ARCHIV - 15.07.2021, Rheinland-Pfalz, Insul: Eine Luftaufnahme des Dorfes Insul zeigt das Ausmaß der Flutzerstörungen vom 14. und 15. Juli 2021 an der Ahr. (zu dpa «Hilfsbündnis: Spendenauszahlung nach Flutkatastrophe dauert Jahre») Foto: Boris Roessler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal: Derartige Extremereignisse könnten in Zukunft häufiger auftreten - und milliardenschwere Schäden verursachen.

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Was kostet uns der Klimawandel?

Was kostet uns der Klimawandel?

Der Klimawandel präsentiert seine Rechnung: Was wird er in 20, 30, 50 Jahren kosten, wenn es noch mehr Hitzewellen und Unwetter gibt? Ein Forschungsprojekt hat diese Frage untersucht – und kommt auf einen schwindelerregenden Betrag.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Die Bilder von den Sturzfluten an der Ahr und Erft im Sommer 2021 stehen hier in Deutschland noch vor Augen. Dass so eine Katastrophe – abgesehen vom menschlichen Leid – schwindelerregend hohe Kosten verursacht, ist offensichtlich. Klimaforscherinnen und -forscher haben seitdem auch belegt, dass der Klimawandel beim Ausmaß der Katastrophe eine Rolle gespielt hat. In diesem Sinne könnte man sagen, dass die Kosten für den Wiederaufbau der Orte an der Ahr und der Erft auf das Konto des Klimawandels gehen.

Damit drängt sich die nächste Frage auf: Was wird uns der Klimawandel in 20, 30, 50 Jahren kosten, wenn es in Deutschland immer mehr Hitzewellen und Unwetter gibt? Ein Forschungsprojekt hat diese Frage untersucht – und präsentiert nun die Rechnung. In Auftrag gegeben hatte die Studie die Bundesregierung, sie wurde in Berlin von Wirtschaftsministerium und Umweltministerium vorgestellt.

Kosten für die Flutkatastrophe im Ahrtal: 35 bis 40 Milliarden Euro

Oliver Lühr vom Beratungsunternehmen Prognos hat die Kosten infolge von Extremwetter für das aktuelle Forschungsprojekt berechnet. Zwar kann Lühr nur die Kosten summieren, die irgendjemand veröffentlicht hat – zum Beispiel Versicherungsschäden oder Ernte-Verluste in der Landwirtschaft. Aber Lühr kommt für zwei Extremereignisse - nämlich die Sturzfluten an Ahr und Erft im Sommer 2021 sowie die Hitzewelle in Deutschland in den Jahren 2018 und 2019 - zu einem ähnlichen Ergebnis: Beide haben Kosten von rund 35 bis 40 Milliarden Euro verursacht.

"Als Vergleich finde ich eine Zahl ganz interessant: den Strukturwandel, den wir uns in Deutschland im Sinne des Ausstiegs aus der Braunkohle – in Anführungszeichen – leisten", sagt Oliver Lühr. Denn dieser Strukturwandel verursacht ähnlich hohe Kosten - allerdings nur ein einziges Mal. Währenddessen kommen zu den beiden von Lühr berechneten Einzel-Ereignissen noch viele weitere Folgen hinzu, die zu Buche schlagen: Unterm Strich stehen für die Jahre 2000 bis 2021 rund 145 Milliarden Euro an Klimaschäden, für die Zahlen veröffentlicht wurden.

Klimawandel: Dominoeffekt bei den Kosten aufgrund von Klimaschäden

Dazu zählen beispielsweise Industrie-Unternehmen, die wegen des niedrigen Rhein-Pegels während einer Hitzewelle keine Rohstoff-Lieferungen per Schiff bekamen. Mitunter kommt es zu einem Domino-Effekt – etwa in der Forstwirtschaft. Denn durch Hitze und Dürre werden die Bäume anfällig etwa für Borkenkäfer und müssen gefällt werden, obwohl sie dafür eigentlich noch zu dünn sind. "Dann hat man also nicht nur den Mindererlös, sondern muss auch die Aufforstung viel zu früh machen", sagt Oliver Lühr. "Und danach wachsen Bäume mit weniger Wasser und mehr Hitze sehr viel langsamer nach."

Und das heißt: weniger Erlös auch in der Zukunft. In manchen Gegenden bedeuten Waldschäden auch Einbußen für den Tourismus, wenn statt sattgrüner Wälder, nur tote Bäume zu sehen sind - wie im Harz.

Einbußen einzelner Wirtschaftszweige sind die monetären Kosten des Klimawandels, die man relativ leicht und solide erfassen kann. Aber auch höhere Kosten im Gesundheitswesen lassen sich berechnen, etwa weil Menschen, die vielleicht ohnehin schon unter Kreislaufproblemen leiden, bei einer Hitzewelle ins Krankenhaus kommen. Zwar existieren in diesem Bereich noch Forschungslücken, aber Wissenschaftler wie Oliver Lühr befürchten, dass diese Kosten aufgrund des Klimawandels für das Gemeinwesen Deutschlands sehr teuer werden könnten.

Der Klimawandel kostet auch in Deutschland Menschenleben

Nicht in Euro berechnen wollten die Forschenden die hitzebedingen Todesfälle. Tatsächlich werden hitzebedingte Todesfälle in Deutschland nicht als solche erfasst. Stattdessen lässt sich die Zahl der Opfer einer Hitzewelle erst in der Rückschau berechnen, als sogenannte Übersterblichkeit, also die zusätzlichen Todesfälle im Vergleich zu weniger heißen Vorjahren.

"Da kann man in den letzten 20 Jahren von über 30.000 Toten sprechen. Und das sehe ich nicht über Wochen ständig in den Abendnachrichten, sondern das passiert still. Das sind einzelne Fälle. Und das ist nicht so leicht zuzuschreiben wie jemand, der ertrinkt, aber wir halten das für einen der gravierendsten Effekte des Klimawandels in Deutschland". sagt Jesko Hirschfeld vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung in Berlin.

Der Klimawandel wird uns künftig noch teurer zu stehen kommen

Mit den möglichen Kosten in der Zukunft – solche, die sich in Euro berechnen lassen und jene, die man nicht beziffern kann, wie menschliches Leid – hat sich Britta Stöver von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung befasst. Niemand weiß, wie gut oder schlecht der weltweite Klimaschutz tatsächlich klappt, wie viel Grad heißer – im Durchschnitt – es letztlich wird. Aber laut Britta Stöver ist es sicher, dass es sich auf jeden Fall lohnt, in Anpassung zu investieren. Dadurch ließen sich die Kosten und die Folgen abmildern.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für solche Maßnahmen der Klimaanpassung: etwa indem man Städte durch begrünte Dächer, Bäume und Verschattung von Häusern kühlt. Oder indem man die Menschen informiert, wie sie sich vor gesundheitlichen Problemen durch die Hitze schützen können. Anpassung an den Klimawandel heißt auch: in den Wäldern hitzeresistente Baumarten zu pflanzen und auf den Äckern dürreresistente Sorten zu säen, um Dominoeffekte zu vermeiden. Ein solcher Dominoeffekt könnte zum Beispiel mit einer schlechten Gersten-Ernte beginnen. In der Folge wird die Gerste teurer, dann das Bier, und somit wird weniger Bier gekauft.

Britta Stöver sagt: "Natürlich werden Unternehmen dann auch versuchen, Mitarbeiter einzusparen, wenn sie höhere Produktionskosten haben. Oder sie versuchen, effizienter zu werden, indem man den Anbieter wechselt. Dass kann sich bei diesen Anbietern natürlich so auswirken, dass vielleicht plötzlich mehr Arbeitskräfte gebraucht werden. Aber im Großen und Ganzen ist der Effekt negativ. Und man sieht, dass vor allem Diejenigen mit einem geringen Einkommen oder Arbeitslose am meisten von diesen Wirkungen betroffen sind."

Die Kosten für den Klimawandel können sich bis auf 900 Milliarden Euro summieren

Solche wirtschaftlichen Effekte können gleichermaßen durch Extremwetter in Deutschland oder anderswo angestoßen werden: Die Lieferketten sind global vernetzt. Je nach Klimaentwicklung könnten bis 2050 Schäden von 500 bis 900 Milliarden Euro auflaufen. Deshalb ist laut den Forschern nicht nur die Anpassung an den Klimawandel elementar, um Schäden zu verringern, aber auch der Klimaschutz darf nicht aus den Augen verloren werden.

"Die Zahlen weisen auch darauf hin, dass es unbedingt beides geben muss", sagt Jesko Hirschfeld. "Noch können wir wählen zwischen schwierigen Entwicklungen, katastrophalen Entwicklungen und völlig katastrophalen Entwicklungen."

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