Der Forschungseisbrecher Polarstern lässt sich bei der MOSAiC-Expedition in der Arktis einfrieren und driftet ohne eigenen Antrieb durchs Nordpolarmeer.
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Der Forschungseisbrecher Polarstern lässt sich bei der MOSAiC-Expedition in der Arktis einfrieren und driftet durchs Nordpolarmeer.

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Forschungsschiff Polarstern driftet durch das Polarmeer

Kurz vor Einbruch der Polarnacht hat das Forschungsschiff Polarstern an einer Eisscholle festgemacht. Mit ihr soll der Eisbrecher im Rahmen der MOSAiC- Expedition ein Jahr lang, bis Mitte Oktober 2020, durch die Arktis driften.

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Die Polarstern ist nicht nur ein Forschungsschiff, sondern mit rund 20.000 PS auch noch ein stattlicher Eisbrecher. Normalerweise pflügt sie unermüdlich durch das Eis der Arktis und Antarktis. Für die neue Expedition MOSAIC bricht das Schiff jedoch keine Eisschollen mehr, sondern mit seinen Gewohnheiten: Die Polarstern lässt sich einfrieren und ein Jahr lang durchs Nordpolarmeer treiben.

"Ich habe schon viele Expeditionen mitgemacht, aber diese ist unvergleichlich." Markus Rex, Leiter der MOSAiC-Expedition, AWI

Am 4. Oktober 2019 meldete das Alfred-Wegener Institut (AWI), dass die Besatzung der Polarstern eine etwa 2,5 mal 3,5 Kilometer große Scholle gefunden hat. An dieser hat der Eisbrecher dann angedockt. Die ersten Wissenschaftler hatten schon am 29. September auf die Scholle übergesetzt, um dort mit dem Aufbau eines Forschungscamps zu beginnen.

"Eine Eisscholle mit einem ungewöhlich stabilen Bereich, der uns das Vertrauen gibt, eine gute Basis und Ausgangspunkt für ein komplexes Forschungscamp zu sein." Markus Rex, Leiter der MOSAiC-Expedition, AWI

Die Scholle sei typisch für die neue Arktis, die von dünnen, instabileren Schollen gekennzeichnet sei. Es müsse sich zeigen, ob die Eisscholle die nötige Stabilität für die heraufziehenden Herbststürme habe.

Das Forschungsschiff Polarstern hat früher als geplant eine stabile Eisscholle im Nordpolarmeer gefunden.
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Das Forschungsschiff Polarstern hat früher als geplant eine stabile Eisscholle im Nordpolarmeer gefunden.

Polarstern driftet durchs Nordpolarmeer

Auf der MOSAiC-Expedition erforschen insgesamt rund 600 Teilnehmer aus 17 Nationen unter der Leitung des AWI, wie sich die Arktis im Jahresverlauf verändert und welchen Einfluss der Klimawandel darauf hat. "MOSAiC" ist die Abkürzung für Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate. Nicht nur dem Namen nach wird die Polarstern zum driftenden Beobachtungsposten: Im Winter ist das Eis in der Nähe des Nordpols auch für einen Eisbrecher zu dick. Deshalb wird die Polarstern die Schiffsschraube abstellen und ohne eigenen Antrieb die Arktis durchqueren, die genaue Route und Geschwindigkeit gibt das driftende Meereis vor. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Eisdrift liegt bei rund sieben Kilometer pro Tag.

Forschung auf dem Schiff und auf der Scholle

Die Wissenschaftler werden auf der massiven Eisplatte viele einzelne Messstationen errichten, um über den Jahresverlauf Ozean, Eis, Atmosphäre und das arktische Leben im Winter zu erforschen. Die MOSAiC-Expedition konzentriert sich auf fünf Forschungsschwerpunkte: die Physik des Meereises samt seiner Schneeauflage, die Prozesse in der Atmosphäre sowie im Ozean, die biogeochemischen Kreisläufe, bei denen zum Beispiel untersucht wird, welche Stoffe wie im Wasser zirkulieren, und das Ökosystem der Arktis.

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Die Polarstern wird eingefroren durch das Nordpolarmeer driften. Auf dem Eis werden zahlreiche Messstationen errichtet.

MOSAiC untersucht den Klimawandel in der Arktis

In den vergangenen Jahren hat sich keine andere Region auf der Welt so schnell erwärmt wie die Arktis. Die Erwärmung wird durch verschiedene Rückkopplungseffekte verstärkt: Das Wasser nimmt mehr Energie auf als das Eis, das die Sonnenstrahlung reflektiert. Zusätzlich gelangt durch das dünnere Eis mehr Wärme aus dem Ozean in die Atmosphäre. Noch fehlen allerdings genauere Messungen. "Die Dramatik der Erwärmung in der Arktis wird in den heutigen Klimamodellen nicht in vollem Umfang wiedergegeben und die Unsicherheiten der Klimaprognosen für die Arktis sind enorm", erläutert Markus Rex, der Leiter der MOSAiC-Expedition.

Klimawandel in der Arktis wirkt sich auf die ganze Welt aus

Die Arktis gilt als Frühwarnsystem für den Klimawandel. Die dortigen Klimaveränderungen wirken sich auch auf den Rest der Welt aus: Geringere Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und den Tropen destabilisieren die typischen Luftdruckmuster. Dann gelangt Kaltluft in die gemäßigten Breiten und warme, feuchte Luft in die zentrale Arktis - was dort wiederum die Erwärmung beschleunigt.

Polarstern wird zwischen Grönland und Spitzbergen ausgespuckt

Im September 2019 war die Polarstern vom norwegischen Tromsø aus in die Arktis aufgebrochen. Bis kurz vor dem Aufbruch wurde an den Notfallplänen getüftelt - was zum Beispiel passiert, wenn das Packeis bricht, während sich Wissenschaftler darauf befinden, oder wenn sie auf einen Eisbären treffen. Alle Expeditionsteilnehmer bleiben nur zwei bis drei Monate am Stück an Bord, dann werden sie abgelöst. Eine Flotte aus vier weiteren Eisbrechern, Helikoptern, Flugzeugen, Raupenfahrzeugen und Schneemobilen wird die Polarstern samt ihrer jeweiligen Besatzung vor Ort unterstützen. Solange, bis im Juni 2020 die Schmelzperiode beginnt: Dann wird die Polarstern zwischen Grönland und Spitzbergen wieder ausgespuckt.

Die MOSAiC-Expedition

Die MOSAiC-Expedition gilt nicht nur als Mammut-Expedition, sondern als größte Arktis-Forschungsexpedition aller Zeiten. Das Budget beträgt laut AWI mehr als 120 Millionen Euro. Es wird von den teilnehmenden internationalen Partnern, vor allem aber von der Helmholtz-Gemeinschaft und damit zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, getragen.

Schichtwechsel bei Arktis-Expedition Mosaic
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