Zistrose mit violetten Blütenblättern und orangen Staubbeuteln
Bildrechte: BR/Ursula Klement

Aus den grünen Blättern könnte man Tee machen: Zistrose Incanus "Belle de Jour"

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Gefährliche Schönheit? Zistrosentee kein Lebensmittel mehr

Die Blätter der Zistrose werden in Griechenland traditionell als Tee genutzt. Wegen der EU-Novelfood-Verordnung dürfen sie jedoch in keinem EU-Land mehr als Lebensmittel verkauft werden. Wer selbst Zistrosen hat, kann weiterhin daraus Tee machen.

Über dieses Thema berichtet: BR-Heimatspiegel am .

In der Antike haben griechische Hirten ihre Ziegen durch Zistrosengebüsch getrieben und ihnen hinterher die Schenkel- und Barthaare entweder abgeschnitten oder ausgekämmt. Denn an den Haaren klebte Ladanum, das Harz, das die Zistrosen bei heißem Wetter ausschwitzen – der Grundstoff für Räuchermischungen und Parfum. Inzwischen sind die kleinen Sträucher mit den schönen Blüten auch in bayerischen Gärten angekommen. Nur die Blätter sind aus den Tee-Regalen verschwunden.

Traditionelle Tee-Pflanze - neuartiges Lebensmittel?

Obwohl Zistrosenblättertee in Griechenland und speziell auf Kreta seit Jahrhunderten getrunken wird, dürfen Zistrosenblätter nicht mehr als Tee verkauft werden. Die Grundlage für das Verbot ist die Novel-Food-Verordnung der EU, die besagt, dass ein Lebensmittel, das vor 1997 nicht in der EU bekannt war, grundsätzlich nicht verkauft werden darf. Jahrhundertealte Tradition einerseits und neuartiges Lebensmittel andererseits – das klingt nach einem Widerspruch. Kein Wunder, dass das Verbot umstritten ist. "Also, das ist so ein bisschen ein Diskussionspunkt, und die Diskussion ist sicherlich auch noch nicht abgeschlossen," sagt Silke Noll von der Verbraucherzentrale Bayern.

Badezusatz statt Tee

Eigentlich ist bereits seit 2014 klar, dass auch die Zistrose zu den neuartigen Lebensmitteln im Sinne der Verordnung zählt. Trotzdem gab es zumindest bei vielen Online-Teehändlern weiterhin Zistrosentee zu kaufen. Nun kontrollieren die Aufsichtsbehörden offenbar stärker und der Zistrosentee wird vermehrt aus dem Sortiment genommen.

Und die Zistrosenblätter, die jetzt noch im Handel sind? Die können als Potpourri für Dekozwecke oder zur Raumbeduftung verkauft werden, auch als Badezusatz. "Aber als Lebensmittel, also als etwas, was ich tatsächlich esse oder trinke, darf er nicht verkauft werden," so Silke Noll von der Verbraucherzentrale.

Zistrosen aus der Apotheke: Das ist erlaubt

Beim Teehändler nicht, in der Apotheke schon: Stand jetzt dürfen Nahrungsergänzungsmittel aus der Zistosenart Cistus incanus verkauft werden und es dürfen in der Apotheke auch die Blätter einer bestimmter Zistrosen-Hybrid-Züchtung als Heiltee verkauft werden – nur als Lebensmittel eben nicht. "Für die gibt es eben eine Zulassung, aber eben nur für die," erklärt Silke Noll von der Verbraucherzentrale Bayern die komplizierte Rechtslage.

Zistrosenblätter enthalten Polyphenole und Gerbstoffe, die verschiedenen Studien zufolge antibakteriell und antiviral wirken und Schwermetalle wie Cadmium ausleiten können. Untersuchungen haben ergeben, dass Zistrosen-Inhaltsstoffe unter anderem die Rachenschleimhaut vor Infekten schützen können. Die Gerbstoffe und Polyphenole können jedoch auch zu Magenreizungen führen oder die Wirksamkeit von Medikamenten beeinflussen, deswegen wird die empfohlene Aufnahme auf drei Gramm getrocknete Blätter pro Tag begrenzt.

Zistrosen im Garten: Kleiner Strauch mit schönen Blüten

Von den Zistrosen gibt es in den Staudengärtnereien und Gartenmärkten verschiedene Arten. Die lila blühende Zistrose Zistus incanus, deren Blätter traditionell als Tee genutzt werden, oder die weiß blühende Zistrose Zistus laurefolius zum Beispiel. Die Blüten sehen aus wie sehr große Wildrosenblüten, leicht und fein. "Ein schöner Strauch, der auch lang blüht", meint Staudengärtner Dieter Gaissmayer aus Illertissen im Landkreis Neu-Ulm. Im Hinblick auf Nährstoffe und Wasser sind die immergrünen Zistrosen sehr genügsam. Sie gedeihen besonders gut in einem mageren, kiesigen Boden, der das Wasser gut durchlässt.

Überwinterung: Draußen oder im Treppenhaus

In einem mageren Substrat kommen die Zistrosen, die ursprünglich im Mittelmeerraum heimisch sind, in geschützten Lagen auch bei uns draußen gut durch den Winter. Dabei ist wichtig, dass man sie zum Beispiel mit Vlies oder Reisig vor Kahlfrösten schützt. Die andere Möglichkeit: Man pflanzt die Zistrosen in einen Kübel und stellt den, wenn es ganz kalt wird, in die Garage oder ins Treppenhaus. Hauptsache nicht ganz dunkel. Frostfrei muss das Winterquartier jedoch nicht sein, die Zistrose hält ein paar Minusgrade aus, so die Erfahrung von Staudengärtner Dieter Gaissmayer. "Als unproblematische Kübelpflanze sind Zistrosen ideal." Und von den eigenen Zistrosen kann man so viel Tee machen, wie man will.

Dieser Artikel ist erstmals am 18. Juni 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!