Protzer rechnet mit einer Grippe-Welle in diesem Herbst und Winter
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Die Virologin Ulrike Protzer, TUM und Helmholtz München

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Virologin rechnet mit parallelen Corona- und Grippewellen

In diesem Winter könnte zu den Corona-Infektionen noch eine Grippewelle hinzukommen, warnt die Virologin Ulrike Protzer. Als Grund dafür sieht sie auch den Verzicht auf Masken in Innenräumen. Für die Kliniken bedeute dies eine Doppelbelastung.

Über dieses Thema berichtet: Interview der Woche am .

In den vergangenen beiden Wintern haben wir teils heftige Corona-Wellen erlebt - dafür waren Grippefälle und Erkältungserkrankungen selten. Das dürfte sich in diesem Herbst und Winter ändern, warnt die Virologin Ulrike Protzer von TU München und Helmholtz München. Sie rechne damit, dass es in den kommenden Monaten zusätzlich zur Corona-Infektionswelle viele Grippeerkrankungen geben werde, sagte sie im "Interview der Woche" mit BR24. "Ich glaube schon, dass diese beiden Wellen parallel laufen werden. Das werden wir gar nicht verhindern können."

Virologin: Maske ist bester Schutz vor Grippe und Corona

Als Grund dafür bringt sie an, dass aktuell deutlich weniger Masken getragen und weitere Infektionsmaßnahmen oft außer Acht gelassen werden: "Dann kommen solche Viren natürlich auch schnell wieder zurück. Damit muss man rechnen." Der beste Schutz sowohl gegen das Coronavirus als auch gegen die Grippe-Erreger seien Impfungen und das Tragen von Masken. Protzer sprach in diesem Zusammenhang von einem Akt der Solidarität. Gerade dann, wenn es in Innenräumen enger werde, könne man Ältere und gefährdete Menschen mit dem Tragen einer Maske vor einer Infektion schützen.

Impfung gegen beides für viele sinnvoll

Über 60-Jährige und stark gefährdete Menschen sollten außerdem über eine vierte Covid-Impfung nachdenken. Dies sei auch zeitgleich möglich. "Man kann problemlos beide Impfungen gleichzeitig machen, das bedeutet im Moment noch zwei Pikse, weil es keine Kombi-Spritze gibt. Aber die Verträglichkeit ist soweit gut, das kann man machen lassen", betonte Protzer. In der Zukunft könne sie sich auch eine Kombinations-Impfung vorstellen.

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Doppelbelastung für Ärzte und Pflegepersonal

Für Krankenhäuser und Arztpraxen bedeute ein gleichzeitiges Auftreten von vielen Grippe- und Corona-Infektionen eine zusätzliche Belastung, gab Protzer zu bedenken. Hinzu komme, dass das Klinikpersonal durch Krankheitsfälle nun selbst häufiger ausfalle, was die Lage zusätzlich erschwere. "Das ist ein auseinandergehender Trend, weniger Mitarbeiter und mehr Arbeitsbelastung." Bereits Mitte September - also verhältnismäßig früh in der Saison - zirkulierten laut Protzer die ersten Grippe-Fälle. Diese Entwicklung habe man auch auf der Südhalbkugel beobachtet: "In Australien hat es auch relativ früh eine heftige Grippewelle gegeben."

Protzer: Werden mit Coronavirus "einfach leben müssen"

Zur weiteren Entwicklung sagte die Virologin, das Corona-Virus würde in seinen Varianten immer ansteckender, mache zugleich aber weniger schwer krank. Diese Entwicklung sei damit zu erklären, dass das Virus so mehr Menschen erreiche: "Ein Virus, das schwerer krank macht, führt dazu, dass ich zu Hause im Bett liege. Wenn ich zuhause im Bett liege, laufe ich nicht rum und stecke andere an", erklärte die Virologin. Für das Virus sei das ein evolutionärer Nachteil, da es sich weniger gut in der Gesellschaft verbreiten könne.

Protzer gab zu bedenken, dass es sich bei Corona um einen Krankheitserreger handle, der uns nicht mehr verlassen werde und "mit dem wir einfach leben müssen". In der Frage der Isolationspflicht sollte man Corona- und Grippe-Erkrankte daher gleich behandeln. In beiden Fällen müsse gelten: Wer krank ist, bleibt zuhause.