Gemeine Küchenschabe
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Krankmachende Kakerlaken: Insekten der Superlative

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Krankmachende Kakerlaken: Insekten der Superlative

Krankmachende Kakerlaken: Insekten der Superlative

Manche Tierchen haben es nicht leicht, Sympathien zu wecken. Dazu gehört auch die Kakerlaken. Und ganz ehrlich: In diesem Fall auch zu Recht. Denn sie können Krankheiten übertragen. Trotzdem sind ihre Fähigkeiten und Eigenschaften bewundernswert.

Über dieses Thema berichtet: W wie Wissen am .

Wie gelangen Kakerlaken in die Wohnung?

Zuerst einmal ein schwacher Trost: Ein Kakerlakenbefall hat nichts mit mangelnder Hygiene zu tun! Kakerlaken - auch Schaben genannt - machen sich überall dort breit, wo die Lebensbedingungen stimmen - sie mögen es feucht und warm. "Zutritt" verschaffen sie sich auf vielfältige Art und Weise: Meistens werden sie eingeschleppt - sei es durch eine Lebensmittelverpackung, durch Kartons oder Tüten von Lieferdiensten, sie hocken in gebrauchten Elektrogeräten, oder sie finden ihren Weg über gastronomische Betriebe oder über die Kanalisation.

Was macht Kakerlaken so gesundheitsgefährdend?

Kakerlaken sind potentielle Krankheitsüberträger. Sie können Erreger von allen möglichen Krankheiten auf den Menschen übertragen - seien es Salmonellen, Hepatitis, Magen-Darm-Infekte oder andere - die Bandbreite ist groß. Wenn die Tiere mit unseren Nahrungsmitteln in Berührung kommen, kontaminieren sie diese mit den Krankheitserregern und machen uns Menschen so krank.

Wo verstecken sich die Schaben?

Der Gruselfaktor: Wenn Sie ein Exemplar sichten, können Sie davon ausgehen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist und es im "Untergrund" von Schaben nur so wimmelt. Sie lassen sich nämlich allenfalls nur dann blicken, wenn es zu eng in ihren Verstecken wird. Bevorzugter Aufenthaltsort ist da, wo es warm und feucht ist. Dort verstecken sie sich zu Hunderten in den kleinsten Ritzen, Spalten und Ecken, unter dem Parkett, in kuschelig warmen Elektrogeräten oder in der Klimaanlage.

Wie erkennt man einen Kakerlakenbefall?

Kakerlaken sind nur schwer auszumachen. Klar ist die Sache, wenn Sie ein Exemplar - tot oder lebendig - gefunden haben. Manchmal lassen sich auch transparente Hautreste entdecken, denn die Tiere häuten sich regelmäßig im Wachstum in der Nähe ihres Verstecks. Ein weiteres Indiz können die Eipäckchen der Schaben sein, die einen guten Zentimeter groß und bräunlich-schwarz sind. Auch Kotspuren, die ebenfalls braun-schwarz sind, deuten auf einen Schabenbefall hin. Kommen dann noch Krümel im Schrank und angenagte Lebensmittel hinzu, ist die Sache ziemlich eindeutig.

Wie kann man einen Schabenbefall verhindern?

Schaben brauchen unsere Lebensmittel. Sie fressen praktisch alles. Eine Maßnahme ist also, alle Nahrungsquellen "schabensicher" zu verpacken und wegzuräumen. Lebensmittel sollten also immer in verschließbaren Verpackungen oder im Kühlschrank aufbewahrt werden, wo die Kakerlaken nicht herankommen. Und hier kommt dann doch die Sauberkeit ins Spiel: Was Essensreste oder Kleckereien angeht - von Kekskrümeln bis hin zu verschütteten Saftropfen - all das muss weg, um den Schaben kein "Futter" zu bieten. Auch schmutziges Geschirr sollte sofort gespült werden.

Kakerlake
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Kakerlake

Wie wird man Kakerlaken wieder los?

Eines ist sicher: Putzen hilft da nicht. Bei einem Kakerlakenbefall muss ein Kammerjäger ran, der sich um das Problem kümmert. Kakerlaken drohen allerdings unbesiegbar zu werden, weil kein Insektizid mehr gegen sie wirkt. Das Szenario legt zumindest eine Studie von US-Forschern nahe, die im Scientific Reports Volume 9, Article number: 8292 (2019) veröffentlicht wurde.

Kakerlaken entwickeln Resistenzen gegen verschiedene Insektizide

Dass Kakerlaken ausgesprochen widerstandsfähig sind, ist nicht neu. Schon seit den 1950-Jahren gibt es immer wieder Berichte, dass handelsübliche Insektizide ihnen nichts mehr anhaben können. Das Problem dürfte sich zukünftig wohl noch weiter verschärfen. Forscher befürchten, dass die "Deutsche Kakerlake" (Blattella germanica) gegen jede Art von Insektiziden immun wird.

Verschiedener Einsatz von Insektiziden gegen die Schaben

In der Studie behandelten die Wissenschaftler drei verschiedene Schabenkolonien in einem Zeitraum von sechs Monaten. Dabei wurden verschiedene Strategien unter Verwendung von drei verschiedenen Insektiziden gefahren: Die Kakerlaken wurden entweder mit einem einzigen Insektizid, mit einem Mix von Wirkstoffen oder abwechselnd mit drei Insektiziden behandelt.

Das Ergebnis der Studie: Die Gabe aus einem Mix aus zwei Insektiziden bringt überhaupt nichts, die Schaben haben sich sogar vermehrt. Wurden verschiedene Insektizide abwechselnd gegeben, hat sich die Schabenpopulation zumindest nicht vermehrt. Wurde nur ein Wirkstoff verwendet, überlebten bis zu zehn Prozent der Kakerlaken.

Resistent gegen mehrere Insektizide innerhalb einer Generation

Das Beunruhigende: Innerhalb einer Generation können Kakerlaken, die nur gegen einen Wirkstoff resistent sind, auch gegen andere Wirkstoffe immun werden. Die überlebenden Tiere können innerhalb weniger Monate erneut große Populationen aufbauen. Kakerlaken leben im Schnitt circa 100 Tage, sodass sich eine Resistenz schnell entwickeln kann. Und die Gene der widerstandsfähigsten Kakerlaken werden an die nächste Generation weitergegeben. Die Tiere allein mit Chemie zu behandeln dürfte daher bald aussichtslos sein.

Glukose gegen Schaben funktioniert auch nicht mehr

Aber auch andere Mittel versagen: Seit Mitte der 1980er-Jahre versucht man, Schaben mithilfe von Fressfallen Herr zu werden. Diese Fallen enthalten Zucker als Lockstoff, meist Glukose. Wissenschaftler der North Carolina State University fanden 2013 in einer Untersuchung mit den Deutschen Schaben heraus, dass diese Fallen immer ineffektiver werden. Der Grund: Bei einem Teil der Schaben wird durch die Glukose inzwischen der Bitter-Rezeptor aktiviert, ähnlich wie bei Koffein und anderen Bitterstoffen. Die Glukose ist für diese Schaben nicht mehr attraktiv: Der Geruch wird nicht mehr mit Nahrung assoziiert, sondern mit einer Gefahr.

Schaben können fast alles

Trotz aller Scheußlichkeiten: Rein biologisch ist die Kakerlake ein faszinierendes Wesen. Das findet auch Weihmann, Biologe und Biomechaniker von der Uni Köln, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa:

"Ich habe viel mit der amerikanischen Küchenschabe gearbeitet, die auch in Deutschland vorkommt. Und man muss anerkennen: Ihre Fähigkeiten erinnern schon an die der Comic-Superhelden. Sie können einfach alles. Sie rennen, sie springen, sie fressen praktisch alles und sie sind clever. Eine Schabe mit der Größe eines Schäferhundes wäre schon eine bedrohliche Vorstellung." Tom Weihmann, Biologe und Biomechaniker, Uni Köln

Weitere Fakten zu Kakerlaken

  • Kakerlaken haben kaum Schwachstellen und sind sehr robust: Die Tiere wiegen ungefähr ein Gramm, man kann ihre Körper aber mit einem Gewicht von mehreren Hundert Gramm belasten ohne sie damit zu verletzen.
  • Schnell wieder einsatzbereit: Wenn man Küchenschaben auf Kühlschranktemperatur kühlt, können sie sich als wechselwarmes Tier nicht mehr bewegen. Nach zehn Minuten Aufwärmzeit bewegen sie sich aber wieder wie vorher.
  • Das mögen Schaben nicht: Das Einzige, gegen das sie nicht robust sind, ist Trockenheit. Sie verdursten recht schnell. Wenn man ein modernes Gebäude ohne feuchte Stellen hat, dann überleben sie höchstens ein paar Tage.
  • Schaben meistern Hindernisse: Küchenschaben können auch glatte, senkrechte Flächen erklimmen. Dafür haben sie neben den üblichen Krallen spezielle Haftorgane an ihren Füßen.
  • Kakerlaken können sich "platt wie eine Flunder" machen: Untersuchungen zeigen, wie schmal sich Schaben machen können. Wenn sie stehen, sind sie ungefähr einen Zentimeter hoch. Wenn sie aber durch einen Spalt wollen, dann können sie sich auf ein Viertel dieser Höhe zusammenpressen. Das einzige, was sie nicht verkleinern können, ist ihre Kopfkapsel. Alles andere kann zusammengedrückt werden, so Weihmann.
  • Kakerlaken sind blitzschnell: Schaben gehören zu den schnellsten Gliedertieren der Welt. Wenn man die Geschwindigkeit in Körperlängen pro Sekunde misst, sind sie sogar schneller als jedes Wirbeltier inklusive des Geparden. Sie erholen sich auch sehr schnell, sodass sie in kurzer Folge mehrere Sprints einlegen können, so Weihmann.
  • Roboter können von Küchenschaben lernen: Glatte Böden wie in Küchen und Kellern sind für Küchenschaben nicht vergleichbar mit den Untergründen auf denen sie sich in ihren natürlichen Lebensräumen bewegen. Dort gibt es viel mehr Unebenheiten und Hindernisse. Sie können sich aber auch dort ausgesprochen schnell bewegen, weil es ihr motorischer Apparat schafft, Unebenheiten auszugleichen und mit Störungen wie Stolpern oder Ausrutschen umzugehen. Diese Fähigkeiten sind hochinteressant für die Entwicklung von Robotern, die das ja auch können sollen. Schaben sind ein klassisches Vorbild für Robotik, meint Weihmann.