich viel CO2 speichern, weil durch abgestorbene Graswurzeln Humus entsteht.

Landwirt Dillinger hat vor 13 Jahren mit der Weidehaltung begonnen. Dafür hat er 15 Hektar Acker in Grünland umgewandelt. "Mit diesem System bauen wir massiv Humus auf dieser Fläche auf, wir können durch diese Bewirtschaftung also wieder CO2 in den Boden einbauen." So gebe es einen Kreislauf, sagt er.

Kraftfutter auf der anderen Seite muss auf Ackerböden angebaut und gedüngt werden. Dabei entstehen sowohl CO2 als auch Lachgas. Die Wissenschaftler aus Kiel konnten zeigen, dass sich mit effizienter Weidehaltung die Bilanz aller Treibhausgase pro Liter Milch um 45 Prozent senken lässt.

Methanreduzierende "Nahrungsergänzungsmittel"

Eine Möglichkeit, die Emissionen noch weiter zu senken, sind methanreduzierende Futtermittel und Zusatzstoffe. So können beispielsweise natürliche Öle oder bestimmte Pflanzen das Methan von Kühen bis zu einem gewissen Grad verringern.

Im Forschungsprojekt "MethaCow" soll auch ein synthetischer Futterzusatz untersucht werden. Das Mittel 3-Nitrooxypropanol, kurz 3-NOP, wurde letztes Jahr als erster Zusatzstoff in der Europäischen Union zugelassen. Für die Tiere und die Milchqualität sei die Anwendung unbedenklich, so die wissenschaftliche Einschätzung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit.

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Können Futterzusatzstoffe helfen, den Methanausstoß zu senken?

Laut Hersteller kann 3-NOP das Methan um bis zu 30 Prozent senken. Thomas Ettle von der LfL sagt, dass die Wirksamkeit durch Studien zwar sehr gut nachgewiesen ist. Bisher fehlten aber Langzeitversuche, um zu testen, ob es einen Gewöhnungseffekt gibt und die methanreduzierende Wirkung nach einer Weile wieder nachlässt.

Der Bayerische Bauernverband betont außerdem, dass die Anwendung von 3-NOP in der Praxis wegen der hohen Kosten noch unattraktiv ist. Damit der Zusatzstoff tatsächlich zum Einsatz komme, müsse die Politik Anreize für die Landwirte schaffen.

Methan-Reduktion kann effektiv das Klima schützen

Methan ist ein besonders starkes Treibhausgas; laut Umweltbundesamt ist es 28-mal klimaschädlicher als CO2. In der Atmosphäre steigt der Methangehalt aktuell immer weiter an. Gleichzeitig kann sich Methan schon nach ungefähr zwölf Jahren wieder abbauen. Gegen die Erderwärmung kann es deshalb schon kurzfristig helfen, wenn es gelingt, Methan zu reduzieren.

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